kämmerer Hans Schwindel (Nr.4182), der Pfalz-Neuburgische Rat Friedrich Conrad Tuschelein
(Nr. 4207). Erst zuletzt trifft der Adel em (4205, 4224, 4227, 4283, 4298, 4305, 4306, 4400), den die Re-
publik Nürnberg jedoch mit Argwohn betrachtet, wie die Prüeschenck von Lindenhofen aus Eger und
Sulzbach (Nr. 4224), die böhmischen Tücher von Schoberau auf Pfraumberg (Nr. 4227), die obersteier-
märkichen Jöstelsberg Nr. 4283) und die Freiherren Speidl von Vattersdorf (Nr. 4298). Die Johanniskir-
che und die Bartholomäuskirche in Wöhrd, letztere vor allem nach 1650, wurden zu zentralen Grable-
gen für den Nürnberger Emigrantenadel.40)
Die Orte, aus denen die Exulanten nach Nürnberg kommen, sind Villach (unsere Nummern 1667,
2575, 2940, 3084, 3135, 4044 und 4114), Graz (3182, 4263), Laibach (1687, 3900, 3993, 3994), Steyr (2862,
3427, 3490, 3663, 4253), das Land ob der Enns (3024), Linz (3720), der Wiener Hof (3273) und weitere
Orte Kärntens (3331, 4093, 4205, 4286). Auch aus der ehemals evangelischen und nun rekathohsierten
Oberpfalz suchen einige Reformierte und „Philippisten“, Anhänger der Lehren Philipp Melanchthons,
in Nürnberg eine neue Lebensgrundlage (2028, 2174, 2549).
Die aus den Inschriften des Berichtszeitraums gewonnenen Listen und Tabellen ergeben einen
Querschnitt durch die Bevölkerung der frühneuzeitlichen Großstadt. Sie bilden die Wirtschaft Nürn-
bergs ab, als einer Drehscheibe für den Handel, den Geld- und Warenverkehr mit den Ländern in allen
Richtungen der Kompaßrose, als Einkäuferin von Rohstoffen aller Art und als Verlagsort für die Her-
stellung und den Vertrieb von Massengütern und Veredelungsprodukten aus Metall: vom Schiffsnagel
bis zum Kompaß, vom Armbrustbolzen bis zum Prunkharnisch, von der Flintenkugel bis zur Kanone
(siehe auch die Tabelle „Waffengewerbe“). Nürnberg ist Zentrum technischen und feinmechanischen
Erfindergeistes, Vorort für Kunst und Kunsthandwerk, Buch- und Graphikdruck, (siehe die Tabellen
„Feinmechanik“ und „Buch, Papier, Zeitung“), Vorreiter der Glaubenserneuerung der Reformations-
zeit, Vorbild für andere Reichsstädte im Rechtswesen, in der Krankenpflege und in der Sozialfürsorge.
Um die Wende zum 16. Jahrhundert zählt Nürnberg um die 50 000 Einwohner und ist mit Köln eine
der volkreichsten Städte Europas.Trotz der schweren und verlustreichen Pestwellen im 16. Jahrhundert
(in denjahren 1533/34 mit 5754Toten, 1561/63 mit 9i86Toten und 1573/76 mit mehr als Ö50oToten)
hat Nürnberg um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert wieder etwa 50000 Einwohner.41) Diese
Zahl fuhrt aber auch vor Augen, daß die Personen aus den Inschriften zwischen 1609 und 1650 nur
einen Bruchteil der jeweiligen Bevölkerung ausmachen. Nur wer in der Lage war, die 8-10 Gulden
für das „Einschreiben“ einer Grabstätte, und die weiteren 10—15 Gulden für em messingnes Epitaph
auszugeben, kann in unseren Inschriften vorkommen. Auch das Totengeläut kostete einen Gulden,42)
wenn in beiden Hauptkirchen geläutet wurde, zwei Gulden.43) In unserer Quelle fehlt daher em Teil
der unteren Mittelschichten, und fast vollständig fehlen die Unterschichten. Schon die Handwerksge-
sellen wurden in Gemeinschaftsgräbern bestattet. Wir kennen solche für die Gesellen der Gold-
schmiede (Nr.3503 Johannis Grab 330 von 1619), 44) Schreiner (Nr.3730 Rochus Grab 268 von 1622)45)
und Barbierer (Nr.3087 Johannis Grab 1905 von 161046 und Nr.3538 Rochus Grab 271 von 162047),
sowie für die Schuldiener (Nr. 2180 ehern. Johannis 548 von 1594). Die berittenen Stadtsoldaten, die
„Reisigen Diener“, hatten auf beiden Friedhöfen ihre 1604 datierte Grabstätte (Nr. 2748 und 2749),
ebenso jene verarmten Handwerker, die den Lebensabend in der Mendel’schen „Zwölfbrüderstiftung“
verbrachten, und in deren Gemeinschaftsgrab beerdigt wurden (Nr. 2188 und 2189). Wir finden aber
40) Schnabel, Österreichische Exulanten (1990) S. 525 f. (St. Bartholomäus Wöhrd), 527b. (St.Johannis).
