IV 17. Konsistorialordnung 1594
und do solche besserung auch nicht erfolget und
dieser ärgerlichen person halben weiter clag und be-
richt irer verbrechung halben von den verordneten
des consistorii an uns gelangen wird, soll alsdann
nach gelegenheit irer verwirkung die straf mit ent-
setzung und in andere weg bedacht und vorgenomen
werden.
Gleicher proceß soll auch mit den pfarkindern
durch die verordnete dechan und ire capitulsver-
wandte pfarrherrn gehalten und, da die gradus ad-
monitionum gegen ihnen ohne frucht vorgenommen
die verbrechung durch die consistorialn an uns mit
notwendigem bericht gewiesen werden und darauf
von uns oder an unser stadt der regierung gebuer-
liche erkantnus und execution ervolgen, damit die
offentlichen laster und argernus an kirchen- und
schueldienern sowol, auch an andern unsern under-
tanen, bei denen die gradus admonitionum nicht
haften noch fruchten wollen, ernstlich gestraft und
so vil muglich gute disciplin, zucht und erbarkeit bei
lehrern und zuhörern gepflanzet und erhalten werde.
Do sich aber jemand uber unser zuversicht under-
stehen wolt, dasjenige, was die consistorialn der
ärgerlichen, unbuesfertigen personen halben an uns
berichtet, zue underdrucken oder allerlei riegel zu
verhinderung der execution zu underschieben, sollen
die consistorialn nicht allein macht haben, sondern
ihnen auch hiemit von uns bevolen und auferlegt
sein, uns desselben, sobald sie es in erfarung brin-
gen, nochmals undertenigst zu erinnern, damit die
gebuer unnachlesslich furgenomen und dem ärgernis
bei zeit gesteuert werde.
27 Fast wörtlich aus Sachsen (Sehling 1, 426).
28 Eine Schauergeschichte von den Folgen einer sol-
chen Taufverweigerung erzählt nach einem Brief Veit
Dietrichs vom 24. Juni 1544 und dessen Verwendung
durch Melanchthon in: Joh.Manlius, Locorum com-
munium collectanea (Frankfurt 1565)285. Sie schließt
mit dem Hinweis, „sacerdotes esse ministros et non
dominos sacramentorum“. Ein entsprechender Vor-
fall läßt sich aus den Nürnberger Kirchenbüchern,
aber wohl auch sonst in Nürnberg nicht nachweisen.
29 = Taufpaten (Schmeller 1, 633f. — Grimm
2, 1312).
30 Näheres über diesen abergläubischen Mißbrauch,
von dem hier nicht einmal klar ist, ob er in Form
der „weißen“ Magie durch die Angehörigen selbst
geübt werden sollte, oder ob nur die Verwendung zur
„schwarzen“ Magie seitens Fremder verhütet wer-
IIII.
Von der heiligen tauf27.
Es soll kein pfarherr oder kirchendiener die jun-
gen kindern umb irer eltern sund und unbuesfertig-
keit willen mit der tauf aufziehen oder aber aller-
ding ungetauft ligen lassen28. Demnach wann sich
begeben wird, das kinder außerhalb der ehe geborn
und zue der heiligen tauf gebracht, sollen zwar die
pfarrer vermög der kirchenordnung nach dem vater
des kinds fragen, aber doch nicht lang mit denen,
so die tauf bei ihnen suchen, von des kinds vatern
disputiren, sondern auf begern das kind alsobald
taufen und uns, der obrigkeit, solches vermelden.
Wollen wir uns vermög der policeiordnung darauf
der gebuer mit notdurftigem nachfragen und strafen
zu verhalten wissen.
Und nachdem an etlichen orten gebreuchlich, das
die baursleut die kinder, sobald sie getauft, durch
die taufdoten29 in die würtsheuser dragen lassen,
daraus mehrmals großer unrat entstanden, soll bei
ernstlicher straf solcher brauch abgeschafft, desglei-
chen durch die pfarrherrn jederzeit das paursvolk
ernstlich erinnert und vermanet werden, damit die
kinder nach empfangener tauf wol verwart alsbalden
widerumb zu haus gebracht werden.
Weil an etlichen orten noch von der papistischen
zauberei geblieben, das die mesner das übergeblie-
bene taufwasser verkaufen30, wie auch etliche mit
den ubergebliebenen ostien handlen, welche nach-
mals zur zauberei gebraucht31, sollen die pfarrherr
den sollte, ist kaum bekannt. (Einiges z.B. Bäch-
told2, 812; 7, 909; 8, 35). In Wunsiedel suchte noch
im 18. Jahrhundert die Hebamme das Zahnfleisch
des Täuflings mit dem eben gebrauchten Taufwasser
zu reiben, um das Zahnen zu erleichtern (Ruck-
deschel, Geschichte der... Stadt Wunsiedel [Wun-
siedel 1855] 275). Das Nürnbergische Kinderlehr-
büchlein von 1628 hielt es noch in seiner Ausgabe
von 1854 nicht für unnötig, in Frage 478 zu fragen:
„So wird es ein lauter Aberglaube sein, daß ihr et-
liche mit dem gebrauchten Taufwasser dies oder jenes
tun und ausrichten wollen?“. - Gegen solchen Aber-
glauben auch Franz Kolb in Wertheim, vgl. unsere
Nr. XII 1, S. 707.
