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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0212
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Lindau

So sie auch ain kindlin aus im empfangen und
geporn hette, so sol er das kindlin von ir nemen und
ir fur die kindhett und allen kindscosten geben vier
guldin und ir nit weiter schuldig sein63.
Und ob sich auch kundlichen erfunde, das diesel-
big dochter demselben ledigen man selbs nachgelo-
fen were oder mit briefen ald botschaften oder sonst
mer in dann er sie zu solcher sach angeraizt und ver-
sucht hette, so soll er ir beim blumen und kindpett
nichts schuldig sein. Aber das kindlin sol er von ir
nemen und nicht dest minder die zehen pfund
pfening an unser stattbau geben oder die in turn
obgeschribnermaßen abbueßen. Die schmach, der
junkfrauen widerfarn, sol ir straf sein, die sie von
irs raizens wegen verschuldt hat.
Von kuplern64.
Item die kuppler und kupplerin, die durch ire bot-
schaft und brieftragen oder sonst frome dochtern,
eeleut oder ander verfuerend, anraizend, haus oder
hof und gemach darzu leihend, das sie verfuert
werden, oder zu den unern handeln, die sollen an im
leib und leben gestraft werden.
Wa sie aber zu ern kupplend, also das die sach zu
ern kumpt, aber dasselbig hinderucks und on wissen
und wilen baider vater und mutter oder das ainen
tails, ob sie in leben sind, oder den vogten oder, wa
kain vögt wern, der freunden, in der verwaltigung
sie sind, denselben soll ain offne schmach am leib
oder am gut je nach gestalt der hendel und nach un-
sers des täglichen rats erkanntnus beschehen.
Item ob vater, mutter, vogt oder fraind die kind

für die geordnete zwen zuchtherren und die herren
predicanten ins barfußercloster62 zu stellen und
daselbsten vor inen dieser ohnzucht halben be-
schämpt und abgestraft werden.
Actum 26. Mai anno 1596.
62 Die Kirche des Barfüßerklosters war sonst damals
für gewöhnlich nicht mehr gottesdienstlich benützt.
Das geschah aber später wieder, bis sie 1798 end-
gültig außer kirchlichem Gebrauch kaum und
schließlich zum Stadttheater umgebaut wurde
(Kunstdenkmäler Lindau 68-73).
63 Zürich verlangte (aaO.) wie sonst auch zmneist, daß
die beiden heiraten mußten.
64 Wie bei Jäger 474f. und Hauß 94f.
65 Hier fehlen nicht nur die bei Memmingen (unten
S. 255) genannten Stücke des Memminger Vor-

zun unern verkuplend, die sollen der straf leibs und
lebens und strenger dann die andern kuppler der
unern ergeben sein.
65
Wie man die laster angeben sölle66.
Damit nun disen unsern satzungen und cristlichen
ansehen dest stattlicher gelept werd, so wellen und
bevelhen wir hiemit, das alle und jede unsere burger,
inwoner un verwanten, die seien ober- oder under-
tan, alles, was sie in der obgeschribnen, desgleich
täglicher anderlai ergerlichen und bösen sachen halb
sechend, hörend oder vernemend, rugen und anzai-
gen, nemlich ojeder seinem oder ainem andern zunft-
maistero bi aidspflicht, damit dieselbigen dann wei-
ter die sachen ergrunden und pir bevelch und ampt
volstreckenp mögend.
Doch das darin der liebe verschonet werde, also
das man nit alles, was haimlich beschehen were und
in der still mag abgestelt werden, qden zunftmai-
sternq anzegeben soll schuldig sein. Aber offenbar
ergerlich sachen, auch, wa zu besorgen, das, wa man
solichs nit angebe, bösers hernach folgen wurde, sol
meniglich dieselben anzuzaigen schuldig sein, in
welchem der christlich eifer und liebe des nechsten
ain jeden wol anlaiten und leren wird.
Darneben werden wir rund die zunftmaisterr67
nicht dest minder mer und ander weg furnemen, wie
zu allen zeiten uns die notturft bedunken und den
sachen gelegen ansicht, dardurch das bös erlernt
und zu abstelung desselben gehandelt werd.
Die zuchtherrn seind herr burgermaister Hans
Schnell und Lott Buchschor, des rats.
o-o 1554: burgermaister oder ratsfreund.
p-p 1554: ainem rat fürbringen mögen.
q-q Fehlt 1554. r-r Fehlt 1554.
schlages (Jäger 475. 478) und der Konstanzer Ord-
nung (Hauß 95ff.), sondern auch das dort in Über-
einstimmung mit diesen gebrachte Stück über die
Eheschließung. Tatsächlich führte aber auch Lindau
wohl die gleiche Bestimmung durch. Auf alle Fälle
wurde seit 1534 (ein noch erhaltenes) Ehebuch ge-
führt.
66 Nach Jäger 478f. und Hauß 101.
67 Jäger und Hauß haben hier ihrer Ordnung ent-
sprechend ,,Zuchtherren“.

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