41) Artikel „Bevölkerungsentwicklung“ in SLN (2000) S. 142; Walter Bauernfeind, Materielle Grundstruk-
turen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit, Nürnberg 1993; Peter Zahn, Biographische Ergänzungen zu
Nürnbergs Bevölkerung im 16. Jahrhundert. In: MVGN 74 (1987) S. 171b. (darin eine Auswahlbibhographie zur
Unterschichtenforschung nach dem Stand von 1987); Rudolf Endres, Zur Einwohnerzahl und Bevölkerungsstruk-
tur Nürnbergs im 15. / 16. Jahrhundert. In: MVGN 57 (1970) S. 242-271, besonders S. 248-250.
42) Nürnberger Totengeläutbücher II St. Lorenz 1554-1517, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1967,
S. VIII: „Die Gebühr von 1 £1. blieb durch die Jahrhunderte hindurch gleich. Noch im letzten Rechnungsbuch über
Einnahmen und Ausgaben an Großtotengeläut und Leichtüchern, das von 1760 bis 1788 reicht, wird für das Geläut
der gleiche Betrag erhoben“.
43) Nürnberger Totengeläutbücher III St. Sebald 1517-1572, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1972,
S.XI.
44) Kdm 10 (1961) S. 300; Zahn, Beiträge (1966) S. 31 Anm.;Kdm 10 (1977) S. 429.
45) Kdm 10 (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 88 Anm. 57,6; Kdm 10 (1977) S. 320.
46) Kdm 10 (1961) S. 321; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm 10 (1977) S. 452.
47) Kdm 10 (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm 10 (1977) S. 320.
(Nr. 4207). Erst zuletzt trifft der Adel em (4205, 4224, 4227, 4283, 4298, 4305, 4306, 4400), den die Re-
publik Nürnberg jedoch mit Argwohn betrachtet, wie die Prüeschenck von Lindenhofen aus Eger und
Sulzbach (Nr. 4224), die böhmischen Tücher von Schoberau auf Pfraumberg (Nr. 4227), die obersteier-
märkichen Jöstelsberg Nr. 4283) und die Freiherren Speidl von Vattersdorf (Nr. 4298). Die Johanniskir-
che und die Bartholomäuskirche in Wöhrd, letztere vor allem nach 1650, wurden zu zentralen Grable-
gen für den Nürnberger Emigrantenadel.40)
Die Orte, aus denen die Exulanten nach Nürnberg kommen, sind Villach (unsere Nummern 1667,
2575, 2940, 3084, 3135, 4044 und 4114), Graz (3182, 4263), Laibach (1687, 3900, 3993, 3994), Steyr (2862,
3427, 3490, 3663, 4253), das Land ob der Enns (3024), Linz (3720), der Wiener Hof (3273) und weitere
Orte Kärntens (3331, 4093, 4205, 4286). Auch aus der ehemals evangelischen und nun rekathohsierten
Oberpfalz suchen einige Reformierte und „Philippisten“, Anhänger der Lehren Philipp Melanchthons,
in Nürnberg eine neue Lebensgrundlage (2028, 2174, 2549).
Die aus den Inschriften des Berichtszeitraums gewonnenen Listen und Tabellen ergeben einen
Querschnitt durch die Bevölkerung der frühneuzeitlichen Großstadt. Sie bilden die Wirtschaft Nürn-
bergs ab, als einer Drehscheibe für den Handel, den Geld- und Warenverkehr mit den Ländern in allen
Richtungen der Kompaßrose, als Einkäuferin von Rohstoffen aller Art und als Verlagsort für die Her-
stellung und den Vertrieb von Massengütern und Veredelungsprodukten aus Metall: vom Schiffsnagel
bis zum Kompaß, vom Armbrustbolzen bis zum Prunkharnisch, von der Flintenkugel bis zur Kanone
(siehe auch die Tabelle „Waffengewerbe“). Nürnberg ist Zentrum technischen und feinmechanischen
Erfindergeistes, Vorort für Kunst und Kunsthandwerk, Buch- und Graphikdruck, (siehe die Tabellen
„Feinmechanik“ und „Buch, Papier, Zeitung“), Vorreiter der Glaubenserneuerung der Reformations-
zeit, Vorbild für andere Reichsstädte im Rechtswesen, in der Krankenpflege und in der Sozialfürsorge.
