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Knorr, Walburga; Zipp, Gerhard; Meier, Beate [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 40 = Münchener Reihe, 8. Band, Regensburg, 1): Minoritenkirche — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.57399#0039
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sehe Merkmale auf wie die Inschrift der Gebrüder Paulser. N, M, und H finden sich auch noch in ka-
pitaler Grundform. Mit dem Anbringen von Zierelementen an den Buchstaben folgt der Steinmetz
dem Schreibstil der Zeit. Die Abschlußstriche des immer geschlossenen C und E enden in feinen
Haarstrichen, die unter die Ebene der anderen Buchstaben weit herabgezogenen Cauda des R und
des runden N enden in einer knopfförmigen Verzierung. Der rechte Schenkel des trapezförmigen A
schwillt in der Mitte stark an und läuft bis unter die „Zeile“ knopfförmig aus. Weitere Beispiele für
Inschriften in der Schriftform der gotischen Majuskel zeigen, daß die breite Form im ersten Drittel
des 14.Jahrhunderts in Regensburg bevorzugt wurde.2-31
Mit dem fortschreitenden 14.Jahrhundert strecken sich die Buchstaben wieder; sie erreichen durch-
weg ein Verhältnis 2:1 von Höhe zu Breite. Die Buchstaben in den Inschriften der Katharina von
Ramsberg (s. Kat.-Nr. 48), der Wilbirg Sarburch (s. Kat.-Nr. 50) und der Frauen aus der Familie
Weintmger (s. Kat.-Nr. 54) rücken näher zusammen als in den früheren Majuskelinschriften. Fast alle
Formen des kapitalen Alphabets sind verschwunden. O, D und C erscheinen als Ovale, die oberen
Verdickungen der Schäfte aller Geraden, ob Hasten oder Querbalken, schwingen schwalbenschwanz-
artig aus. Die häufigen Ligaturen, vor allem in der Inschrift der Wilbirg Sarburch, lassen das Schriftbild
gedrängt erscheinen.
Die jüngste noch vorhandene Majuskelinschrift, auf einem Glasfenster des Stifters Wenzeslaus Maller
(s. Kat.-Nr. 64), des Guardians, Kustos und Lektors des Minoritenklosters, ist nicht datiert. Da er 1371
starb, kann man davon ausgehen, daß die Inschrift um das Jahr 1370 entstanden ist. In weißer Farbe
auf purpurviolettem Grund zeigt sie überbreite Schwellungen an den Rundungen und Geraden. Der
Balken des unzialen T ist in der Mitte fast zu einem „pilzförmigen“ Dach verdickt.231 232 Der Text des
Spruchbandes, das der Stifter in Händen hält, ist in gotischen Minuskeln geschrieben. Das Nebenein-
ander dieser beiden Inschriftenformen an einem Inschriftenträger demonstriert den Übergang von
der älteren Majuskel zur jüngeren Minuskel.233
Die gotische Minuskel
Die gotische Minuskel bildet bis zum Ende des 16. Jahrhunderts die überwiegend verwendete Schrift-
form. Der Übergang zu der aus der Textura hervorgegangenen Minuskel im letzten Drittel des
14.Jahrhunderts vollzog sich in Regensburg in einem ähnlichen zeitlichen Rahmen wie im deutsch-
sprachigen Raum üblich.234 Während die Schriftband-Inschrift auf dem Glasfenster des Wenzeslaus
Maller wohl mit an den Anfängen der neuen Inschriftenform in Regensburg steht, setzt die Überlie-
ferung der in Stein gehauenen Inschriften in der Minoritenkirche mit dem Jahr 1400 em (Wappen-
grabplatte des Friedrich Muggenthaler; s. Kat.-Nr. 79). Außer der Majuskel A am Beginn der In-
schrift sind alle Buchstaben in Minuskeln gearbeitet; f, h, t, 1 mit geraden Schäften zeigen deutlich
ausgeprägte Oberlängen, wogegen nur das g mit seiner Unterlänge die scharfe Linie, die die Um-
schrift vom Feld mit Wappendarstellung trennt, durchbricht.
Die zeitlich folgende Inschrift auf einer Grabtafel von 1419 (s. Kat.-Nr. 84) ist ebenfalls in Minuskeln
emgehauen. Die Buchstaben scheinen auf einer Linie zu stehen, die nur durch die Unterlänge des p
durchbrochen wird. Der Dachbalken des a und d zeigt schräg nach links oben, wobei er bei a in einer
leichten Verdickung mit feinem Haarstrich ausläuft. Neben dem runden s tritt auch langes s auf. Die
deutlichen Oberlängen des b, t, 1 und'h lassen die Inschrift gestelzt erscheinen. Die Buchstaben rücken
nahe zusammen, Trennpunkte und zahlreiche Kürzungen prägen das Schriftbild.
Bis in die Mitte des 15.Jahrhunderts sind sodann nur geringfügige Variationen in den Minuskelin-
schriften festzustellen. Die Minuskelinschrift am Stifterportal (s. Kat.-Nr. 96), mit feinem Meißel ge-
schlagen, ohne Verzierungen, verwendet — soweit heute noch erkennbar — Versalien nur zur Kenn-
zeichnung von Nomina propria.
Technik und Ausführung zumindest einiger Buchstaben sind an der Zahlinschrift über dem Portal
zum Kreuzgang (s. Kat.-Nr. 106) gut zu erkennen. Die ersten beiden Schäfte des m neigen sich an der
Oberseite zusammen, durch einen schmalen Querstrich in der Mitte verbunden. Die vier keilförmig
eingeschlagenen c hängen mit ihren Verdickungen an den Querbalken oben und unten aneinander.

231 KDB II 22,1, 190, Abb. 116 (Dom); 250, Tafel XXXI; 256, Abb. 165; 290, Abb. 198 (St.Emmeram).
232 Ähnlich Koch, Inschriftenpaläographie 141.
233 Eine etwas ältere Grabinschrift, 1356 datiert und in gotischen Minuskeln gefertigt, findet sich auf einem Stein für ein
Mitglied des Konvents (s. Kat.-Nr. 56); diese Inschrift in gotischen Minuskeln bleibt allerdings bis etwa 1370 singulär.
234 Neumüllers-Klauser, Bau- und Künstlerinschriften 62—73; DI 21, XXXVIII f; Bauer, Mainzer Inschriften 7; wei-
tere Beispiele für frühe Regensburger Minuskelschriften finden sich in KDB II 22,1, 257, Abb. 166 (1385), 258,
Abb. 167 (1395); KDB II 22,2, 12, Abb. 9 (1396).

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