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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0417
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IV19. Verzeichnüs, wie es in beden kirchen alhie
zue Feuchtwang gehalten würd (1563).
I.
Wie die pfärlichen recht die wuchen über an feier- und werktägen in der pfarr-
kirchen täglichen verrichtet werden.

1. Von der früepredigt und communion
An sontägen.
Im sumer nach siben, in dem winter umb acht
uhren hebt der schulmeister mit den schulern die
communion, die ein diaconus helt, mit ainem latei-
nischen introit an, volgt das Kyrie eleison etc., Et
in terra pax etc., collecta teutsch. Als dann würdet
ein lection durch den andern diaconum aus den epi-
stohs sanct [orum] Paub, Petri etc.vornen angefan-
gen1 teutsch gelesen. Darauf jetziger zeit von wegen
gegenwärtigs sterbens2 und kriegsläuften3 man die
letanei singet und dise mit einem gebet beschleist.
Darnach volget ein andere lection aus ainem evan-
gelisten mit dem ersten evangelisten Matheo angefan-
gen4. So aber die letanai nit gehalten wurdet, singet
man dafür ain alleluja oder ainen teutschen psalmen.
Auf das liset ain diacon die sechs stuck des catechismi
der jugend und den ainfältigen teutlich und under-
schidlich für. Darnach ainen sonntag das symbolum
Credo in unum Deum Patrem omnipotentem etc,
den andern sontag den glauben5. Darauf Kum Hai-
liger Geist. Als dann predigt der pfarher. Nach der
Druckvorlage: Original(NStA[Rep. 165a]Nr. 623f.
534-538). — Modernisierte Ausgabe: K. Schorn-
baum, Zum gottesdienstlichen Leben Feuchtwangens
im 16. Jahrhundert, in: Siona 31 (1906) 207 bis 213.
1 Also nicht die altkirchlichen Perikopen, sondern lec-
tio continua.
2 DiedamalsinweitenTeilen Süddeutschlands wütende
Pest ließ in Nürnberg vom 29. Aug. bis 20. Nov.
1562 bei einer Einwohnerzahl von rund 30 000 die
Todesfälle auf 5451 — ohne die Kinder! - steigen. Sie
fand hier im Mai 1563 ihr Ende. (W. Jungkunz,
Die Sterblichkeit in Nürnberg..., in : Mitteilungen
des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 42
[1951] 296 f.)
3 Der französische Religionskrieg (Blutbad von Vassy
am 1. März 1562) und die damit in Zusammenhang

predigt geschicht die vermanung6 vor dem nacht-
mal und wurdet alles völlig laut der kirchenordnung
verrichtet.
Das weret, wo schon nicht vil communicanten vor-
handen, uber die zwo stund bis uber 9 oder halb 10
oder schier auf zehen uhren.
Wo aber nicht communicanten vorhanden (das
doch gar selten geschicht), wurdet es allerdings der
gestalt bis zur vermanung vor dem abentmahl
- doch durchaus teutsch - gehalten und nach der
predig mit dem psalmenvers Es woll uns Gott ge-
nedig sein etc. oder mit ainem andern und mit dem
segen beschlossen.
Verlengt sich etwan alles bis auf anderhalb stund
oder mer.
An feiertägen
So communicanten vorhanden oder nicht, helt
mans durchaus wie am sontag, allain das anstatt der
6 stuck des catechismi das lang, geschriben gebet
gehalten wurde also anfahend7, und geschicht hier-
auf die predig durch den pfarhern, alles auf ander-
halb stund oder etwas darüber, das es vor 9 uhren,
stehenden Werbungen in Deutschland, die zugleich
die schon seit der Ermordung des Bischofs Melchior
von Würzburg (1558) spielenden eigentlichen sog.
Grumbachischen Händel vorbereiteten (M. Ritter,
Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenrefor-
mation... 1 [Stuttgart 1889] 231ff. - Fr. Ortloff,
Geschichte der Grumbachischen Händel 1—4. Jena
1868).
4 Also wieder nicht die altkirchlichen Perikopen, son-
dern lectio continua.
5 Die Satzkonstruktion ist nicht deutlich; wahrschein-
lich ist hier ,,singt man“ ausgelassen.
6 = S. 195 f.
7 In der Handschrift ist eine kleine Lücke freigelassen.
Daß ihre Ausfüllung unterblieb, wurde schon von
den Examinatoren bemerkt.

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