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Zahn, Peter [Editor]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Contr.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Contr.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Contr.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Contr.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 13 : Münchener Reihe ; Band 3): Die Inschriften der Friedhöfe St. Johannis, St. Rochus und Wöhrd zu Nürnberg (Teilbd. 1: bis zum Jahre 1580) — München: Druckenmüller, 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.45637#0022
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Darstellungen sind selten: einige Schildfiguren, graviert oder gegossen; Wilde Männer als Schild- oder
Zeichenhalter111); Attribute des Todes, wie Schädel mit darunter gekreuzten Schenkelknochen. Erst nach
der Mitte des Jahrhunderts werden den Epitaphien biblische Darstellungen beigegeben, an erster Stelle der
Gekreuzigte, darunter oft die betende Stifterfamilie. Der auferstehende Christus wird am offenen Grab
dargestellt, der auffahrende auf der Weltkugel. Eine Mariendarstellung bleibt Ausnahme. Besonders aus-
führlich sind jedoch die Handwerkszeichen und -attribute dargestellt112): am frühesten die Rauhkarde der
Tuchmacher, am häufigsten das Zeichen der Messerschmiede, drei in einer Krone gekreuzte Schweizer-
dolche113). Darstellungen der Begrabenen, seit den achtziger Jahren bei ihrer handwerklichen Tätigkeit,
sind häufig, eigentliche Porträts jedoch selten114).
Formular
Drei Bestandteile lassen sich im Text der meisten Inschriften voneinander abgrenzen: Datierung, Per-
sonalien und Votum115). Nach dem Formular der Datierung lassen sich zwei Gruppen scheiden: Texte
mit der einfachen Jahreszahl und Texte mit Jahres- und Tagesdatum. Die ersteren, „einfach datiert“, oder
„mit kleinem Datum“, sind in der Mehrzahl und bezeichnen zumeist das Erwerbsjahr der Grabstätte oder
das Jahr der Anfertigung des Epitaphs. Nur wenige davon nennen die Jahreszahl ausdrücklich als Todes-
datum, die meisten sind vor dem Tod des Grabbesitzers angefertigt worden. Die zweite Gruppe, „voll
datiert“ oder „mit großem Datum“, nennt Todesjahr und -tag und manchmal auch die Todesstunde. Die
Inschrift ist somit erst nach dem Tod der im Text genannten Person angefertigt worden Zu ergänzen ist
noch, daß die Inschriften ohne Datum keine inhaltlich unterscheidbare Gruppe bilden. Sie tragen ent-
weder das Formular der einfach datierten Besitzzeichen oder sie sind vor dem Tod des Grabbesitzers an-
gefertigte Sterbeinschriften, bei denen die Sterbedaten freigelassen waren und nach dem Tod nicht nach-
getragen worden sind.
Bei den voll datierten Inschriften läßt sich beobachten, wie die Datierung nach dem Heiligen- und
Festkalender rasch von der Datierung nach Monat und Wochentag abgelöst wird. Die Nürnberger Rats-
verlässe, Protokolle der städtischen Ratsbeschlüsse, verwenden ab 21. Oktober 1528 nur mehr die moderne
Datierung. In den Inschriften ist dieser Bruch um die gleiche Zeit erkennbar: nach 1530 sind nur noch
wenige der Texte mit großem Datum aus dem Festkalender datiert.
Das aus dem fünfzehnten Jahrhundert bekamite Schema gilt für den größten Teil der Inschriften mit
Festkalender datum: auf die Jahres- und Tagesangabe Anno dni (Zahl) an (Tag) folgt meist im Imperfekt
das Verbum starb oder verschied, dann, nach dem Attribut der (die) Erbar, die Personalien. Am Ende steht
das Votum, bei dessen Abfassung eine gewisse Freiheit herrscht: dem Gott gnad, dem Gott gnädig sei, dem
Gott gnädig und barmherzig sei. Seltenere Varianten sind: Gott wol der seel gnedig vnd barmhertzig sein (In-
schrift Nr. 486) oder der Seelen Gott begnadet (Inschrift Nr. 680).
Die Inschriften mit Monatsdatum haben dieselben inhaltlichen Merkmale116). Nach der Mitte des
Jahrhunderts wird die Jahresankündigung in einigen Fällen mit Anno Christi, Nach der Geburt Christi, Im
Jahr nach Christi Geburt eingeleitet. Ein deutscher Monatsname: Anno 1548. den 2. Weinmonat ist Ausnahme
(Inschrift Nr. 642).
Eine kleine Anzahl von Inschriften trägt Monats- und Tagesdaten, die sich auf Erwerb oder Anlage der
Grabstätte beziehen117). Der Text nennt den Grabbesitzer, betont die Rechte an der Grabstätte und be-
kräftigt das Erwerbsdatum mit einem eigenen Verbum: Jst Gelegtt Zu Mychafheli Jm 1542 Jar (Inschrift
Nr. 506), Verordennt auf Mitwoch nach Vitj den 18 Junij (Inschrift Nr. 681). Auch gegen Ende des Samm-
lungszeitraumes ist diese Formulierung noch gebräuchlich: Anno 1650. den 6. Decembr. ist diese Begräbnus
von dem E(rbaren) Paulo Wiebeln ... samt dessen Erben und Nachkommen erkauf t worden.118)
Ebenso wie die zuletzt genannten Beispiele hat der größte Teil der Inschriften mit kleinem Datum den
Charakter von Besitzmarkierungen. In der Frühzeit, wir erfahren dies aus dem ältesten erhaltenen Grab-
briefregister, ist ein großer Teil der Gräber nur durch in den Stein gehauene Haus- oder Handwerks-
zeichen kenntlich gewesen, zu denen vereinzelt Namen und Datum traten. Die Steine verwitterten rasch
-111) Zur Literatur über „Wilde Leute“ vgl. Wuttke, Die Histori Herculis S. 249 h mit Anm. 83.
112) Über die Handwerksattribute ausführlicher Zahn, Beiträge S. 34; siehe auch das Register der Handwerks-
zeichen am Schluß dieses Bandes.
na) Vgl. hierzu Kommentar und Literatur bei Inschrift Nr. 37.
114) Hierzu ausführlicher Zahn, Beiträge S. 35.
115) Zum Folgenden vgl. ebenda S. 36ff.; die Verhältniszahlen, dort nur nach den Originalen errechnet, sind
auch für die inzwischen bekannt gewordenen nichtoriginalen Inschriften gültig.
ns) Vgl. hierzu Zahn, Beiträge S. 38f.
117) Ebenda S. 42E
118) Ehemals Ro Nr. 1423, nach Gugel Rochus S. 88.

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