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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0273
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Kirchenordnung allhie zu Memingen in statt und land

nach. zu zeiten den englen und dann den hailigen
patriarchen und propheten, auch sainen aingebor-
nen Son, unserm lieben Herren Jesu Christo, da er
mensch ist worden, hernach den aposteln auferlegt
und befolchen, und under den gaben, so Christus
seiner kierchen mittailet, wirt nit die wenigste, son-
der die maiste gerechnet, das er etliche hat gesetzet
zu propheten, aposteln, evangelisten und noch täg-
lichen setzt hierten und lehrer, und Christus ver-
manet, Math. 9 [38]: Bittent den herren der ernte,
das er arbeiter in seine ernte sende etc.
Damit nun das predigampt ordenlich bestellet
und die kierchen in statt und land mit taugenlichen,
geschickten und getreuen lehrern versehen werden,
so soll (wie bishero) und forthin noch fleißiger ein
jeder, der von ainen ersamen rat und convent zu
gemeltem ampt beruefet, er seie burger oder frembd,
stipendiat oder nit zum allerersten von den predi-
gern in der statt in beisain etlicher der schulherren2
examiniiert und, was er halte von den fürnemesten
stucken unser christlichen lehre, vorab den stritti-
gen, verheret werden und, was sie in disem examine
befinden, ainem ersamen rat referieren, demnach
seine bekanntnus auch auf der canzel vor der ge-
maind in ainer offentlichen predig tun, und dann
dieselbige, in schriften verfasset, dem convent über-
antwurten, weliche in ainer lade, darzu verordnet3,
bei andern confessionibus gelegt und verwaret wer-
den sollen.
Und sollen zu verhütung allerlai sönderung, spal-
tung, ungleichhait und ierung die prediger ire pre-
digen dahin richten, das sie fürnemblichen der pro-
phetischen und apostolischen schrift und den sym-
bolis apostolico4, Niceno5, Athanasii6 gemes seiend,
mit welichen ainstimet die confession sambt der
apologien, so der kaiserlichen majestat im reichstag
zu Augspurg anno 1530 von hohen und nidern sten-
den überantwortt worden ist. Es sollen auch die
prediger hierinnen uf ainandern guote achtung ge-
2 = die mit der Betreuung des Schulwesens beauf-
tragten Ratsherren, in anderen Städten Scholarchen
genannt.
3 Diese gesammelten Bekenntnisse wurden leider
nicht dauernd aufbewahrt und sind nicht erhalten.
4 Bekenntnisschriften 22.
5 Bekenntnisschriften 26f.
6 Bekenntnisschriften 28ff.

ben und, wenn ainer aus unverstand oder fürwitz
gemelten richtschnuoren was entgegen fürbrechte,
sollen die andern in freundlich darumb ansprechen,
uf bessers weisen. Da er aber aus zenkischer, hals-
starriger weise fürfaren wolte, ainem ersamen rat
oder den schuolherren hierinnen, zeitigs einsehen
zu haben, vermelden und anbringen.
Von der ordination7.
Und damit das predigampt in gemelter reputa-
tion, wüerde und ansehen, bevor bei den unver-
stendigern auf dem land gehalten werde, das es
nämblichen dise seie, dadurch in Gott aine kierche
samblen welle, wie Es. 51. capitel [16] gelesen
wirt: Ich lege meine wort in deinen mund und mit
dem schatten meiner hände bedeck ich dich, auf das
du8 mir den bhimelb pflanzest, soll forthin ain jeder
pfarrherr, so von ainem ersamen rat beruoft, ange-
nommen und bestellet, durch dem presbyterum9
oder eltern der kürchen in der stat im beisein aines
oder mehren vom weltlichen regiment in auguriert
oder, wie mans es in der alten kierchen genennet,
ordiniert und der gemaind fürgestellet werden in
folgender weise und ordnung.
Erstlich soll gemelter presbyter oder elterer der
kierchen und convents aine predig tun von der ein-
satzung und würdigkait des kierchendiensts, was
ain kierchendiener in seinem ampt, Gott und der
befolchnen herd, hergegen die vertrauten schäflin
ime schuldig seiend, aus dem 33. capitel Ezechielis
[1-9], Johann. 10 [1-18] oder 20 [Richtig: 21, 16]:
Petre, hastu mich lieb? Weidne meine schäflin,
1. Tim. 2 [1-7] oder 1. Petri. 5 [1-4] oder dergleichen
etc.
Fürs ander, wenn dieselbige vollendet, soll er den
pfarrherrn auf dem chor und für den altar stellen
und der gemaind befelchen mit anzaigung, wie in
ain convent und ersamer rat nach fleißiger erkundi-
7 Anlehnung au die Zweibrückener Kirchenordnung
vou 1557.
8 Nach der Lesart der Vulgata.
9 = Pfarrer, nach einem exegetisch nicht richtigen
Verständnis entsprechender Stellen der Pastoral-
briefe, in denen von den Ältesten die Rede ist (z.B.
1. Tim. 4, 14; 5, 17. - Tit. 1, 5 u.a.).

17 Sehling, Bd. XII, Bayern II: Schwaben

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