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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0508
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Nürnberg II

zum lesen, studirn und meditirn. Da mustu ein kind-
lin taufen, dort einen kranken trösten, da einen un-
wissenden unterrichten, dort ein angefochtnes ge-
wissen aufrichten. In summa: alle stund hast du ur-
sach, mit Got und seim wort umbzugehen, das du
zum reich Gottes helfen und wider des Teufels reich
mit dem wort und sacrament streiten must, und ist
nit möglich, wo du solchs mit ernst tust, das dus nit
genießen und von tag zu tag im glauben und erkent-
nus soltest zunemen und ein feiner christ werden.
Darumb heißet der heilig S. Paul solches leben und
ambt billich ein köstliches werk, das für Got, für sei-
nen engeln und lieben heiligen das teurest, köstlichest
und edlistes [!] werk ist, da du zugleich Gott im
himel, dein nechsten auf erden und dir selb dienest,
das er und du solches diensts in ewigkeit wirst ge-
nießen, da dagegen die welt mit allem, was sie für
köstlich und edel helt, zu grund fallen und mit feur
muß verzeret werden.
Das aber, wie oben gemeldet, fehrligkeit in sol-
chem stand mer denn sonst ist, wolan, das ist uns
auch nit schad. Denn erstlich, so uns etwas ubels be-
gegnet unsers ambts und des worts halb wissen wir,
das es uns umb des Herren Christi willen begegnet,
wie er spricht: So ir von der welt weret, würde die
welt das ire lieben. Weil ir aber nit von der welt seid,
sonder ich hab euch von der welt auserwelet, so has-
set euch die welt [Joh.15,19]. Was wil nun anders
folgen denn, so wir umb des Herren Christi willen
leiden, das er zu uns setzen und in solchem leiden
uns nicht will stecken lassen ? So ist es am tag, das
es uns gut und nütz ist, das es uns nit allweg nach
unserm willen geht. Denn das creuz drucket den
alten Adam und lehret uns beten und Got rechten
gehorsam leisten. Zum dritten ist der trost da: Wer
treulich arbeitet, dem sol auch reichlich gelonet wer-
den, wie sonderlich Daniel sagt: Die lerer werden
leuchten wie des himels glanz und die, so vil zur ge-
rechtigkeit weisen, wie die sternen immer und ewig-
lich [12,3].
Darumb, lieben herren und brüder, weil euch Gott
zu solchem ambt gefodert hat, vergesset des heiligen
Pauli wort nit, das ir ein köstliches ambt habt! Seid
derhalb fleißig und haltet treulich an mit lehren, ver-
1 = weh tun, befremdlich vorkommen (Schmeller
1,98).

manen und trösten! Last euch der welt undank nicht
matt noch müde machen! Sehet auf die künftige be-
lohnung in jener welt. Denn die jetzige welt ists nit
wert. Ja, sie ist vil zu arm dazu, das sie kirchen-
diener solte oder könte halten nach ihrem verdienst.
Es gehört ein ander dazu, der nit gelt und gut, welchs
zeitlich ist und wenig hilft, sondern das ewige leben
und ewige freud gibt. Derhalb, so die welt ubel loh-
net, ihr müst euch leiden. Ein jeder baur, burger will
seine füß an euch wischen. Wer euch nemen, abdrin-
gen, deuschen, verforteilen kan, der tuts mit allem
willen. Lasset euch solches nicht and tun1 noch un-
willig machen! Es schadet euch nit; sie aber wer-
dens einmal teuer gnug bezalen müssen. So solt irs
für Got und seinen engeln reichlich ergezt werden.
Haltet nur treulich an mit reiner lehr! Hütet euch
für allem ergernus! Last euch den geiz und die bauch-
fülle an eurem ambt nit hindern, auf das ir erfunden
werdet treue arbeiter in des Herren weingarten und
fleißige hendeler, die ir eur pfund nicht habt feiren
lassen, sonder vil damit gewonnen.
Denn je, wie der heilige Paulus sagt: Wer eins
bischofs ambt begeret, begeret ein köstliches werk.
Dagegen alles, was in der welt ist, ist wie scherben
und stein gegen das beste gold und die schönesten
berlin2. Wil es die welt dafür nit halten noch erken-
nen, so laß sie es und sehe, wo Gottes wort und recht-
schaffene prediger nit mer sind, was sie behalten und
wie es ihr gedeihen wer! Denn je der Got noch lebet,
der je und je ob seim wort gehalten und ee alles zu
grund umbkeret hat, denn das ers hat wöllen ver-
achten lassen. Darumb seit in solchem herrlichem,
gutem und nötigem ambt fleißig und zu solchem köst-
lichem werk lustig und willig und danket eurem Gott
im himel (es gehe euch der narung und anders zeit-
lichen halb wie es wölle) von herzen, darumb, das
er euch zu solchem ambt und köstlichem werk be-
rufen und euch ein rechtes herz geben hat, das ihr
nicht wie die blinden papisten auf den bauch, sonder
auf euers Gottes im himel wort und willen sehet! Ach
Gott, wer kan immer mer solcken schaden gnugsam
beweinen. Sie sind zu solchem köstlichen werk auch
berufen. Aber umb des leidigen judaspfennig willen,
da sie Gottes wort den leuten solten fürtragen, gehen
2 = Perlen.

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