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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0620
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592 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

und suspiciones gemeret werden, denn weil das
arme gemeine volk vormerkt, das etliche darhinter
steen, die sie doch nicht wissen noch seen können,
wer dieselbigen eigentlich seind, kriegen sie flugs
argwon, als seien dieselben wider das evangelium
oder schemen sich dasselbig zu horen, derhalben
wollten sie vorborgen ungekannt und vorgessen
sein, auch wo zuweilen dieselbigen die kopf zu-
samenstecken und villeicht aus notturft das aller-
beste reden, so will doch das schwache volk
meinen, sie reden villeicht wider die lere und
predigt.
Und weil sie auch nicht gewisslich wissen
mugen, wer denn hinder den gegittern steet, kriegen
sie wol vordacht auf personen, so gar nicht zu-
gegen seind, aus welchem allen vordacht nachrede
und allerlei unrichtickeit ervolget.
Domit nu solches alles vorkommen, auch das
volk durch gut exempel derer, so oben stehen und
mit christlicher ernstmutiger erbarkeit und zucht
gottes worts horen, zu gleicher zucht und ernst
gereizt werde, sollen alle solche gitter abgethan
werden, und ein jeder christ dem andern zur
besserung mit offentlicher horung gottes worts
dienen, und alles, das den andern hindern mocht,
selbst gern abstellen und unterlassen.

Wie mans mit den hochzeiten und
heiraten halten soll.
In diesen sachen soll die ordnung, so im
kleinen catechismo gestelt, gehalten werden, nem-
lich dass man alle brautgam und braut dreimal
offentlich in der kirchen aufbiete, das wo etliche
auf den abend für dem kirchgang heiligen wollen,
dieselben zuvor durch einen prediger oder caplan
zusammen geben, und ihn die ee bestetigt werden.
So aber etliche die wirtschaft auf einen tag
ausrichten, sollen für die kirchen zusammen geben
werde.
Die unterricht gebet und benediction soll
nach der form, so im kleinen catechismo gestellt,
für dem altar gehalten werden.
Und soll der breutgam dem cantori anzeigen
lassen, wenn er zu kirchen gehen will, domit der-
selbig mit etlichen knaben in der kirchen sein,
für und nach dem zusammengeben und benediciren
etwas singen.
Für solchs soll dem cantori eine suppen und
trunk oder ein gebürlich gelde als nemlich nach
altem herkommen gegeben werden.

So jemand ferrer gepreng haben will, der
mag bestellen, das figuriret und auf der orgel zu
eer und zu rum des heilig eestandes gespilt werde,
dorumb auch sein gebür geben.
Wie es mit den festen und feiertagen
gehalten soll werden.
Mit den festen und feiertagen soll es, wie es
in der gedruckten visitationordnung bevolen und
geordent, gehalten werden, und wie ein fest, das
zu halten were, irgend auf einen sonnabend, do
marktag ist, gefiel, und auf einen sontag die predig
desselben evangelii zu transferieren were, solchs
mit des superattendenten bedenken geschehen.
Dem schulmeister, supremo cantori und andern
schuldienern soll man auch die funeralia und
andere zugenge, wie vor, geben und reichen.
c) [Unmittelbar vorhergeht die „Christliche messe“,
s. S. 587 unter 4.]
Der burgermeister und rat hie zu Leipzik
sollen auch mit allem ernsten vleis mit allen iren
buchdruckern fürderlich schaffen, dass sie hin-
fürder nichts mehr wider lateinisch noch deuzsch
drücken sollen, das wider gottes wort und die reine
christliche leer ist, und jemandes zu schmach reicht,
und so oft man etwas drücken will, so soll es
dem supattendenten zuvor geweiset und angezeiget
werden.
Der superattendent dieses orts zu Leipzik ist
der her pfarrer doselbst aus viel bewegenden
ehrlichen ursachen.
In allwege sollen auch die pfarrer den cate-
chismus und letanei treulich füren und halten,
in ansehung das der christenheit viel daran ge-
legen ist.
So irrige ehesachen an den hern pfarrer und
superattendenten hie zu Leipzik in oder vor der
stadt oder auch aufm lande in diese superatten-
denz gehorig gelangen, so soll er dieselben bis
die consistorien aufgericht sampt seinen mitvor-
ordneten abhandeln und entscheiden,
Alles bis auf weiter verordnung nebst künf-
tiger unvorzüglicher eigentlicher visitation vermoge
fürstlicher instruction mit gottes gnaden und hülf
zu halten.
Geschehen zu Leipzik mittwochs Sixti anno
domini 1539.
 
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