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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0607
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VI 1 Kirchenordnung 1559

singen seien. Aber das bis anber gemeinlich alle kir-
chendienst, ja auch zum größern teil die predig selbs
bei uns teutschen in lateinischer und der gemeinen
kirchen unbekanter sprach verrichtet worden sein,
heltet ein erbarer rat nicht allein für unnützlich und
vergebenlich, sonder auch für ein straf Gottes, wie
Esaias (R: Esa. 28 [11 f.]) und Paulus (R: 1. Cor. 14
[21 f.]) anzeigen, das Gottes wort nur in einer fremb-
den, unbekanten sprach geprediget werde.
Gleichergestalt ist es auch wider den hauptpunc-
ten der christlichen lehr, das solch kirchengesang,
so in unbekanter sprach geschehen solle, seines werks
und verdiensts halben Gottes zorn versönen und
alles glück von Gott erlangen.
Jedoch nachdem S. Paulus die frembde, doch et-
lichen bekante sprach, zu seiner zeit in der kirchen
zur besserung zulest [1. Kor. 14, 2-28], so hat ein
erbarer rat umb der schulen willen, darmit beids die
music und lateinisch sprach geübt, die gewönlichen
gesang de tempore, so Gottes wort gemeß und nicht
zuwider, bis anher und noch der zeit in der kirchen
bleiben lassen und will ein erbarer rat sich in disem
stück den nechstgenachpaurten kirchen gleichförmig
halten. Gleichwol hat ein erbarer rat auch die für-
sehung getan, das auch psalmen und geistliche ge-
seng in unser bekanten und muttersprach in ver-
samlung der christlichen gemein gesungen werden.
Von der kirchenkleidung25.
Wiewol ein erbarer rat weiß, das die sonderliche levi-
tische und priesterliche kleider, so im gesatz Mose
verordnet und gebreuchig gewesen, durch das recht,
war licht des heiligen evangelions wie auch das ganz
levitisch priestertumb aufgehaben und abgetan und
weder von unserm Herrn Christo noch von den apo-
steln andere eußerliche kleider in verrichtung der
kirchenämpter verordnet und aufgesetzt, sonder
hierm der kirchen ir freiheit und gewonheit, doch
das es erbarlich und erbaulich zugehe, zugelassen,
25 Vorwiegend nach Württemberg 1553 (aaO.), wo aber
nur der Chorrock weiter gestattet wird.
26 Als Erste Reformation galt in Rothenburg nicht die
vom Jahr 1525, sondern die des Jahres 1544. Als
Zweite Reformation feierte man den erneuten Ein-
zug in die Jakobskirche nach dem Interim am
13. März 1554 (Schattenmann 114).

jedoch, nachdem von der zeit der ersten reforma-
tion26 in den kirchen in eines erbarn rats gebiet die
gewonlichen kirchenkleider wie auch etliche andere
mittelmeßige und freie ceremonien umb der schwa-
chen willen geblieben und noch der zeit auch bei den
nechstgenachparten kirchen27, so sie auch im brauch
gehabt, nicht gefallen, hat ein erbarer rat auch die-
selbige noch der zeit in iren kirchen nicht abtun wöl-
len.
Weil aber solche kleidung allein in christlicher frei-
heit gebrauchet und gar kein gottesdienst darein ge-
setzt, als ob sie müsten von not wegen, sonder allein
umb guter ordnung willen gehalten werden, will ein
erbarer rat auch gern, wie er sich hat hie oben ver-
nemen lassen, seines teils, da ein gemeine christ-
liche kirchen ordnung vermög göttlichs worts für-
genommen würd, der kirchenkleider halben an ime
nichts erwinden28 lassen.
Ordnung der feiertag29.
Wiewol vorzeiten sich der feiertag halben allerlei un-
richtigkeit in der kirchen zugetragen, jedoch so ha-
ben die heiligen apostel und ire nachkommen kler-
lich und gnugsam dargetan, das die christlich kirch
an kein levitischen feiertag gebunden sei, sonder hab
hierin freiheit, was nützlich und zu erbauung des
glaubens in Christum dienstlich, nach gelegenheit
jedes lands und volks zu ordnen und zu gebrauchen.
Dieweil dann die ordnung der feiertag gemeiner
kirchen dahin dienstlich, das sie bestimpte zeit wisse,
die predig und austeilung der heiligen sacrament zu
besuchen, so will ein erbarer rat, das hienach be-
nante tag zu feiertag verkündiget und christlicher
gebür nach gehalten werden:
den Neuen jarstag oder Circumcisionis Domini
[— 1. Jan.],
den Oberstag oder Heiligendreikönigtag, Epipha-
niae genant [= 6. Jan.],
27 Vor allem Brandenburg-Ansbach (vgl. Anm. 21).
28 = mangeln, fehlen (Schmeller 2,947).
29 Einleitung nach Württemberg (aaO. 139); die Tage
selbst aber nach Nürnberg (doch Marias Heimsu-
chung unverlegt und Johannes Evang. [= 27. Dez.]
angefügt).

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