Dinkelsbühl
man fürliset, eine predig ist. Und ob ich wol aus
gutwilligkeit ein hochzeitpredig oder drei getan, je-
doch, da mans zur gwonheit wolt machen, bin ich
verursacht, solchs gar abzuschlagen, er sei hoch
oder nieder, aus ursachen, 'wie vermeldet (fol. 18a).
Ehe einsegnen in der fasten. c
Dieweil auch ein erbarer rat nicht gestatten will,
daß man in der fasten ehe einsegnen soll18, muß sol-
ches dis paar dulden, welches sich verehelichen will;
dann man ihnen sonst nicht wurd lassen einzusit-
zen19. Da sie sich aber dessen begeben20 oder solche
personen sich einzusegnen zu lassen begehren, deren
keine bürgerskind ist, laßt man das einsegnen fort-
gehen bis in die woch vor mitfasten21 in bedenkung,
daß es bei andern der augsburgischen confession ver-
wandten ständen also gebräuchlich22 und ein erbar
rat allhie nach des herrn commissarii anno [15]67
gegebenen entscheid den kirchendienern in ihrem
amt nichts zu gebieten oder zu wehren hat. Doch
soll der pfarrer dessen eingedenk sein und die per-
sonen erinnern, als denen es sonst unbewußt sein
möcht (fol. 18 b).
Begräbnis.
Stund der begräbnus ist drei uhr zur vesper; dann
diese ist die gelegnest. Doch, dieweil der tag von
c Am Rande: Ist ihm, Herrn Knaurn, durch ein
pittel verboten worden, am ersten sonntag der
18 Das mittelalterliche Kirchenrecht kannte verschie-
dene, nicht einheitliche Geschlossene Zeiten, wäh-
rend welcher bes. Hochzeitsfeiern verboten waren,
darunter vor allem die Zeit von Quadragesimae bis
zum Weißen Sonntag (Sehling, Tempus clausum in:
RE 19, 513f.).
19 = sich wohnlich niederlassen (Schmeller 3, 297
bis 2, 348. - Grimm 3, 297).
20 = verlassen, darauf verzichten (Schmeller 1, 865.-
Grimm 1, 1281).
21 Lätare.
22 Evangelische Kirchenordnungen dieser Zeit und in
näherer Umgebung schwiegen zwar über diese Frage;
doch erkannten andere sie an, so bes. die große Kir-
chenordnung Kurfürst Augusts von Sachsen 1580
(Sehling 1, 436f.).
23 Der Friedhof befand sich seit 1530 bei der 400 m
südlich des Nördlinger Tores gelegenen Sondersie-
chenkapelle St. Leonhard (Steichele 2, 280. -
KDB Dinkelsbühl 116).
24 Nachdem noch die Brandenburg-nürnbergische
Kirchenordnung von 1533 (Sehling, 11, 202ff.)
Simon und Judä [28. Okt.] an sehr kurz ist, wird die
stund von dannen an bis auf Purificationis [2. Febr.]
geändert, das man um 2 zu grab tregt, damit man
desto zeitlicher vor dem zusperren23 wieder heimen
sei.
Nachdem ein erbarer rat am 24. september des
68. jars ein verordnung der begräbnus halben getan
mit disen worten:
Was morgens vor sechs uhr verscheidet, soll vor
torsperrens begraben werden. Was aber abends vor
sechs uhr verscheidet, soll morgens vormittag be-
graben werden, es seien dann gefährliche krankhei-
ten (Da gibt ein erbarer rat nicht maß),
hat man mehr stunden nemlich 8 uhr vormittags,
auch 12 uhr nemen müssen, damit solchen decret
des rats so viel müglich nicht zuwider gehandlet
würde.
Nachdem aber bei den ständen augsburgischer
confession die leichpredigten24 in brauch kommen,
so ist irgend die frag auf die ban kommen, wem man
denn leichpredigen tun soll, ob diesfalls ein unter-
schied der person halben soll gehalten werden oder
nicht. Da ist nun anno [15]61 in visitatione solche
frag auch bei uns zu Neuburg erregt und endlich von
den visitatoribus dieser bescheid mir schriftlich zu-
gestellt, daß denen, welche noch zum sacrament
fasten und fort niemand einzusegnen (fol. 200 tom.
II 8).
beim Begräbnis nur Gesang, Schriftverlesung und
Gebet gekannt hatte, gab Württemberg 1536 (Rich-
ter 1, 273) und ebenso 1553 (Richter 2, 141) wie
auch das Agendbüchlein Veit Dietrichs (Sehling
11, 528) Raum für eine freie Ansprache. Das gleiche
tat Wolfgangs Kirchenordnung (f. 141 ff.). Doch ist
hier offensichtlich nicht nur von eigentlichen Leich-
predigten die Rede, sondern auch von bloßen Lese-
leichen. Dagegen hatte die Kirchenordnung von
Schwäbisch-Hall 1526 bereits zu Trost und Vermah-
nung im Sinne einer freien Predigt aufgefordert
(Richter 1, 47), und die dortige Kirchenordnung
von 1543 gab sogar schon fertige Leichpredigtbei-
spiele (Richter 2, 21). Ebenso legte Rothenburg
(Sehling 11, 596. 607) großen Wert auf sie. Nörd-
lingen kannte nach Löners Vorgang sogar schon
Leichenpredigten für in der Geburt verschiedene
Kinder (Geyer, Kirchenordnung 33). In Augsburg
hielt man seit 1565 Leichenpredigten (siehe oben
S. 97 Anm. 14!). Knauer schätzte Leichenpredigten
besonders aus missionarischen Gründen (Bürck-
stümmer 28).
