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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0604
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Rothenburg

feind sonderlich bemühet, dises hochwirdig und hei-
hg sacrament uf mancherlei weis anzugreifen, den
Christen zu verwirren und zu verkeren.
Dann eins teils17 haben der stiftung und ordnung
unsers herrn Jesu Christ zuwider ein vermeint opfer
daraus gemacht, das beides, den lebendigen und
toten, für die es beschehen solte, zu nutz und trost
kommen. Eins teils18 aber haben es für ein bloß leer
zeichen gehalten, durch welches die christen beide,
des leidens und sterbens Christi und der liebe gegen
dem nechsten, erinnert werden, und also eintweder
nichts oder verkeret von der ausspendung des leibs
und bluts Christi geleret.
Die rechten christen aber gehen den mittel- und
allersichersten weg, lassen die wort des Herrn Chri-
sti nach art des glaubens bleiben und machen aus
der stiftung Christi weder mehr noch weniger dann
sein verordnung vermag, die heh und klar ist, nem-
lich: das Christus brot und wein genommen und dar-
mit seinen jüngern seinen warhaftigen leib und blut
ausgespendet und mitgeteilet hat, wie dann S. Pau-
lus die wort Christi deutlich ausleget, da er spricht
(R: 1. Cor. 10 [16]): Das brot, das wir brechen, ist
es nicht ein gemeinschaft des leibs Christi ? Und der
gesegnet kelch, den wir segnen, ist er nicht ein ge-
meinschaft des bluts Christi ? An welchem ort der
heilig apostel vier unterschiedliche ding nennet, brot
und wein, den leib und blut Christi, da keins in das
ander verwandelt oder vermengt, sonder mit ein-
ander nach dem befelch Christi ausgespendet wer-
den. Daraus wir klaren bericht haben, was das nacht-
mal Christi in seiner substanz und wesen sei, nem-
lich: nit bloß brot und wein, sonder mit und bei den-
selbigen auch gegenwertig der leib und das blut
unsers Herren Jesu Christi, damit die christen war-
haftiglichen gespeiset und getrenket werden.
Es lehren auch beide Christus und sein heiliger
apostel, was der rechte brauch des abentmals sei,
nemlich: das man soll essen und trinken, so nach
seiner stiftung gesegnet wird, nicht aufbehalten,
umbtragen, einschließen und anbeten.

17 Die katholische Seite.
18 Ulrich Zwingli.
19 Wie in der mittelalterlichen Kirche, die den Kelch
nur den Priestern verstattete.
20 Bekenntnisschriften 247f. 349-377.

Sie lehren auch, wie es soll ausgespendet werden,
nemlich: nach des Herrn Christi wort beide teil allen
denen, so nach der lehr Pauli sich probiren [1. Kor.
11, 28] und hie kein gesünderts machen zwischen
laien und priestern19. Dann S. Paulus klerlich zu den
Corinthern 11 (R: 1. Kor. 11 [23]) schreibt: Ich hab
es vom Herrn empfangen, das ich euch gegeben hab.
Das ist: Ich hab nicht ein besonders nachtmal für
mich und ein besonders für euch empfangen, son-
dern eben das ich vom Herrn empfangen hab, das-
selbig und kein anders hab ich euch Corinthern ge-
geben.
Es wird auch aus den worten Christi klerlich ver-
merkt der nutz, den wir darin haben, nemlich: weil
es ein gedechtnus seines leidens und sterbens ist, so
wird dardurch uns alles das lebendig gemacht, was
uns von Christo geprediget wird, und werden wir
in unserm glauben dardurch gesterket, zur liebe ge-
gen dem nechsten erwecket. Ja, Christus der Herr
selbst will solchs alles in uns wirken, dessen fleisch
und bluts gemeinschaft wir in disem heiligen abent-
mal haben (R: Joan. 6 [51-56]; 15 [4]).
Demnach ordnet und will ein erbarer rat, das ire
pfarrherr und kirchendiener wider alle irrung und
verfürung oberzelter puncten dem volk fleißig und
ufs einfeltigst fürtragen, wie solches alles in gedach-
ter augspurgischer confession vermeldet und in der
apologia20 ausgefüret worden ist.
So viel die ordnung belangt, lest es ein erbarer rat
noch der zeit bis uf ein gemeine christliche verglei-
chung bei den gewönlichen ceremonien bleiben, dar-
mit die einfeltigen nicht geergert und mit den ge-
nachbarten kirchen der brandenburgischen ordnung
gemeß gleicheit gehalten werde21.
[In folgenden wird genau der Text von Veit Diet-
richs Agende 1545 wiedergegeben = Seite 498ff.,]
nur fehlt das Lied des Seb. Hayden, weshalb es vor
diesem auch nicht heißt: ,,den deutschen gesang
vom abentmal, so hernach folgt“, sondern ,,ein
teutschen gesang vom abentmal“.]
21 Das war um so wichtiger, als eine Reihe von Pfar-
reien von Rothenburg und von Ansbach gleichmäßig
beansprucht wurden (M. Weigel, Brandenburgisch-
rothenburgische Kirchenvisitation, in: B b K G 4
[1897] 30-37).

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