Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0443
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 415

Es sollen auch die pfarrer durch die super-
intendenten und derselben adiuncten gewiesen
werden, wenn eine ergerliche person von wegen
begangener öffentlichen groben laster am leib oder
in andere wege, andern zum abscheuen und
exempel, gestraft worden, das nichts desto weniger
die pfarrer solche person für sich erfordern und
neben der ausgestandenen leiblichen strafe der
oberkeit (welches oftmals auch wol ohne buss ge-
schehen kan) auch zu rechter warhaftiger und
bussfertiger erkentnis der begangenen sünden und
gegebenen ergernis vor gott vermanen und er-
innern, das gott mit der eusserlichen leihs strafe
der oberkeit noch nicht genug geschehen, sondern
er fordere auch neben dem eusserlichen gehorsam
der leiblichen strafe ein reuiges busfertiges herz,
das im lasse leid sein die begangene sünden und
das gegebene ergernis und sich hinfüro mit fleis
für dergleichen sünden hüte, so werde ir nicht
allein gott umb Christus willen im himel gnedig
sein und veterlich verziehen haben, sondern auch
die schande auf erden gemildert, das die leut mit
ihr ein mitleiden haben, und derselben nicht also
entgelten lassen, wie sonst geschehen, und da solche
busse neben der erlittenen eusserlichen strafe
nicht erfolget, nach der erinnerung Christi aus
seiner verhengnis und nach desselben gerechten
urtheil noch ein ergers erfolgen, das sie in grösser
laster fallen, und neben zeitlicher schande auch
in das ewige verderben geraten werde; welche
vermanung und erinnerung ungezweifelt nicht ohne
frucht abgehen, sondern durch gottes segen viel
nutz, wo nicht bei allen, doch etlichen erfolgen
wird.
Demnach denn auch nach erlittener eusser-
licher straf der oberkeit, wenn solche person auf
beschehene christliche erinnerung und vermanung
besserung zugesaget, und der pfarrer an gottes
stat sie absolvieret, und zu dem hochwirdigen
sacrament gelassen, der versönung halben die
kirch mit ihr zufrieden, und, da durch die oberkeit
ihr nicht besonders weiter auferlegt, dieselbige
der versönung halben auch weiter nicht angefochten
werden sol.
Wann aber öffentliche, unleugbare, strafbare
laster berichtet, und dieselbige durch die oberkeit
nicht gestraft, oder doch ungewiss, ob sie gestraft,
oder was unsere amptleute, erb oder gerichtsherrn
darinnen gehandelt, sol der visitator solches als-
bald, da die amptleut oder gerichtsherren, oder
derselben vorweser gegenwertig, besonders anzeigen
und fragen, ob sie dessen wissenschaft haben, er-
kundigung genommen, gestraft, oder noch zustrafen
gedenken, und wie sich darauf dieselbige erkleren,
der visitator in seine verzeichnis bringen, damit
der synodus sich darauf mit seinem bedenken der
gebür nach verhalten, und da es von nöten, unsern

amptleuten, erb oder gerichtsherrn die hand bieten
und vorhelfen möge, dergestalt denn durch jedes
orts ordentliche oberkeit, öffentliche sünde, schande
und laster gestraft, und ohne menniglichs klagen,
geschehens eingriffes oder gewalts, abgeschafft
werden können.
Denn soviel die leibliche eusserliche strafen
der groben abscheulichen laster belanget, sind die
personen des synodi nicht als richter geordnet,
klag und antwort in rechtlichem process, wo der-
selb von nöten, anzuhören, sondern weil dergleichen
sachen allein von wegen des ergernis der kirchen
für sie gebracht, und ir ampt sich allein dahin
erstreckt, das gemeldt ergernis gebürlich abgeschafft,
sollen dieselbige nicht in dem synodo mit recht-
lichem process angenommen oder erörtert, sondern
alsbald entweder an die consistoria, unsere regie-
rung, amptleut, erb oder gerichtsherrn vorwiesen
werden und der synodus also allein darauf achtung
geben und vigiliren, damit das ergernis abgeschafft,
und, vermög unserer Constitution, nach gehaltenem
gebürlichem rechtlichem process, bei den emptern
und jeder erb oder gerichtsherrn gerichten die
groben laster unnachlessiglich gestraft werden.
Wie denn auch, was der kirchendiener Unter-
haltung, pfarr und kirchengüter und verordente
besoldung anlanget, da in denselben den pfarrern,
kirchen und schuldienern eingriff, verhinderung,
nachteil und schaden, von wem es auch geschehen,
begegnen würde, und solches nicht alsbald durch
unsers synodi befehl in richtigkeit gebracht werden
könte, sondern diese sache besserer erkundigung
und ausfürung bedörfte, dieselbige an die con-
sistorien, darunter sie gehörig, gewiesen, und den-
selben mit ernst auferlegt und befohlen werden
sol, das in diesem und anderem die pfarrer, wie
auch menniglich, so für sie Vorbescheiden, gehöret
werden, und inen alle gebür förderlich und
schleunig widerfaren möge, damit sie sich der
billigkeit nach ferner nicht zubeklagen.
Es sollen auch in diesen synodis unsere ver-
ordnten mit fleis daran sein, das in allen und
jeden visitationibus von allen visitatoribus unter-
schiedliche und fleissige verzeichnis aufgelegt
werden, welche kirchendiener ihrer geschicklig-
keit und gaben halben vor andern und zu bessern
conditionibus zugebrauchen.
Desgleichen, das auch aus allen consistoriis
das buch fürgelegt werde, darinnen die vacierenden
pfarrern, diaconat, kirchen und schuldienst, des-
gleichen auch die personen, so nicht im ampt sein,
und ire dienst angeboten haben, und wie sie in
alle wege qualificirt, wo sie geboren, und studiert,
was ihre testimonia, wie alt, ob, und wie lange,
auch wo sie zuvor im kirchendienst gewesen, wie
sie abkommen, wie sie im examine und predigt
bestanden, wie gelert, mit was gaben sie gezieret,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften