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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0274
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

sol gehn. Dann wann wir Gottis wort hören und
glauben und wolten gern darnach leben, so tut es
dem Satan zorn und wolts gern hintern, richtet an
falsche leer und schwermerei, krieg und aufrur,
lesterung und vervolgung. Darzu hilft ihm dann die
böse welt, und unser eigen flaisch fichtet uns auch
an. Wann wir nun bitten und sprechen: Dein will
geschehe, so bitten wir nicht allein, das wir und ander
leut seine gepot mögen halten, sonder wir bitten
auch, das dem Satan und der bösen welt und unserm
eigen flaisch sein will nicht sol für sich gehn, sonder
Gottis will sol allein für sich gehn, auf das frid und
rue in der welt bleib und das wort Gottis gepredigt
werd und wir christlich und seliglich in aller erbar-
keit darnach leben.
Dieweil und dann Christus unser lieber Herr also
hat haißen peten, und uns zugesagt, was wir den
Vater in seinem namen bitten, das wöl er uns geben,
so sollen wir festiglich glauben und nicht zweifeln,
er werde auch dis unser gepet erhören und dem Sa-
tan und der bösen welt ihre böse, untreue, giftige
anschleg nicht lassen für sich gehn, sonder uns vor
ihrem lestern und vervolgen bewarn, das wir bei sei-
nem heiligen wort mögen bleiben und frid haben.
Darumb sollen wir getrost und großmütig sein, und
sein götlich wort fleißig hören und frölich beken-
nen. Dann er spricht (Mat. 10 [32f.]; Luc. 12 [8]):
Wer mich bekennet vor den menschen, den wil ich
auch bekennen vor meinem himelischen Vater. Wer
mich aber nicht bekennet, den wil ich vor meinem
himelischen Vater auch nicht bekennen.
Auch solt ihr das mit sonderm fleis merken und
in das herz bilden, meine liebe kindlein, das wir in
disem gepet in allerlei leiden bewilligen, das uns in
diser welt begegnen kan, dann wann wir bitten, das
sein götlicher will sol geschehen, so verzeihen wir
uns1, das unser eigner wil nicht sol geschehen. Es
ist aber gemainklich unser will, das wir gern gesund,
reich, ehrlich und fridlich leben wolten. Dargegen
aber ist es der will Gottis, das wir das creuz tragen
und leiden sollen, wie Christus gelitten hat. Darumb
spricht Paulus zun Römern (Rom. 8 [29]): Welche
gott zuvor fürsehen, das ist: zum ewigen leben ge-
ordnet hat, die hat er auch verordnet, das sie gleich
1 sich eines Dinges verzeihen = sich etwas versagen
(Schmeller 2,1104).

sein solten dem ebenbild seines Sons. Darumb spricht
auch Christus (Luc. 9 [23]): Wer nicht sein creuz auf
sich nimpt teglich und volget mir nach, der kan nicht
mein junger sein.
Es ist aber kein bös zeichen, wann uns Gott lei-
den zuschickt; dann er züchtigt ein jedes kind, das
er aufnimpt, und wer der zucht oder des leidens
nicht tailhaftig ist, der ist nicht ein recht Gottis
kind, sonder ein basthart, wie der apostel zeuget
(Heb. 12 [8]). So spricht auch Salomon (Pro. 3
[12]):Wen Gott lieb hat, den züchtigt er. Darumb
solt ihr, meine liebe kindlein, gedultig sein und gern
leiden, wann euch Gott krankheit oder armut oder
unverdiente schand oder unverdientes leiden und
vervolgung zuschickt; dann es ist ein zeichen, das
er euch lieb hat, und euch dardurch vor sunden be-
hüten und euern eigen willen prechen wil, das ihr
ein wolgefallen gewinnet an dem willen Gottis. Das
ist dann ein rechte himlische und engelische tugend.
Ir seids auch schuldig zu tun; dann in der tauf
hat Gott ein solchen pund mit uns gemacht, das wir
sollen mit Christo zu gleichem tod begraben sein,
das ist: wir sollen leiden und sterben wie er, so wil
uns Gott widerumb lebendig machen und in himel
setzen, wie der Herr Christus wider lebendig worden
und gen himel gefarn ist.
Darumb, meine liebe kindlein, merkts mit fleis
und seid gedultig in allerlei leiden, es sei krankheit
oder armut oder schand oder vervolgung; dann es
ist der will Gottis, das wir leiden sollen! Darumb
spricht auch Christus (Luce. 21. [21]): Es wirt euch
nicht ein har von eurm haubt fallen on den willen
euers Vaters im himel. Und wann euch die ungedult
anfichtet im leiden, so ruft Gotternstlichernstlich an, das
er euch gedult verleihe, und sprecht: Dein wille ge-
schehe und nicht der mein, wie uns der Herr Chri-
stus in disem gepet geleret und selbs auch geton hat.
Das ist nun die mainung und der einfeltig recht
verstand diser dritten bitt, nemlich: Gottis guter
gnediger will geschicht wol auch on unser gepet.
Aber wir bitten in disem gepet, das er auch bei uns
geschehe. Das geschicht dann, wann Gott alle bösen
rat und willen pricht und hindert, so uns den namen
Gottis nicht heiligen und sein reich nicht zu uns

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