Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0108
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Brandenburg-Ansbach-Kulmbach I

aufgenumne caplön oder helfer sein oder durch uns
oder unsere bevelchhaber darzu berufen oder ver-
ordent werden. Und ob sich jemant anders zu pre-
digen understeen würde, das sollen unsere ambtleut
nit gedulden oder zulassen, sunder dieselbigen zu ge-
fengnus annemen und fürter die sach an uns gelan-
gen lassen, unseren weiter beschaid zu empfahen
und demselben volg zu tun.
Und nachdem itzt algereit gemeinglich an allen
orten pfarherrn, prediger und caplön sind, söllen
unsere ambtleut denselben allen auch sagen und be-
velhen, sich mit dem predigen, wie obstet und an-
derst nit, zu halten. Das auch kein pfarherr dem
andern in kein weg in sein pfarr greif, sunder das
ein jeder pfarherr sein pfarr mit seinen caplönen
allein versehe, wie sich gespürt. Wo aber an etlichen
orten vilial, die durch sunder priester versehen weren,
sol denselben hiemit nichts benummen sein. Und
welcher sich anderst helt, das sollen uns unsere
ambtleut anzeigen und derselb nach seiner verwür-
kung darumb gestraft werden.
Et sol auch kein pfarherr kein caplon on unser
oder unser ambtleut wissen und willen, aufnemen.
Und die selben priester, die also zu caplön auf-
genummen werden, sollen auch zuvor dem ampt-
man schriftlich oder sunst glaubhaftig urkund an-
zeigen, was lebens und herkummens sie sind, auch
wie sie von irer herrschaft abgeschiden sein. Und der
caplön halben, die vor allgerait in unsern landen auf-
genummen sein, sol durch unsere ambtleut an einem
jeden ort dergleichen einsehen auch geschehen.
Von der meß, ob die in lateinischer oder teutscher
sprach soll gehalten werden.
Dieweil in unsern landen und fürstentumben an
etlichen orten teutsch und an etlichen orten latei-

8 = verhindern, verhüten (Schmeller 1, 1248).
9 Naeh der Vorschrift der römischen Messe mußten sie
leise gesprochen werden.
10 Näheres ist nicht bekannt.
11 Damit wurden also - nach dem Vorgang Nürnbergs
während des Bauernkrieges (Engelhardt 1, 197)
— sämtliche Stolgebühren der Geistlichen abgeschafft.
Das sieht sehr nach einem Entgegenkommen gegen
noch aus dem Bauernkrieg stammende soziale For-
derungen der Gemeinden aus. Die Stolgebühren sind
aber späterhin im ganzen Lande ganz selbstverständ-

nisch meß gehalten werden, daraus nun allerlei zwai-
ung und widerwillens volgt, dasselbig aber zu ver-
kummen8, sol nun füran lateinisch meß gehalten
werden bis auf ein gemein, christlich concilium oder
nationalversamlung oder unsern weitern bescheid.
Doch sol ein jeder priester, der meß list, die epistel
und das evangelium teutsch und verstendig lesen.
Welcher aber ein ampt singt, der sol die epistel und
das evangelion füraus lateinisch singen, wie bishere
gescheen ist. Doch alsbald er die epistel oder evan-
gelion gesungen hat, sol er sich am altar umbwen-
den und darnach solch epistel und evangelion dem
volk teutsch auch sagen.
Es sollen auch die verba consecrationis in allen
ampten der meß in lateinischer sprach mit offen-
lichen, lauten worten9 gelesen werden.
Item man mag auch wol etliche teutsche christ-
liche gesang und psalmen under den ampten der
meß singen, die zu andacht und besserung der chri-
stenlichen gemeine dienen, wie dieselben von uns
hiebei10 verordent sind.
Und nachdem ein großer mißbrauch gewesen ist,
das die christenlichen undertanen gegen raichung
und entpfahung der heiligen sacrament haben sun-
derlich gelt geben müssen, derhalben geacht und ge-
sagt worden, das man die heiligen sacrament umb
gelt verkauf, soll solchs füran genzlich abgestelt sein
und hinfüro in unsern fürstentumen und gebieten
die heiligen sacrament, desgleichen die einlaitung
der hochzeiten, der kindbeterin und begrebnus
außerhalb, was den kirchnern oder todengrebern für
ir ordenliche belonung gepürt) on bezalung einichs
gelts frei, vergeblichen und umb Gots willen gereicht
und geton11, auch niemands zu haltung einicher be-
gengnus, sibenden oder dreißigsten12 eins abgestor-
bnen bezwungen werden.
liche Einrichtungen, ohne daß etwas über eine Wie-
dereinführung angeordnet wurde. Sie scheinen also
überhaupt nie außer Brauch gekonnnen zu sein. Ihre
Abschaffung scheint also nicht auf Forderungen sei-
tens der Gemeinden zurückzugehen. - Zu der hier
genannten Einleitung (Aussegnung) der Wöchnerin-
nen vgl. S. 322 Anm. 8 und S. 177 Anm. 12!
12 = Seelenmesse bei der Beerdigung und Gedächtnis
des Verstorbenen mit Seelenmesse am 7. bzw. 30.Tag
nach dem Tod oder der Beerdigung (LThK 3, 457;
S, 833).

90
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften