von 62 Personen der Rechtspflege (1,90%), 107 Geistlichen (3,40%), 28 Angehörigen des Schulwesens
(0,90%) und 22 aus dem Gesundheitswesen (0,70%): den Badern, Wund- und Stadtärzten. Die Ärzte
bilden auch unter den „Akademikern“ die größte Gruppe (siehe Tabelle „Akademiker).
Sie alle müssen verköstigt werden: das Nahrungsgewerbe ist mit 319 Personen (10,03%) entspre-
chend vertreten, darunter sind 13 Bauern aus benachbarten Dörfern in der Umgebung der Friedhöfe,
aus der Stadt 48 Bäcker, 42 Bierbrauer, 51 Wirte und Weinschenke, 17 Müller, 36 Metzger, 11 Zucker-
macher und 6 Zuckerbäcker, 6 Lebküchner, 3 Köche und 3 Kellner.
Die aus den Inschriften des Berichtszeitraums gewonnenen Listen und Tabellen ergeben einen
Querschnitt durch die Bevölkerung der frühneuzeitlichen Großstadt. Sie bilden die Wirtschaft Nürn-
bergs ab, als einer Drehscheibe für den Handel, den Geld- und Warenverkehr mit den Ländern in
allen Richtungen der Kompaßrose, als Einkäuferin von Rohstoffen aller Art und als Verlagsort für die
Herstellung und den Vertrieb von Massengütern und Veredelungsprodukten aus Metall: vom Schiffs-
nagel bis zum Kompaß, vom Armbrustbolzen bis zum Prunkharnisch, von der Flintenkugel bis zur
Kanone (siehe auch die Tabelle „Waffengewerbe“). Nürnberg ist Zentrum technischen und fein-
mechanischen Erfindergeistes, Vorort für Kunst und Kunsthandwerk, Buch- und Graphikdruck, (siehe
die Tabellen „Feinmechanik“ und „Buch, Papier, Zeitung“), Vorreiter der Glaubenserneuerung der
Reformationszeit, Vorbild für andere Reichsstädte im Rechtswesen, in der Krankenpflege und in der
Sozialfürsorge. Um die Wende zum 16. Jahrhundert zählt Nürnberg um die 50 000 Einwohner und ist
mit Köln eine der volkreichsten Städte Europas. Trotz der schweren und verlustreichen Pestwellen im
16. Jahrhundert (in den Jahren 1533/34 mit 5754 Toten, 1561/63 mit 9186 Toten und 1573/76 mit mehr
als 6500 Toten) hat Nürnberg um die Wende vom 16. zum 17.Jahrhundert wieder etwa 50000 Ein-
wohner.124 125)
Diese Zahl führt aber auch vor Augen, daß die 3143 genannten Personen aus den Inschriften zwi-
schen 1581 und 1608 nur einen Bruchteil der jeweiligen Bevölkerung ausmachen. Nur wer in der Lage
war, die 8 — 10 Gulden für das „Einschreiben“ einer Grabstätte, und die weiteren 10 — 15 Gulden für ein
messingnes Epitaph auszugeben, kann in unseren Inschriften vorkommen. Auch das Totengeläut kostete
einen Gulden, 123) wenn in beiden Hauptkirchen geläutet wurde, zwei Gulden.126) In unserer Quelle
fehlt daher ein Teil der unteren Mittelschichten, und fast vollständig fehlen die Unterschichten. Schon
die Handwerksgesellen wurden in Gemeinschaftsgräbern bestattet. Wir kennen solche für die Gesellen
der Goldschmiede (DI-N III, 3503 Johannis Grab 330 von 1619),I27) Schreiner (DI-N III, 3730 Rochus
Grab 268 von 1622)128) und Barbierer (DI-N III, 3087 Johannis Grab 1905 von iöio129) und DI-N III,
3538 Rochus Grab 271 von 1620’3°)), sowie für die Schuldiener (Nr. 2180 ehern. Johannis 548 von 1594).
Die berittenen Stadtsoldaten, die „Reisigen Diener“, hatten auf beiden Friedhöfen ihre 1604 datierte
Grabstätte (Nr. 2748 und 2749), ebenso jene verarmten Handwerker, die den Lebensabend in der
Mendel’schen „Zwölfbrüderstiftung“ verbrachten, und in deren Gemeinschaftsgrab beerdigt wurden
(Nr. 2188 und 2189). Wir finden aber auch Einzel-Epitaphien von Angehörigen des unteren Handwerks,
wie das eines „Altmachers“, der Schuhe aus altem, schon gebrauchten Leder macht oder flickt
(Nr. 2789), oder auch der Hilfskräfte im Transportgewerbe, die keinem „verfaßten“ Handwerk ange-
hören, wie die Auflader (Nr. 1978, 1983, 2867), Ballenbinder (Nr. 1829, 2177, 2205), Kutscher und Kut-
schenfahrer (Nr. 1957, 2097, 2467, 2501, 2673) und ein Fuhrknecht (Nr. 1532). Eine besondere Stellung
nehmen der Henkersknecht (Nr. 1828) und der Scharfrichter ein (Nr. 1716). Wo aber sind die Menschen
124) Artikel „Bevölkerungsentwicklung“ in SLN (2000) S. 142; Walter Bauernfeind, Materielle Grundstruk-
turen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit, Nürnberg 1993; Peter Zahn, Biographische Ergänzungen zu
Nürnbergs Bevölkerung im 16. Jahrhundert. In: MVGN 74 (1987) S.171T (darin eine Äuswahlbibliographie zur
Unterschichtenforschung nach dem Stand von 1987); Rudolf Endres, Zur Einwohnerzahl und Bevölkerungs-
struktur Nürnbergs im 15./16. Jahrhundert. In: MVGN 57 (1970) S.242-271, besonders S.248-250.
125) Nürnberger Totengeläutbücher II St. Lorenz 1554-1517, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1967
S.VIII: „Die Gebühr von 1 £L blieb durch die Jahrhunderte hindurch gleich. Noch im letzten Rechnungsbuch
über Einnahmen und Ausgaben an Großtotengeläut und Leichtüchern, das von 1760 bis 1788 reicht, wird für das
Geläut der gleiche Betrag erhoben“.
12ö) Nürnberger Totengeläutbücher III St. Sebald 1517-1572, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1972,
S. XI.
127) Kdm X (1961) S. 300; Zahn, Beiträge (1966) S. 31 Anm.; Kdm X (1977) S. 429.
128) Kdm X (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 88 Anm. 57,6; Kdm X (1977) S. 320.
129) Kdm X (1961) S. 321; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm X (1977) S. 452.
13°) Kdm X (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm X (1977) S. 320.
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(0,90%) und 22 aus dem Gesundheitswesen (0,70%): den Badern, Wund- und Stadtärzten. Die Ärzte
bilden auch unter den „Akademikern“ die größte Gruppe (siehe Tabelle „Akademiker).
Sie alle müssen verköstigt werden: das Nahrungsgewerbe ist mit 319 Personen (10,03%) entspre-
chend vertreten, darunter sind 13 Bauern aus benachbarten Dörfern in der Umgebung der Friedhöfe,
aus der Stadt 48 Bäcker, 42 Bierbrauer, 51 Wirte und Weinschenke, 17 Müller, 36 Metzger, 11 Zucker-
macher und 6 Zuckerbäcker, 6 Lebküchner, 3 Köche und 3 Kellner.
Die aus den Inschriften des Berichtszeitraums gewonnenen Listen und Tabellen ergeben einen
Querschnitt durch die Bevölkerung der frühneuzeitlichen Großstadt. Sie bilden die Wirtschaft Nürn-
bergs ab, als einer Drehscheibe für den Handel, den Geld- und Warenverkehr mit den Ländern in
allen Richtungen der Kompaßrose, als Einkäuferin von Rohstoffen aller Art und als Verlagsort für die
Herstellung und den Vertrieb von Massengütern und Veredelungsprodukten aus Metall: vom Schiffs-
nagel bis zum Kompaß, vom Armbrustbolzen bis zum Prunkharnisch, von der Flintenkugel bis zur
Kanone (siehe auch die Tabelle „Waffengewerbe“). Nürnberg ist Zentrum technischen und fein-
mechanischen Erfindergeistes, Vorort für Kunst und Kunsthandwerk, Buch- und Graphikdruck, (siehe
die Tabellen „Feinmechanik“ und „Buch, Papier, Zeitung“), Vorreiter der Glaubenserneuerung der
