Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0096
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Brandenburg-Ansbach-Kulmbach I

was unser begern und fürnemen ist, des du dich auch
fürtran halten solst.
Erstlich so werden wir dich für kain herren, sun-
der allain für ein knecht und diener der gemaind er-
kennen, das du nit uns, sunder wir dir zu gebieten
haben, und bevelhen dir demnach, das du uns das
evangelion und wort Gotes lauter und klar nach der
warheit (mit menschenlere unverhenkt3 und un-
befieckt) treulich vorsagest.
Zum andern, das du in der gemain und kirchen
dem evangelion mit der tat nachfarest als ein ge-
treuer diener Jesu Christi. Das sacrament des testa-
ments Jesu Christi soltu austailen und anders damit
nit handeln, dann wie uns der Herr gelernt und be-
volhen hat.
Desgleichen auch soltu mit dem sacrament der
tauf handeln offenlich, das meniglich versteen möge
und des erinnert werde. Was aber anders unnützen
dings und gotzlesterlichen wesens ist, soltu dich genz-
lich und gar entschlachen, allain bei dem ewigen und
einigen wort Gotes bleiben, dich durch kainerlei weis
weder durch menschenlere noch gebot davon leiten
oder schrecken lassen, wie dann einem rechten hir-
ten zugehört. Wo du dasselbig tun wurdest (wie ge-
melt ist), wöllen wir dich als ein rechten hirten und
getreuen diener Jesu Christi erkennen.
So du aber das widerspil halten wöltest, dich für
ein herrn fürgeben, deins gefallens leben, soltu wissen,
das wir dich nit allain für ein ungetreuen diener erken-
nen werden, sunder al seinen reißenden wolf bis ins
netz verfolgen und dich kainsweg bei uns gedulden.
Item dieweil wir verschiner zeit von der pfaffhait
manigfeltig sein bemüet und angefochten worden,
als mit opfern, seelgerecht4, belonungen5 und andern
3 = unverwickelt (Schmeller 1, 1133).
4 Das vieldeutige Wort (Schmeller 2, 165f.) ist hier
nicht im Sinne eines freiwilligen Vermächtnisses zum
Heil der eigenen Seele (= Seelgerät) gebraucht, son-
dern im Sinne einer pflichtmäßigen Beteiligung des
Pfarrers an der Erbschaft (= Seelrecht, mortua-
rium), die aus der Übertragung des Rechtes eines
Leibherrn auf die Hinterlassenschaft seines Leib-
eigenen auf den Pfarrer entstanden ist. Sie war vor-
wiegend im altbayerischen Raum üblich (Meurer,
Chn., Bayerisches Kirchenvermögensrecht. 2. Das
Pfründerecht [Stuttgart 1901] 330—333. — Lex, Pe-
ter, Das Mortuarium, in: Theologisch-praktische
Monatsschrift. 12 [Passau 1902] 244-247). — Der
Pfarrverweser in Wendelstein verlangte bei jedem

erdichten dingen, dadurch wir in unkosten sein ge-
fürt worden. Und so wir nun durch das evangelion
bericht werden, das es der Herr umbsunst gibt
[Matth. 10,8] und nit umb gelt sol verkauft werden,
ist das unser mainung und endlicher beschluß das
man weder dir noch einem andern solcher ding aus
gerechtigkait6 kains geben sol.
Seind7 aber die diener des worts (bei denen, so sie
das wort verkündigen) enthaltung und leibs notturft
gewarten und haben sollen, ist uns gut wissen, das
ditz ampt oder pfarr von unsern voreltern sein be-
gabung hat8, davon gemainer diener und pastor sein
enthaltung haben kan und sol, davon wir (als vom
lehen) nicht willens sein, etwas zu nemen solcher zu-
gehöre, nemlich etlich zins, holzmark, wisen und
ecker, wie die dann verraint und verstaint sein.
Magstu dich zur leibs notturft, als ein getreuer die-
ner, wie oben begriffen ist, gebrauchen. Was aber
uber das vorhere durch ander unbililch begert und
von den scheflein Christi geschunden ist, des soltu
kain ferner anfordrung haben, sunder dich an sol-
chem (wie billich) genügen lassen.
Item: ob sich begeben wurde, das du gegen einem
oder mer pfarrverwanten zuspruch und anklag ver-
mainst zu haben, soltu kainen weder gen Eistet9
noch anderswo fürwenden dann für sein verordenten
richter und herschaften. Dergleichen sol es auch mit
dir gehalten werden, das dich kainer anderst be-
mühen sol dann für den richter hie oder unser gne-
dig herrn die marggrafen etc. oder an irer fürst-
lichen gnaden stat für irer gnaden amtleuten zu
Schwabach.
Item: es begibt sich je zu zeiten, das man die kran-
ken in eußern dörfern, die in die pfarr gehören10, mit
Sterbefall 70 Pfennige als Seelrecht und die Bestel-
lung (als Pflicht) von drei Seelmessen am 1., 7. u.
30. Tag zu je 14 Pfennigen und 3 Opferlichtern von
1 Pfund Wachsgewicht (NLA MKA 1022 f. 16ff.)
5 = Stolgebühren.
6 = auf Grund eines klagbaren Rechtsspruchs.
7 = sintemal, weil
8 Über die Stifter der Pfarrpfründe ist nichts bekannt.
9 Dort saß der zuständige Bischof.
10 Zu Wendelstein gehörte außer zahlreichen kleineren
bis zu über 10 km entfernten Ortschaften vor allen
Dingen das 1 ½ km entfernt gelegene Dorf Raubers-
ried (im Text steht infolge eines Druckfehlers K.
statt R.).

78
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften