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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0078
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

etwo auch offenlich sünder, als die wissentlich an der
unehe sitzen oder on alle redliche ursach von iren
ehegenossen gelaufen sein oder sonst in offenlichen,
ergerlichen, unchristlichen lastern liegen und gar
nicht gedenken darvon abzustehn und sich zu bes-
sern, etwo auch narren und unsinnige leut, etwo
kinder und andere grobe leut, die noch weder den
glauben noch die zehen gebot noch das vaterunser
können.
Wann sich nun die leut also vorhin anzeigen, so
sollen die kirchendiener dieselben mit aller beschei-
denheit nach gelegenheit der person erforschen, ob
sie die zehen gebot, den glauben und das vaterunser
können, ob sie recht vom heiligen sacrament halten
und wissen, was sie für frucht und nutz darvon
haben, wann sie es wirdiglich empfahen, sonderlich
aber, ob sie gegen jemand feindschaft oder zorn
tragen, dann disem heiligen sacrament nichts mer
entgegen ist, dann unglaub und uneinigkeit. Sie
sollen auch weiter fragen, wie sie die gemeilten stuck
verstehen und also daraus vernemen, wie sich das
volk der predig des catechismi bessere und waran es
inen mangelt, sollen sie dieselben gütlich und
freundlich unterrichten und sonderlich sich also dar-
in halten, das sie weder jungen noch alten leuten
ursach geben, sich in solcher erforschung zu sche-
men, auf das man sie damit nicht treibe, lange zeit
on das heilig sacrament zu bleiben.
Und wann sie also jemand eins christlichen ver-
stands und guten wandels spüren und erkennen, so
ist nicht von nöten, das man dieselbigen allweg von
neuem wider erforsche als die unbekannten, sonder
mögen ein solche person wol unerforscht nach er-
zelung sein selbs gebrechen, gebetener und gesproch-
ner absolution, so oft sie sich nur anzeigt, zum heili-
gen sacrament gehn lassen.
Es sollen auch die pfarrherren und prediger die
leut in der predig fleißig vermanen, das sie von inen
selbs fragen und unterrieht begern wöllen, wann
sie mangel an verstand und schwere fehl der gewis-
sen haben; dann es ist sehr nützlich und heilsam,
und Salomon in sprüchen zeigt die fehrlicheit an, die
darauf steht, wann mans nicht tuot, und spricht: We
dem menschen, der allein ist; denn wann er felt, so
hat er niemand, der im aufhilft [Prediger 4, 10].

Und wiewol in mancherlei weis und weg als in ge-
meiner predig, in der tauf und im heiligen, hoch-
wirdigen sacrament des leibs und bluots Christi ver-
gebung der sünden durch ein rechten glauben auf
die wort Christi empfangen wirt, wie dann der Herr
Christus, unser manigfeltige schwacheit und ge-
brechen als der einig gute arzet wol erkennet und
derhalben allerlei arznei zu eines jeden notturft ver-
ordnet, so hat er ja auch solch ampt und befelch der
schlüssel nicht on ursach eingesetzt, da er spricht:
Nemet hin den Heiligen Geist! Wem ir die sünd ver-
gebt, dem sollen sie vergeben sein etc. Er hat ge-
wißlich gewißt, das wir solchs trosts wol und oft be-
dörfen, wann wirs gleich selbs nicht darfür halten.
Darumb sol man solchen gnadenreichen trost nicht
verachten. Denn wie könten wir doch schedlicher
und unchristlicher handeln, dann wann wir solche
Gottis ordnung in der christenheit ausleschen und
gar aus dem brauch kommen ließen.
Und dieweil Sant Paulus sagt zun Colossern am
3. [16], das das wort Gottis uberflüssig in uns wonen
sol, so sollen sie die leut nichts dester minder mit
höchstem fleis dahin bewegen und reizen, das sie
vorhin, ehe dann sie zum sacrament gehn, die abso-
lution, dieweil sie einem jeden insonderheit zuge-
eignet wirt, zu suchen nicht unterlassen. Dann solchs
dienet auch darzu, das mancher dester bas nach sei-
ner notturft unterrichtet, mit sterkerm glauben das
hochwirdig sacrament empfahet. Es möcht auch bei
manchem so vil gelegenheit befunden werden, das
im mer zu raten vom sacrament zu bleiben, so er
anders dasselbig nit zum gericht nemen wolt. Ja, es
möchten auch solche ursachen fürkommen, das es
ime derhalben keinswegs zu reichen were.
Ob aber etliche widerspenstige würden sprechen,
man wolt die erzwungenen beicht aufrichten und
erhalten, den sol man sagen: Nein! Dann niemand
sol gezwungen sein, das er müßte alle seine sünd
dem priester erzelen und mit allen umbstenden
nacheinander hersagen. Man soll aber darumb den
befelch und gewalt Christi: Welchen ir sein sünd ver-
gebet, dem sein sie vegeben etc. keinswegs ver-
achten, daß es gar ein teurer und edler schatz ist,
den betrübten, angefochtenen gewissen, wann der
Satan uns unsere sünd fürhelt, als seien sie groß,
das sie uns nicht mögen vergeben werden, wie er

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