Beim Wiederaufbau versuchte Pfarrer Wolfgang Ruprecht (1556-1563) auch eine Neugestaltung
der Kirchenordnung, indem er die Gemeinde stärker unmittelbar am, Gottesdienst beteiligte. Er wollte
sie deutsche Lieder singen lassen. Dagegen beschwerte sich aber der Schulmeister mit der Behauptung,
,,es gebühre der Schul und nicht... den alten Weibern, zu singen“. Der Rat stellte sich auf die Seite
des Schulmeisters und gestattete nur, daß an den drei hohen Festen ein deutsches Lied von der Gemeinde
gesungen werde. Das war einer der Gründe, weshalb Ruprecht dann Schweinfurt verließ. Einige Zeit
darauf folgte aber doch eine Auflockerung der Kirchenordnung. 1576 wurde eine neue Anordnung ge-
troffen. Dabei wurde auf Heranziehung der Gemeinde zum Gesang und auf Verwendung der Orgel viel
Wert gelegt. Abwechslungshalber wurden vier Gottesdienstformen ausgewählt, die an je vier Sonntagen
regelmäßig einander ablösen sollten21.
Sutel war eine starke Persönlichkeit von beachtlicher Führerkraft gewesen. So hatte er ein sehr per-
sönliches Kirchenregiment geführt. Das mußte sich die Stadt nach seinem Abgang 1547 in mancherlei
Auseinandersetzungen mit der Geistlichkeit wieder zurückgewinnen22. Über Errichtung und innere Ord-
nung eines Konsistoriums ist vorläufig nichts Genaueres bekannt. Es war zuerst ein nur von Ratsherrn
besetztes Ehegericht. 1569 wurden die Stadtgeistlichen zugezogen. Den Vorsitz führte jeweils der älteste
Kirchenpfleger23. In der Zeit der klaren Bekenntnisbildung ließ die Stadt 1577 ihre Geistlichen die Kon-
kordienformel unterschreiben, wie auch Bürgermeister und Rat ihren Namen unter das Bekenntnis set-
zen24.
Während der Würzburger Gegenreformationen - seit 1584 und um 1629 - blieb die Stadt nicht
unangefochten. 1587-1594 versuchte der Bischof von Würzburg die ganz von würzburgischem Gebiet um-
schlossene Stadt durch eine Lebensmittelsperre zur Umkehr zu zwingen. Auch mit Prozessen behelligte
er sie fortwährend, da das Stift Haug längere Zeit nacheinander katholische Pfarrstelleninhaber, die
freilich nie auch nur den Versuch machten, ihre Stelle einmal anzutreten, ernannte25. Die Stadt erwies
sich aber stets als ein eigenartig geprägter, charakterfester evangelischer Block in einem weiten Diaspora-
gebiet und als zuverlässiger Zufluchtsort zahlreicher Glaubensflüchtlinge.
Wie lange Sutels Werk mit den Änderungen von 1576 in Gebrauch war, läßt sich nicht sagen. 1578
beantragten die Geistlichen die Beseitigung der morgens um 5 Uhr stattfindenden Frühmetten (wohl am
Sonntag). Der Rat gab dem Antrag aber nicht statt, wobei er ihre Bedeutung als Kommunionvorberei-
tung unterstrich. Er wollte nur, daß die Gesänge aufs kürzeste einzuziehen seien und die Predigt nicht
über eine halbe Stunde ausgedehnt werde26. Die lateinischen Stücke dürften bald mehr oder weniger ge-
fallen sein. Fielen sie dabei ganz weg oder fanden sie deutschen Ersatz? Vielleicht erfolgte eine zunehmende
Angleichung an die ja ohnehin daneben gebrauchte nürnbergische Ordnung. Eine grundlegende Ände-
rung brachte aber gewiß wie überall erst der Rationalismus. 1752 wurde das Kommuniontüchlein, das
während der Spendung des Heiligen Abendmahls von zwei Personen unter die Elemente gehalten wurde27,
abgeschafft. Am 1. Advent 1783 wurde angeordnet, daß in Zukunft in jährlichem Wechsel auch die alt-
kirchlichen Episteln - nicht nur wie bisher die Evangelien - als Predigttexte benützt werden sollten. Am
21 Unsere Nr.VII 2 a und b. - Schöffel 3 3 9- 40. 22 Schöffel 270. 322-346.
23 H. W. Dirian, Das Schweinfurter Stadtregiment während der Reichsstadtzeit. Schweinfurt 1952 (= Veröffent-
lichungen des Historischen Vereins Schweinfurt. Sonderreihe 1). 173. 186. - Schöffel 242f.
2iSchöffel 309f. — Bekenntnisschriften 17. — Müller, Symb.Bücher 786.
25 Schöffel 379f. 284-287. 26 Schöffel 425.
27 LThK 6, 108 (Kommunionteller, Kommuniontuch) ,—Braun 175.— Graff 1, 196. — Im allgemeinen verschwand
dieser Brauch in Bayern früh. In Herreth (zwischen Bamberg und Coburg) war er aber noch um 1845 in Ubung
(NLA Bayr. Kons. Bayreuth Fach 155/2). Löners Versuch, ihn 1544 in Nördlingen einzuführen, dürfte mißlungen
sein (München Hauptstaatsarchiv, Reichsstadt Nördlingen Nr. 17). In Hohenlohe wurde er 1595 abgeschafft
(J. Chr.Wibel, Hohenlohische Kirchen- und Reformationsgeschichte 1 [Ansbach 1752] 615).
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der Kirchenordnung, indem er die Gemeinde stärker unmittelbar am, Gottesdienst beteiligte. Er wollte
sie deutsche Lieder singen lassen. Dagegen beschwerte sich aber der Schulmeister mit der Behauptung,
,,es gebühre der Schul und nicht... den alten Weibern, zu singen“. Der Rat stellte sich auf die Seite
des Schulmeisters und gestattete nur, daß an den drei hohen Festen ein deutsches Lied von der Gemeinde
gesungen werde. Das war einer der Gründe, weshalb Ruprecht dann Schweinfurt verließ. Einige Zeit
darauf folgte aber doch eine Auflockerung der Kirchenordnung. 1576 wurde eine neue Anordnung ge-
troffen. Dabei wurde auf Heranziehung der Gemeinde zum Gesang und auf Verwendung der Orgel viel
Wert gelegt. Abwechslungshalber wurden vier Gottesdienstformen ausgewählt, die an je vier Sonntagen
regelmäßig einander ablösen sollten21.
Sutel war eine starke Persönlichkeit von beachtlicher Führerkraft gewesen. So hatte er ein sehr per-
sönliches Kirchenregiment geführt. Das mußte sich die Stadt nach seinem Abgang 1547 in mancherlei
Auseinandersetzungen mit der Geistlichkeit wieder zurückgewinnen22. Über Errichtung und innere Ord-
nung eines Konsistoriums ist vorläufig nichts Genaueres bekannt. Es war zuerst ein nur von Ratsherrn
besetztes Ehegericht. 1569 wurden die Stadtgeistlichen zugezogen. Den Vorsitz führte jeweils der älteste
Kirchenpfleger23. In der Zeit der klaren Bekenntnisbildung ließ die Stadt 1577 ihre Geistlichen die Kon-
kordienformel unterschreiben, wie auch Bürgermeister und Rat ihren Namen unter das Bekenntnis set-
zen24.
Während der Würzburger Gegenreformationen - seit 1584 und um 1629 - blieb die Stadt nicht
unangefochten. 1587-1594 versuchte der Bischof von Würzburg die ganz von würzburgischem Gebiet um-
schlossene Stadt durch eine Lebensmittelsperre zur Umkehr zu zwingen. Auch mit Prozessen behelligte
er sie fortwährend, da das Stift Haug längere Zeit nacheinander katholische Pfarrstelleninhaber, die
freilich nie auch nur den Versuch machten, ihre Stelle einmal anzutreten, ernannte25. Die Stadt erwies
sich aber stets als ein eigenartig geprägter, charakterfester evangelischer Block in einem weiten Diaspora-
gebiet und als zuverlässiger Zufluchtsort zahlreicher Glaubensflüchtlinge.
Wie lange Sutels Werk mit den Änderungen von 1576 in Gebrauch war, läßt sich nicht sagen. 1578
beantragten die Geistlichen die Beseitigung der morgens um 5 Uhr stattfindenden Frühmetten (wohl am
Sonntag). Der Rat gab dem Antrag aber nicht statt, wobei er ihre Bedeutung als Kommunionvorberei-
tung unterstrich. Er wollte nur, daß die Gesänge aufs kürzeste einzuziehen seien und die Predigt nicht
über eine halbe Stunde ausgedehnt werde26. Die lateinischen Stücke dürften bald mehr oder weniger ge-
fallen sein. Fielen sie dabei ganz weg oder fanden sie deutschen Ersatz? Vielleicht erfolgte eine zunehmende
Angleichung an die ja ohnehin daneben gebrauchte nürnbergische Ordnung. Eine grundlegende Ände-
rung brachte aber gewiß wie überall erst der Rationalismus. 1752 wurde das Kommuniontüchlein, das
während der Spendung des Heiligen Abendmahls von zwei Personen unter die Elemente gehalten wurde27,
abgeschafft. Am 1. Advent 1783 wurde angeordnet, daß in Zukunft in jährlichem Wechsel auch die alt-
kirchlichen Episteln - nicht nur wie bisher die Evangelien - als Predigttexte benützt werden sollten. Am
21 Unsere Nr.VII 2 a und b. - Schöffel 3 3 9- 40. 22 Schöffel 270. 322-346.
23 H. W. Dirian, Das Schweinfurter Stadtregiment während der Reichsstadtzeit. Schweinfurt 1952 (= Veröffent-
lichungen des Historischen Vereins Schweinfurt. Sonderreihe 1). 173. 186. - Schöffel 242f.
2iSchöffel 309f. — Bekenntnisschriften 17. — Müller, Symb.Bücher 786.
25 Schöffel 379f. 284-287. 26 Schöffel 425.
27 LThK 6, 108 (Kommunionteller, Kommuniontuch) ,—Braun 175.— Graff 1, 196. — Im allgemeinen verschwand
dieser Brauch in Bayern früh. In Herreth (zwischen Bamberg und Coburg) war er aber noch um 1845 in Ubung
(NLA Bayr. Kons. Bayreuth Fach 155/2). Löners Versuch, ihn 1544 in Nördlingen einzuführen, dürfte mißlungen
sein (München Hauptstaatsarchiv, Reichsstadt Nördlingen Nr. 17). In Hohenlohe wurde er 1595 abgeschafft
(J. Chr.Wibel, Hohenlohische Kirchen- und Reformationsgeschichte 1 [Ansbach 1752] 615).
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