Reformationszeit, Vorbild für andere Reichsstädte im Rechtswesen, in der Krankenpflege und in der
Sozialfürsorge. Um die Wende zum 16. Jahrhundert zählt Nürnberg um die 50 000 Einwohner und ist
mit Köln eine der volkreichsten Städte Europas. Trotz der schweren und verlustreichen Pestwellen im
16. Jahrhundert (in den Jahren 1533/34 mit 5754 Toten, 1561/63 mit 9186 Toten und 1573/76 mit mehr
als 6500 Toten) hat Nürnberg um die Wende vom 16. zum 17.Jahrhundert wieder etwa 50000 Ein-
wohner.124 125)
Diese Zahl führt aber auch vor Augen, daß die 3143 genannten Personen aus den Inschriften zwi-
schen 1581 und 1608 nur einen Bruchteil der jeweiligen Bevölkerung ausmachen. Nur wer in der Lage
war, die 8 — 10 Gulden für das „Einschreiben“ einer Grabstätte, und die weiteren 10 — 15 Gulden für ein
messingnes Epitaph auszugeben, kann in unseren Inschriften vorkommen. Auch das Totengeläut kostete
einen Gulden, 123) wenn in beiden Hauptkirchen geläutet wurde, zwei Gulden.126) In unserer Quelle
fehlt daher ein Teil der unteren Mittelschichten, und fast vollständig fehlen die Unterschichten. Schon
die Handwerksgesellen wurden in Gemeinschaftsgräbern bestattet. Wir kennen solche für die Gesellen
der Goldschmiede (DI-N III, 3503 Johannis Grab 330 von 1619),I27) Schreiner (DI-N III, 3730 Rochus
Grab 268 von 1622)128) und Barbierer (DI-N III, 3087 Johannis Grab 1905 von iöio129) und DI-N III,
3538 Rochus Grab 271 von 1620’3°)), sowie für die Schuldiener (Nr. 2180 ehern. Johannis 548 von 1594).
Die berittenen Stadtsoldaten, die „Reisigen Diener“, hatten auf beiden Friedhöfen ihre 1604 datierte
Grabstätte (Nr. 2748 und 2749), ebenso jene verarmten Handwerker, die den Lebensabend in der
Mendel’schen „Zwölfbrüderstiftung“ verbrachten, und in deren Gemeinschaftsgrab beerdigt wurden
(Nr. 2188 und 2189). Wir finden aber auch Einzel-Epitaphien von Angehörigen des unteren Handwerks,
wie das eines „Altmachers“, der Schuhe aus altem, schon gebrauchten Leder macht oder flickt
(Nr. 2789), oder auch der Hilfskräfte im Transportgewerbe, die keinem „verfaßten“ Handwerk ange-
hören, wie die Auflader (Nr. 1978, 1983, 2867), Ballenbinder (Nr. 1829, 2177, 2205), Kutscher und Kut-
schenfahrer (Nr. 1957, 2097, 2467, 2501, 2673) und ein Fuhrknecht (Nr. 1532). Eine besondere Stellung
nehmen der Henkersknecht (Nr. 1828) und der Scharfrichter ein (Nr. 1716). Wo aber sind die Menschen
124) Artikel „Bevölkerungsentwicklung“ in SLN (2000) S. 142; Walter Bauernfeind, Materielle Grundstruk-
turen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit, Nürnberg 1993; Peter Zahn, Biographische Ergänzungen zu
Nürnbergs Bevölkerung im 16. Jahrhundert. In: MVGN 74 (1987) S.171T (darin eine Äuswahlbibliographie zur
Unterschichtenforschung nach dem Stand von 1987); Rudolf Endres, Zur Einwohnerzahl und Bevölkerungs-
struktur Nürnbergs im 15./16. Jahrhundert. In: MVGN 57 (1970) S.242-271, besonders S.248-250.
125) Nürnberger Totengeläutbücher II St. Lorenz 1554-1517, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1967
S.VIII: „Die Gebühr von 1 £L blieb durch die Jahrhunderte hindurch gleich. Noch im letzten Rechnungsbuch
über Einnahmen und Ausgaben an Großtotengeläut und Leichtüchern, das von 1760 bis 1788 reicht, wird für das
Geläut der gleiche Betrag erhoben“.
12ö) Nürnberger Totengeläutbücher III St. Sebald 1517-1572, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1972,
S. XI.
127) Kdm X (1961) S. 300; Zahn, Beiträge (1966) S. 31 Anm.; Kdm X (1977) S. 429.
128) Kdm X (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 88 Anm. 57,6; Kdm X (1977) S. 320.
129) Kdm X (1961) S. 321; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm X (1977) S. 452.
13°) Kdm X (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm X (1977) S. 320.
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