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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0447
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, her:

zogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 419

studieren, und zum predigampt oder Schuldienst
sich gebrauchen lassen sollen, mit einer ansehen-
lichen summa gemehret, und dreihundert in beiden
gedachten universiteten, darzu allein armer leut
und von jugend auf bekante landkinder, so gute
zeugnis haben, und mit guten ingeniis begabet,
für und für zuerhalten, entschlossen, damit, wenn
bei denen vom adel, und andern unsern unter-
thanen kirchendienst erledigt, sie nicht unbekante
mit fahr und nachteil der kirchen aufnemen,
sondern jederzeit mit frommen, gottfürchtigen, be-
kanten, gelarten und verstendigen lehrern auf ihr
unterthenigst anhalten aus denselben oder mit
andern kirchendienern versehen, welche stet nach-
mals aus dem stipendio ersetzt, bis auch sie gleicher
gestalt, nach iren gaben, zu bessern diensten,
allezeit nach dem unparteiischen und unverdech-
tigen erkentnis des synodi befördert werden
mögen,
Dardurch inen keines weges das ius patro-
natus, so sie von alters und noch haben, ge-
schwecht, oder genommen, sondern jederzeit auf
ir unterthenichst ansuchen und vorgehenden ordent-
lichen beruf, ihnen zu gnaden, und der kirchen
zu gutem, folgen, und dergestalt die lehenherrn
und kirchen oftmals grosses unkostens uberhoben
und gleichwol nach notdurft versehen werden sollen.
Desgleichen wollen wir auch unsere theologos
bei den dreien consistorien, so der ordination bei-
wonen und dieselbige verrichten helfen, ires ge-
wissens und S. Pauli vermanung ernstlich erinnert
haben, das sie niemand bald die hende auflegen
und sich mit ordination ungelerter, ungeschickter,
ergerlicher kirchendiener nicht frembder sünden,
und des erschrecklichen ewigen verdamnis armer
seelen teilhaftig machen, wie sie denn deshalben
am jüngsten gericht dem gerechten richter antwort
geben müssen, sondern viel mehr bedenken, weil
der kirchendienst ein so hoher beruf, das sie alle
gelegenheit der ordinanden so viel müglich auf
das aller fleissigst erkundigen und sie besonders
in allen, fürnemlich den streitigen artikeln, ernst-
lich examiniren und sich nicht settigen lassen,
bis sie vermerken, das sie aus dem grund gottes
worts ihre lehr in allen artikeln bestetigen, die
angezogene zeugnis selbst in der heiligen bibel
gelesen und in derselben leuftig und erfaren sein.
Nachmals auch sie eines oder öftermal hören
predigen, in massen daroben in gemein von allen
kirchendienern vermeldet worden, daraus sie ver-
nemen mögen, ob sie zu sampt rechtem verstand
heiliger schrift und geschickligkeit in der lehr
auch mit notwendigen gaben zum predigampt aus-
gerüstet, das die gemein ihre predigten vernemen,
und etwas nützliches daraus lernen können, welchs
alles jederzeit in ein besonder buch, so stetigs bei
den consistorien, verzeichnet werden sol.

Da sie aber befünden, das einer in der lehr
ungeschickt, oder in seinem leben ergerlich, oder
sonst zu diesem ampt nicht tüchtig, sollen die so
ihn gesandt und zu der pfarr berufen haben, oder
wollen, schriftlich von dieses ungeschickligkeit be-
richtet und vermanet werden, das sie auf ein
andern bedacht sein wollen, der zu solchem pfarr-
ampt tüglich, und da sie keinen vorzustellen und
deshalben unsere consistorien berichten, obgehörter
massen inen geraten und geholfen werden sol.
Wir wollen auch hiemit unsere consistorien
bei iren pflichten und vermeidung ernstlicher straf
erinnert und vermanet haben, das sie bei solcher
ordination zu beförderung der personen kein ge-
schenk noch gaben nemen, auch niemand aus gunst
einschieben oder aus widerwillen hindern, sondern
wie ein jeder an seinen gaben, geschickligkeit,
leben und wandel befunden, nach ihrem gewissen
befördern, und hierinnen anders nichts, denn die
ehre gottes, der pfarrkinder ewig heil und selig-
keit, und also einig den nutz der kirchen ansehen
und bedenken.
Deswegen wir denn in den jehrlichen visi-
tationibus diese ernstliche nachfrage verordnet,
damit die kirchen an allen orten, so viel müglich,
mit frommen, geschickten, tüchtigen und unerger-
lichen kirchendienern, zu erbauung derselben,
versehen werden.
So werden auch die jenigen, welche einen
kirchendiener berufen und zu der ordination
schicken, denselben mit notdürftiger zehrung ab-
zufertigen wissen, auf das er, wie gebreuchlich,
ordiniret werden möge.
Damit aber auch hierinnen durchaus gleicheit,
und weder die ordinanden lang aufgehalten, noch
die kirchen mit unnötiger zehrung beschweret
werden, sol in allen dreien consistorien ein ge-
wisser tag in der wochen, in jedes circulo, er-
nennet werden, auf welchen die ordination gehalten
werden sol.
Und so einer ordiniret, sol er von dem con-
sistorio dem lehnherrn und der kirchen zeugnis
bringen, auf welchen tag dieselbige verrichtet, und
da sich der zehrung halben missverstand und un-
einigkeit zutragen wolt, damit kein theil zur un-
billigkeit beschweret, sol es auf erkentnis des
visitatorn und der oberkeit jedes orts gestellet
werden.
Wie aber, und mit was form und weise, ein
neuer kirchendiener vor der ganzen kirchen ordi-
niret werden sol, ist zum theil droben unter dem
capitel vom beruf und annemung der kirchen-
diener, zum theil aber bei dem capitel von der
investitur derselben vermeldet, darnach sich die
theologen in den consistoriis zurichten haben.

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