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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0446
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418

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

tation, desgleichen in dem 77. und 78. jahre zwo
local visitation durch die zu denselben verordnete
superintendentes und adiunctos, vermöge ihnen
zugestelter instruction, angeordnet, darauf auch bei
unser canzlei und regierung zween unterschied-
liche synodos halten und in denselben alle ge-
brechen, fehl und mengel, so aus vorgehenden
dreien gehaltenen land und local visitationibus
eingebracht, durch unsere hierzu verordnete poli-
tische rete und general superintendenten, auch
andere theologen nach notdurft beratschlagen
lassen, wie solche abzuschaffen und kirchen und
schulen in reiner lehr, christlicher zucht und guter
löblicher ordnung erhalten werden möchten,
und sich daselbst befunden, das mehr ge-
dachte general articul in etlichen zuverbessern,
derselben auch nach mehr in jüngst gehaltenen
beiden local visitationibus und synodis vorkomen,
so nicht weniger als die vorgehenden, zu erhaltung
guter ordnung, notwendig,
haben wir nicht unterlassen, dieselbige, auch
anders mehr, so zu erhaltung reiner lehre, gottes
worts, in kirchen und schulen dieser lande, auch
christlicher zucht, policei und erbarkeit dienstlich,
den zu Torgau jüngst den andern Februarii des
verschienenen 79. jahres erforderten land stenden
vorzuhalten, welche ihnen ermelte articul wol ge-
fallen lassen, auch was ferner zu nochmehr ver-
besserung der hievor gestehen artikel dienstlich
erachtet, uns nicht verhalten, und das es also in
dieselbige eingebracht werden möchte, unterthenigst
gebeten,
hierauf wir dann nicht unterlassen, dieselbige
sampt unserer verordneten von der landschaft be-
schehenen erinnerung mit unsern hofreten und
andern hierzu verordneten noch ferner zu berat-
schlagen.
Und weil viel gedachte hievor gestellete
general articul untereinander vielfeltig vermischet,
haben wir nicht allein, was in den drei an-
gestelleten visitationibus und darauf gehaltenen
zweien synodis, desgleichen auch durch unsere
verordnete aus der landschaft nützlich erinnert,
denselben mit fleis einverleiben, sondern auch er-
melte articul in bessere ordnung bringen, und
jedes an sein gebärend ort setzen lassen, damit
beides die kirchendiener und eingepfarrten ihrer
notdurft nach, gleich alsbald wenn ihnen berichts
von nöten, denselben unverhindert an seinem ort
und unter seinem titel suchen und finden mögen.
Von der ordination.
Wie wol bis daher allein zu Wittemberg und
Leipzig die ordination der neuen kirchendiener
gehalten, jedoch, weil die theologen daselbsten
nicht allein bei den consistorien viel zuverrichten,
sondern beneben denselben geschehen uber die

ordentliche predigten, auch teglich ihre lectiones
bei der hohen schule verrichten sollen, und be-
sonders der kirchen, so in das consistorium zu
Leipzig gehörig, ein grosse anzal, haben wir diese
verordnung gethan, das hinfüro zugleich den andern
consistoriis alle neue kirchendiener, so in des
meissnischen consistorii kreis gehörig, bei unserm
ober consistorio zu Dresden, nicht allein exami-
niret, sondern auch da sie täglich befunden, da-
selbsten ordiniret werden sollen; dergestalt nicht
allein der kirchendiener mit dem weiten nachreisen
verschonet, sondern auch die kirchen selbst mit
unnötigen kosten nicht beschweret und gleichwol
den kirchen nach notdurft geraten und geholfen
werden kan.
Und dieweil bei der ordination ein ganz be-
schwerlicher missbrauch eingerissen, wenn je zu
zeiten etliche ungeschickte ordinanden von den
herrschaften oder andern unsern unterthanen zur
ordination geschickt, das dieselbige auf der kirchen
kosten so lang an gemelten orten, da sie die ordi-
nation empfahen sollen, sich gehalten, bis sie
durch ein Studenten, oder jemand anders auf
etliche gewisse fragen abgerichtet, und da sie auf
dieselbige antworten können, wie sie abgerichtet
worden, alsdenn erst zur ordination zugelassen,
ungeachtet, das sie in heiliger schrift, altes und
neuen testaments, entweder wenig, oder gar nichts
gelesen noch verstanden, welche sich nachmals
allein auf die postill legen, und der kirchen
gottes nimmermehr nützlich dienen, die angefoch-
tenen nicht trösten, die irrenden mit bestendigem
grund gottes worts nicht berichten, noch falschen
lerern das maul stopfen können,
wollen *) wir hiemit die vom adel und andere
lehenherrn, denen kirchendiener mangeln, ernst-
lich erinnert und vermanet haben, das sie dieselbige
in unsern wolbestalten hohen schulen und univer •
siteten zu Leipzig und Wittemberg, suchen. Wie
wir denn der ursachen und unsern unterthanen
zu gnaden und gutem die anzal unserer Stipen-
diaten , so alle zumal allein in heiliger schrift

1) In der Separat-Ausgabe lautet dieser Absatz:
„wollen wir hiermit die edelleut und andere
lehenherrn, denen kirchendiener mangeln, ernstlich er-
innert und vermanet haben, das sie nicht allenthalben
ungelerte gesellen, oder verdorbene handwerksleute auf-
klauben, oder ihre schreiber, paedagogos, oder andere
politische personen priesterlich kleiden und auf die
pfarren zu stecken sich unterstehen, auf das sie sich
bei denselben desto leichter erhalten können, dargegen
an der pfarr järlichen einkommen etwas schwinden
lassen, oder die junkherrn vom pfarrgut, so ihnen ge-
legen ist, an sich ziehen oder aber sonsten den junk-
herrn zu hofdiensten, mit schreiben, register halten,
kinder leren und desgleichen, verbunden sein, sondern
das sie dieselbige in unsern wolbestalten hohen-
schulen und universiteten, zu Leipzig und Wittemberg,
suchen.“
 
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