148
man fürliset, eine predig ist. Und ob ich wol aus
gutwilligkeit ein hochzeitpredig oder drei getan, je-
doch, da mans zur gwonheit wolt machen, bin ich
verursacht, solchs gar abzuschlagen, er sei hoch
oder nieder, aus ursachen, 'wie vermeldet (fol. 18a).
Ehe einsegnen in der fasten. c
Dieweil auch ein erbarer rat nicht gestatten will,
daß man in der fasten ehe einsegnen soll18, muß sol-
ches dis paar dulden, welches sich verehelichen will;
dann man ihnen sonst nicht wurd lassen einzusit-
zen19. Da sie sich aber dessen begeben20 oder solche
personen sich einzusegnen zu lassen begehren, deren
keine bürgerskind ist, laßt man das einsegnen fort-
gehen bis in die woch vor mitfasten21 in bedenkung,
daß es bei andern der augsburgischen confession ver-
wandten ständen also gebräuchlich22 und ein erbar
rat allhie nach des herrn commissarii anno [15]67
gegebenen entscheid den kirchendienern in ihrem
amt nichts zu gebieten oder zu wehren hat. Doch
soll der pfarrer dessen eingedenk sein und die per-
sonen erinnern, als denen es sonst unbewußt sein
möcht (fol. 18 b).
Begräbnis.
Stund der begräbnus ist drei uhr zur vesper; dann
diese ist die gelegnest. Doch, dieweil der tag von
c Am Rande: Ist ihm, Herrn Knaurn, durch ein
pittel verboten worden, am ersten sonntag der
18 Das mittelalterliche Kirchenrecht kannte verschie-
dene, nicht einheitliche Geschlossene Zeiten, wäh-
rend welcher bes. Hochzeitsfeiern verboten waren,
darunter vor allem die Zeit von Quadragesimae bis
zum Weißen Sonntag (Sehling, Tempus clausum in:
RE 19, 513f.).
19 = sich wohnlich niederlassen (Schmeller 3, 297
bis 2, 348. - Grimm 3, 297).
20 = verlassen, darauf verzichten (Schmeller 1, 865.-
Grimm 1, 1281).
21 Lätare.
22 Evangelische Kirchenordnungen dieser Zeit und in
näherer Umgebung schwiegen zwar über diese Frage;
doch erkannten andere sie an, so bes. die große Kir-
chenordnung Kurfürst Augusts von Sachsen 1580
(Sehling 1, 436f.).
23 Der Friedhof befand sich seit 1530 bei der 400 m
südlich des Nördlinger Tores gelegenen Sondersie-
chenkapelle St. Leonhard (Steichele 2, 280. -
KDB Dinkelsbühl 116).
24 Nachdem noch die Brandenburg-nürnbergische
Kirchenordnung von 1533 (Sehling, 11, 202ff.)
Simon und Judä [28. Okt.] an sehr kurz ist, wird die
stund von dannen an bis auf Purificationis [2. Febr.]
geändert, das man um 2 zu grab tregt, damit man
desto zeitlicher vor dem zusperren23 wieder heimen
sei.
Nachdem ein erbarer rat am 24. september des
68. jars ein verordnung der begräbnus halben getan
mit disen worten:
Was morgens vor sechs uhr verscheidet, soll vor
torsperrens begraben werden. Was aber abends vor
sechs uhr verscheidet, soll morgens vormittag be-
graben werden, es seien dann gefährliche krankhei-
ten (Da gibt ein erbarer rat nicht maß),
hat man mehr stunden nemlich 8 uhr vormittags,
auch 12 uhr nemen müssen, damit solchen decret
des rats so viel müglich nicht zuwider gehandlet
würde.
Nachdem aber bei den ständen augsburgischer
confession die leichpredigten24 in brauch kommen,
so ist irgend die frag auf die ban kommen, wem man
denn leichpredigen tun soll, ob diesfalls ein unter-
schied der person halben soll gehalten werden oder
nicht. Da ist nun anno [15]61 in visitatione solche
frag auch bei uns zu Neuburg erregt und endlich von
den visitatoribus dieser bescheid mir schriftlich zu-
gestellt, daß denen, welche noch zum sacrament
fasten und fort niemand einzusegnen (fol. 200 tom.
II 8).
beim Begräbnis nur Gesang, Schriftverlesung und
Gebet gekannt hatte, gab Württemberg 1536 (Rich-
ter 1, 273) und ebenso 1553 (Richter 2, 141) wie
auch das Agendbüchlein Veit Dietrichs (Sehling
11, 528) Raum für eine freie Ansprache. Das gleiche
tat Wolfgangs Kirchenordnung (f. 141 ff.). Doch ist
hier offensichtlich nicht nur von eigentlichen Leich-
predigten die Rede, sondern auch von bloßen Lese-
leichen. Dagegen hatte die Kirchenordnung von
Schwäbisch-Hall 1526 bereits zu Trost und Vermah-
nung im Sinne einer freien Predigt aufgefordert
(Richter 1, 47), und die dortige Kirchenordnung
von 1543 gab sogar schon fertige Leichpredigtbei-
spiele (Richter 2, 21). Ebenso legte Rothenburg
(Sehling 11, 596. 607) großen Wert auf sie. Nörd-
lingen kannte nach Löners Vorgang sogar schon
Leichenpredigten für in der Geburt verschiedene
Kinder (Geyer, Kirchenordnung 33). In Augsburg
hielt man seit 1565 Leichenpredigten (siehe oben
S. 97 Anm. 14!). Knauer schätzte Leichenpredigten
besonders aus missionarischen Gründen (Bürck-
stümmer 28).
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