Um die Wende zum 16. Jahrhundert zählt Nürnberg um die 50 000 Einwohner und ist mit Köln eine
der volkreichsten Städte Europas.Trotz der schweren und verlustreichen Pestwellen im 16. Jahrhundert
(in denjahren 1533/34 mit 5754Toten, 1561/63 mit 9i86Toten und 1573/76 mit mehr als Ö50oToten)
hat Nürnberg um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert wieder etwa 50000 Einwohner.41) Diese
Zahl fuhrt aber auch vor Augen, daß die Personen aus den Inschriften zwischen 1609 und 1650 nur
einen Bruchteil der jeweiligen Bevölkerung ausmachen. Nur wer in der Lage war, die 8-10 Gulden
für das „Einschreiben“ einer Grabstätte, und die weiteren 10—15 Gulden für em messingnes Epitaph
auszugeben, kann in unseren Inschriften vorkommen. Auch das Totengeläut kostete einen Gulden,42)
wenn in beiden Hauptkirchen geläutet wurde, zwei Gulden.43) In unserer Quelle fehlt daher em Teil
der unteren Mittelschichten, und fast vollständig fehlen die Unterschichten. Schon die Handwerksge-
sellen wurden in Gemeinschaftsgräbern bestattet. Wir kennen solche für die Gesellen der Gold-
schmiede (Nr.3503 Johannis Grab 330 von 1619), 44) Schreiner (Nr.3730 Rochus Grab 268 von 1622)45)
und Barbierer (Nr.3087 Johannis Grab 1905 von 161046 und Nr.3538 Rochus Grab 271 von 162047),
sowie für die Schuldiener (Nr. 2180 ehern. Johannis 548 von 1594). Die berittenen Stadtsoldaten, die
„Reisigen Diener“, hatten auf beiden Friedhöfen ihre 1604 datierte Grabstätte (Nr. 2748 und 2749),
ebenso jene verarmten Handwerker, die den Lebensabend in der Mendel’schen „Zwölfbrüderstiftung“
verbrachten, und in deren Gemeinschaftsgrab beerdigt wurden (Nr. 2188 und 2189). Wir finden aber
40) Schnabel, Österreichische Exulanten (1990) S. 525 f. (St. Bartholomäus Wöhrd), 527b. (St.Johannis).
41) Artikel „Bevölkerungsentwicklung“ in SLN (2000) S. 142; Walter Bauernfeind, Materielle Grundstruk-
turen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit, Nürnberg 1993; Peter Zahn, Biographische Ergänzungen zu
Nürnbergs Bevölkerung im 16. Jahrhundert. In: MVGN 74 (1987) S. 171b. (darin eine Auswahlbibhographie zur
Unterschichtenforschung nach dem Stand von 1987); Rudolf Endres, Zur Einwohnerzahl und Bevölkerungsstruk-
tur Nürnbergs im 15. / 16. Jahrhundert. In: MVGN 57 (1970) S. 242-271, besonders S. 248-250.
42) Nürnberger Totengeläutbücher II St. Lorenz 1554-1517, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1967,
S. VIII: „Die Gebühr von 1 £1. blieb durch die Jahrhunderte hindurch gleich. Noch im letzten Rechnungsbuch über
Einnahmen und Ausgaben an Großtotengeläut und Leichtüchern, das von 1760 bis 1788 reicht, wird für das Geläut
der gleiche Betrag erhoben“.
43) Nürnberger Totengeläutbücher III St. Sebald 1517-1572, bearb. v. Helene Burger, Neustadt/Aisch 1972,
S.XI.
44) Kdm 10 (1961) S. 300; Zahn, Beiträge (1966) S. 31 Anm.;Kdm 10 (1977) S. 429.
45) Kdm 10 (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 88 Anm. 57,6; Kdm 10 (1977) S. 320.
46) Kdm 10 (1961) S. 321; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm 10 (1977) S. 452.
47) Kdm 10 (1961) S. 235; Zahn, Beiträge (1966) S. 67 Anm. 65,2; Kdm 10 (1977) S. 320.