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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0529
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V 1 Agendbüchlein Veit Dietrichs 1545

geben hat, auf das du und wir alle durch ihn zum
ewigen leben kommen und von sünden und tod er-
löset würden! (R: Was man tun sol, wenn man das
Nachtmal des Herrn esseb) Für solche woltat for-
dert der liebe Herr nichts denn, das wirs nit verges-
sen, sonder sein testament oft brauchen und suchen
sollen, wie er spricht: Tut solches zu meinem ge-
dechtnus, so oft ihrs tut! Als wolte er sagen: Ver-
gesset ja mein nicht! Sonst werd ir kein trost weder
im himel noch erden finden, wenn ihr mein verges-
set.
Denn da ist je niemand, der für uns gestorben sei
denn allein unser lieber Herr Christus. Niemand ist,
der uns von sünden könne ledig machen. Niemand
ist, an dem Gott ein wolgefallen hab außerhalb Chri-
sto. Derhalb sollen wir sein nicht vergessen. Das ist:
cwir sollenc unsere herzen damit trösten, das er für
unsere sünd bezalet und mit seinem sterben uns vom
ewigen tod erlöset und durch sein auferstehung uns
den weg zum ewigen leben geoffnet hat.
So wir solches trosts nit vergessen und dise wol-
tat Christi fest in unserm herzen behalten, so wird
uns alles leicht werden, was uns auf erden mag zu-
stehn. Dein krankheit tut dir wehe und du lest dich
gedunken, du wöllest aller welt güter wenn du sie
hettest, drumb geben, das du ihr entlediget würdest.
(R: 1. Krankheit widerfert aus Gottes willend). Nun,
bist du ein christ, so kanst du dich erstlich aus dem
Vater unser erinnern, das du dein lebtag Gott ge-
beten hast, das sein will auf erden geschehe wie im
himel. Wirdst derhalb erstlich dich gedultig in Got-
tes willen geben; denn es je nit dein wil ist, das du
jetzo so krank ligst. So weist du, wo es Gottes wil
nit wer, so könte kein creatur im himel noch auf
erden dir schaden tun, wie Christus sagt, es könne
nit ein herlin von unserm haubt fallen on den willen
unsers Vaters im himel [Matth. 10,29f.].
Ja, sprichtu, ist es dann Gottes will, das ich so
elend da krank lig und solche schmerzen leid? Wie
kan er so unbarmherzig sein, das er mir nit hilft ?
Ists doch unmöglich, das ichs könne lenger zukom-
men1. Wolan, so lerne nit allein das, das solche

b Fehlt 1543 I. c-c Fehlt 1543 I.
d Fehlt 1543 I. e Fehlt 1543 I.
f Fehlt 1543 I. g-g 1543 I: nicht vil

krankheit aus Gottes willen dir widerfaren ist und
du dein lebtag gebeten hast und noch, Gottes will
und nicht dein will sol geschehen, sonder lerne auch,
was doch Got mit diser krankheit im sinn hat und
warumb er dirs hat aufgelegt.
Oben hast gehöret, wie wir menschen unsere krank-
heiten anderst denn aller andern creaturn krankheit
urteilen sollen; denn des menschen krankheit hat
ihren anfang von der sünde her. Derhalb die krank-
heit allweg uns unserer sündhaften natur erinnern
sol; denn wo wir von natur nit sündhaft weren, so
würde weder krankheit noch tod uns können scha-
den tun.
Nun braucht aber Gott eben solche straf der sün-
den, die krankheit (R: 2. Krankheit helt uns von
sünden abe) dazu, das wir uns erkennen, der sünde
feind werden, uns bessern und zu Gott umb hilf, trost
und gedult schreien sollen. Ja, er brauchet die krank-
heit auch dazu, das wir dest weniger sünden sollen.
Denn da sol und muß der krank seines bettes war-
ten und mit dem ganzen leib feiren, da er sonst, wo
die krankheit nit wer, da und dort hingehn, dis oder
ein anders wider Gott und seinen nechsten anfahen
und tun würd. Dunket dich denn nit, das es dir gut
sei, das du also von sünden abgehalten und durch
dise deine krankheit jetzund von Gott dahin ge-
zwungen würdst, weil doch menschliche hilf wenig
vermag, das du dich auf Gottes hilf vertröstet, zu
Gott umb hilf schreiest, von im trost und leichte-
rung gewartest ?
Bei gesundem leib waist, wie wir zum beten so kalt
und schleferig sind (R: 3.Krankheit lernet recht
betenf). Die krankheit aber richtet dich jetzo also
zu, das dein herz mer denn der mund betet; denn
da steht diser gedank und wunsch immer dar im her-
zen: O Gott hilf, o Got, das es ein end wer! Hilf,
lieber Gott! Solchs herzengebet ist bei gesundem
leib gsehr seltsams. Nun weist du aber auch, wie
Gott an solchem herzlichen seufzen ein wolgefallen
hat und sagt uns zu, was wir im namen Christi bit-
ten, sol erhöret sein. Derhalb solt du nit zweifeln,
Gott wil helfen und, wo er gleich zum zeitlichen
1 — auskommen mit etwas, aushalten ( Grimm 16,
470 f.).

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