31 Der mittelalterliche Aberglaube, der vom Besitz kon-
sekrierter Hostien alles irdische Glück und Heil er-
hoffte und zu vielen heute noch verehrten Hostien-
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und do solche besserung auch nicht erfolget und
dieser ärgerlichen person halben weiter clag und be-
richt irer verbrechung halben von den verordneten
des consistorii an uns gelangen wird, soll alsdann
nach gelegenheit irer verwirkung die straf mit ent-
setzung und in andere weg bedacht und vorgenomen
werden.
Gleicher proceß soll auch mit den pfarkindern
durch die verordnete dechan und ire capitulsver-
wandte pfarrherrn gehalten und, da die gradus ad-
monitionum gegen ihnen ohne frucht vorgenommen
die verbrechung durch die consistorialn an uns mit
notwendigem bericht gewiesen werden und darauf
von uns oder an unser stadt der regierung gebuer-
liche erkantnus und execution ervolgen, damit die
offentlichen laster und argernus an kirchen- und
schueldienern sowol, auch an andern unsern under-
tanen, bei denen die gradus admonitionum nicht
haften noch fruchten wollen, ernstlich gestraft und
so vil muglich gute disciplin, zucht und erbarkeit bei
lehrern und zuhörern gepflanzet und erhalten werde.
Do sich aber jemand uber unser zuversicht under-
stehen wolt, dasjenige, was die consistorialn der
ärgerlichen, unbuesfertigen personen halben an uns
berichtet, zue underdrucken oder allerlei riegel zu
verhinderung der execution zu underschieben, sollen
die consistorialn nicht allein macht haben, sondern
ihnen auch hiemit von uns bevolen und auferlegt
sein, uns desselben, sobald sie es in erfarung brin-
gen, nochmals undertenigst zu erinnern, damit die
gebuer unnachlesslich furgenomen und dem ärgernis
bei zeit gesteuert werde.
27 Fast wörtlich aus Sachsen (Sehling 1, 426).
28 Eine Schauergeschichte von den Folgen einer sol-
chen Taufverweigerung erzählt nach einem Brief Veit
Dietrichs vom 24. Juni 1544 und dessen Verwendung
durch Melanchthon in: Joh.Manlius, Locorum com-
munium collectanea (Frankfurt 1565)285. Sie schließt
mit dem Hinweis, „sacerdotes esse ministros et non
dominos sacramentorum“. Ein entsprechender Vor-
fall läßt sich aus den Nürnberger Kirchenbüchern,
aber wohl auch sonst in Nürnberg nicht nachweisen.
29 = Taufpaten (Schmeller 1, 633f. — Grimm
2, 1312).
30 Näheres über diesen abergläubischen Mißbrauch,
von dem hier nicht einmal klar ist, ob er in Form
der „weißen“ Magie durch die Angehörigen selbst
geübt werden sollte, oder ob nur die Verwendung zur
„schwarzen“ Magie seitens Fremder verhütet wer-
IIII.
Von der heiligen tauf27.
Es soll kein pfarherr oder kirchendiener die jun-
gen kindern umb irer eltern sund und unbuesfertig-
keit willen mit der tauf aufziehen oder aber aller-
ding ungetauft ligen lassen28. Demnach wann sich
begeben wird, das kinder außerhalb der ehe geborn
und zue der heiligen tauf gebracht, sollen zwar die
pfarrer vermög der kirchenordnung nach dem vater
des kinds fragen, aber doch nicht lang mit denen,
so die tauf bei ihnen suchen, von des kinds vatern
disputiren, sondern auf begern das kind alsobald
taufen und uns, der obrigkeit, solches vermelden.
Wollen wir uns vermög der policeiordnung darauf
der gebuer mit notdurftigem nachfragen und strafen
zu verhalten wissen.
Und nachdem an etlichen orten gebreuchlich, das
die baursleut die kinder, sobald sie getauft, durch
die taufdoten29 in die würtsheuser dragen lassen,
daraus mehrmals großer unrat entstanden, soll bei
ernstlicher straf solcher brauch abgeschafft, desglei-
chen durch die pfarrherrn jederzeit das paursvolk
ernstlich erinnert und vermanet werden, damit die
kinder nach empfangener tauf wol verwart alsbalden
widerumb zu haus gebracht werden.
Weil an etlichen orten noch von der papistischen
zauberei geblieben, das die mesner das übergeblie-
bene taufwasser verkaufen30, wie auch etliche mit
den ubergebliebenen ostien handlen, welche nach-
mals zur zauberei gebraucht31, sollen die pfarrherr
den sollte, ist kaum bekannt. (Einiges z.B. Bäch-
told2, 812; 7, 909; 8, 35). In Wunsiedel suchte noch
im 18. Jahrhundert die Hebamme das Zahnfleisch
des Täuflings mit dem eben gebrauchten Taufwasser
zu reiben, um das Zahnen zu erleichtern (Ruck-
deschel, Geschichte der... Stadt Wunsiedel [Wun-
siedel 1855] 275). Das Nürnbergische Kinderlehr-
büchlein von 1628 hielt es noch in seiner Ausgabe
von 1854 nicht für unnötig, in Frage 478 zu fragen:
„So wird es ein lauter Aberglaube sein, daß ihr et-
liche mit dem gebrauchten Taufwasser dies oder jenes
tun und ausrichten wollen?“. - Gegen solchen Aber-
glauben auch Franz Kolb in Wertheim, vgl. unsere
Nr. XII 1, S. 707.
31 Der mittelalterliche Aberglaube, der vom Besitz kon-
sekrierter Hostien alles irdische Glück und Heil er-
hoffte und zu vielen heute noch verehrten Hostien-
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