Während sich bei den Glocken des Haßbergkreises die gotische Minuskel noch bis zur Jahrhundertwende
hielt - letztes Beispiel ist eine in der Nürnberger Glockengießerwerkstatt geschaffene von 1594 (Nr. 233) -
wird bei den übrigen Schriftdenkmälern seit der Jahrhundertmitte neben der Fraktur die bis in die Gegen-
wart gebräuchliche Kapitalis7) (Antiqua) verwendet. Sie kommt erstmals auf einem in Würzburg gefer-
tigten Ziborium aus der Zeit um 1520 (Nr. 104t) und auf einem Bronzeepitaph des Jahres 1539 (Nr. 121) aus
dem Umkreis der Nürnberger Vischerhütte vor8). Heimisch wurde sie erst knapp zehn Jahre später und
zwar, soweit feststellbar, durch den Thüringer Bernhard Friedrich und seinen Kreis, dem u.a. die Königs-
berger Kirchoff zugerechnet werden. Das erste erhaltene Steindenkmal mit Kapitalisinschrift (Nr. 131)
entstand um 1548 im katholischen Haßfurt, die Masse der folgenden jedoch in evangelischen Orten, beson-
ders in Königsberg. Dies könnte auf die Verbindung der sächsischen Enklave mit dem Stammland, vielleicht
auch auf die größere Aufgeschlossenheit der dortigen Bürgerschaft für humanistisches Gedankengut zu-
rückzuführen sein. Erst um 1600 verbreitet sich die Kapitalis gleichermaßen in den katholischen Gebieten.
Hier wie dort wurde sie für lateinische wie für deutsche Inschriften verwendet. Nur in wenigen gemischt-
sprachigen Inschriften (Nr. 140, 150 und 210) erscheint - abgesehen vom INR.I - der lateinische Teil in
Kapitalis, der deutsche in Fraktur.
Die Kapitalis tritt in vier Varianten auf, einmal in quadratischer bis rechteckiger Grundform, mehr
eingeritzt als eingehauen (Nr. 148, 161, 172, 173, 176, 180, 182, 185, 191, 201, 207, 221, 223, 230, 240, 266,
338 und 406), zum anderen in einer sehr einfachen, kleinformatigen Spielart (Nr. 131, 179, 333, 358, 362,
369, 371, 372, 380, 389, 394, 395, 404, 422 und 423), ferner in einer feinen, sorgfältig gearbeiteten, hoch-
formatigen (Nr. 147, 156, 199, 208, 235 und 386) und schließlich in einer kräftig-breiten, fast bäuerlich
wirkenden quadratischen bis querrechteckigen Form (Nr. 55, 145, 153, 189, 220, 234, 290, 300, 303, 331,
367 und 429 LVIII). Eine Fortentwicklung der einzelnen Buchstabenformen ist bei der aus der Antike
überkommenen Schrift weniger augenfällig als bei den gotischen. Besonders zeigen dies die Glocken, die
in der Zeit von 1559 bis 1648 von Nürnberger (Nr. 141), thüringischen (Nr. 175, 225, 226, 257, 258, 259,
297, 307, 317, 318 und 363t), Coburger (Nr. 414 und 415), Kronacher (Nr. 419) und lothringischen (Nr. 388t,
393t und 398) Gießern gefertigt, weniger in der Schriftgestaltung als im Dekor voneinander abweichen.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts treten zu den bis dahin allein gebräuchlichen römischen Zahlen die
arabischen in vielfältigen, von den heutigen teilweise erheblich abweichenden Formen9). Erstes erhaltenes
Beispiel ist die Jahreszahl 1445 (Nr. 429 IV). Daneben bestehen die lateinischen Zahlbuchstaben fort. Seit
1566 (Nr. 150) sind sie hin und wieder in Chronogrammen verschlüsselt.
4. Überlieferung der Inschriften
Von den 439 Inschriften, die dieser Band enthält, sind 336 im Original erhalten, 103 archivalisch oder
literarisch überliefert; bei den Jahreszahlen ist das Verhältnis 20 zu 70. Die Mehrzahl der verlorenen
Inschriften bzw. Einzeldaten wurde aus der Literatur festgestellt. Die ermittelten Archivalien beschränken
sich im wesentlichen auf die Klöster Theres und Mariaburghausen sowie auf die Pfarrkirche und Ritterkapelle
in Haßfurt.
Die Staatsbibliothek Bamberg bewahrt eine Zeichnung des nachmittelalterlichen Gedächtnisgrabmals des
Adalbert von Babenberg in Kloster Theres (Nr. if) (Zeichnung V. B. 263) auf. Diese Zeichnung, eine Kopie
des 19. Jahrhunderts, wurde wahrscheinlich nach der Federzeichnung (S. 40) in der 1711 begonnenen
Klosterchronik des (späteren) Abtes Gregor Fuchs (f 1755) (StA Würzburg, Stdb. 649), fortgeführt bis 1766
vom letzten Thereser Abt, Benedikt Mahlmeister (f 1803)x), angefertigt. Bei dieser handelt es sich um die
Monasterii Theresfundatio..., ex antiquis sive impressis sive manuscriptis fideli calamo desumpta et conscripta
per F.Gregorium Fuchs eiusdem monasterii Professum et p.t. Priorem ... prospero CVrsV Tharlssa Mea
proCeDe et regna (= 1711); der Band von 35,5:23 cm aus weißem, geprägtem Leder mit Messingbeschlä-
gen und Rotschnitt, Papier, 591 Seiten, ab S. 205 leer, stellt die wichtigste Inschriftenüberlieferung des
Klosters dar. Er enthält Grabschriften und Wappen der Äbte Thomas Heidloff (Nr. ioöf), Heinrich von
Mengersdorff(Nr. 129t), Johann Schüßler (Nr. 171t), CasparWeipert(Nr. 249 t), Valentin Alberti (Nr. 350t)
und Thomas Höhn (Nr. 412t), ferner Geschichte, Beschreibung, Gußmarken- und Medaillonzeichnungen
7) Für die frühhumanistische Kapitalis und die humanistische Minuskel gibt es im Haßbergkreis nur wenige,
unergiebige Beispiele.
8) Zahn, Epigraphik 112f.
9) Sie konnten drucktechnisch nicht berücksichtigt werden, wurden aber im Rahmen der Editionen erwähnt.
x) Dazu M. Th. Contzen, I. Die Urkunden des BisthumsWürzburg (Fortsetzung), AZ 8 (1883) 1-62, hier 56.
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hielt - letztes Beispiel ist eine in der Nürnberger Glockengießerwerkstatt geschaffene von 1594 (Nr. 233) -
wird bei den übrigen Schriftdenkmälern seit der Jahrhundertmitte neben der Fraktur die bis in die Gegen-
wart gebräuchliche Kapitalis7) (Antiqua) verwendet. Sie kommt erstmals auf einem in Würzburg gefer-
tigten Ziborium aus der Zeit um 1520 (Nr. 104t) und auf einem Bronzeepitaph des Jahres 1539 (Nr. 121) aus
dem Umkreis der Nürnberger Vischerhütte vor8). Heimisch wurde sie erst knapp zehn Jahre später und
zwar, soweit feststellbar, durch den Thüringer Bernhard Friedrich und seinen Kreis, dem u.a. die Königs-
berger Kirchoff zugerechnet werden. Das erste erhaltene Steindenkmal mit Kapitalisinschrift (Nr. 131)
entstand um 1548 im katholischen Haßfurt, die Masse der folgenden jedoch in evangelischen Orten, beson-
ders in Königsberg. Dies könnte auf die Verbindung der sächsischen Enklave mit dem Stammland, vielleicht
auch auf die größere Aufgeschlossenheit der dortigen Bürgerschaft für humanistisches Gedankengut zu-
rückzuführen sein. Erst um 1600 verbreitet sich die Kapitalis gleichermaßen in den katholischen Gebieten.
Hier wie dort wurde sie für lateinische wie für deutsche Inschriften verwendet. Nur in wenigen gemischt-
sprachigen Inschriften (Nr. 140, 150 und 210) erscheint - abgesehen vom INR.I - der lateinische Teil in
Kapitalis, der deutsche in Fraktur.
Die Kapitalis tritt in vier Varianten auf, einmal in quadratischer bis rechteckiger Grundform, mehr
eingeritzt als eingehauen (Nr. 148, 161, 172, 173, 176, 180, 182, 185, 191, 201, 207, 221, 223, 230, 240, 266,
338 und 406), zum anderen in einer sehr einfachen, kleinformatigen Spielart (Nr. 131, 179, 333, 358, 362,
369, 371, 372, 380, 389, 394, 395, 404, 422 und 423), ferner in einer feinen, sorgfältig gearbeiteten, hoch-
formatigen (Nr. 147, 156, 199, 208, 235 und 386) und schließlich in einer kräftig-breiten, fast bäuerlich
wirkenden quadratischen bis querrechteckigen Form (Nr. 55, 145, 153, 189, 220, 234, 290, 300, 303, 331,
367 und 429 LVIII). Eine Fortentwicklung der einzelnen Buchstabenformen ist bei der aus der Antike
überkommenen Schrift weniger augenfällig als bei den gotischen. Besonders zeigen dies die Glocken, die
in der Zeit von 1559 bis 1648 von Nürnberger (Nr. 141), thüringischen (Nr. 175, 225, 226, 257, 258, 259,
297, 307, 317, 318 und 363t), Coburger (Nr. 414 und 415), Kronacher (Nr. 419) und lothringischen (Nr. 388t,
393t und 398) Gießern gefertigt, weniger in der Schriftgestaltung als im Dekor voneinander abweichen.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts treten zu den bis dahin allein gebräuchlichen römischen Zahlen die
arabischen in vielfältigen, von den heutigen teilweise erheblich abweichenden Formen9). Erstes erhaltenes
Beispiel ist die Jahreszahl 1445 (Nr. 429 IV). Daneben bestehen die lateinischen Zahlbuchstaben fort. Seit
1566 (Nr. 150) sind sie hin und wieder in Chronogrammen verschlüsselt.
4. Überlieferung der Inschriften
Von den 439 Inschriften, die dieser Band enthält, sind 336 im Original erhalten, 103 archivalisch oder
literarisch überliefert; bei den Jahreszahlen ist das Verhältnis 20 zu 70. Die Mehrzahl der verlorenen
Inschriften bzw. Einzeldaten wurde aus der Literatur festgestellt. Die ermittelten Archivalien beschränken
sich im wesentlichen auf die Klöster Theres und Mariaburghausen sowie auf die Pfarrkirche und Ritterkapelle
in Haßfurt.
Die Staatsbibliothek Bamberg bewahrt eine Zeichnung des nachmittelalterlichen Gedächtnisgrabmals des
Adalbert von Babenberg in Kloster Theres (Nr. if) (Zeichnung V. B. 263) auf. Diese Zeichnung, eine Kopie
des 19. Jahrhunderts, wurde wahrscheinlich nach der Federzeichnung (S. 40) in der 1711 begonnenen
Klosterchronik des (späteren) Abtes Gregor Fuchs (f 1755) (StA Würzburg, Stdb. 649), fortgeführt bis 1766
vom letzten Thereser Abt, Benedikt Mahlmeister (f 1803)x), angefertigt. Bei dieser handelt es sich um die
Monasterii Theresfundatio..., ex antiquis sive impressis sive manuscriptis fideli calamo desumpta et conscripta
per F.Gregorium Fuchs eiusdem monasterii Professum et p.t. Priorem ... prospero CVrsV Tharlssa Mea
proCeDe et regna (= 1711); der Band von 35,5:23 cm aus weißem, geprägtem Leder mit Messingbeschlä-
gen und Rotschnitt, Papier, 591 Seiten, ab S. 205 leer, stellt die wichtigste Inschriftenüberlieferung des
Klosters dar. Er enthält Grabschriften und Wappen der Äbte Thomas Heidloff (Nr. ioöf), Heinrich von
Mengersdorff(Nr. 129t), Johann Schüßler (Nr. 171t), CasparWeipert(Nr. 249 t), Valentin Alberti (Nr. 350t)
und Thomas Höhn (Nr. 412t), ferner Geschichte, Beschreibung, Gußmarken- und Medaillonzeichnungen
7) Für die frühhumanistische Kapitalis und die humanistische Minuskel gibt es im Haßbergkreis nur wenige,
unergiebige Beispiele.
8) Zahn, Epigraphik 112f.
9) Sie konnten drucktechnisch nicht berücksichtigt werden, wurden aber im Rahmen der Editionen erwähnt.
x) Dazu M. Th. Contzen, I. Die Urkunden des BisthumsWürzburg (Fortsetzung), AZ 8 (1883) 1-62, hier 56.
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