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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0086
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

die diener der kirchen in iren eignen kleidern nicht
allweg also gestalt sein, das sie der gemein dapfer
und ehrlich darinnen möchten dienen.
Es sein auch nicht weniger mißbreuch bei dem
hauptstuck denn bei den zusetzen. Dann das rechte
hauptstuck, nemblich die wort Christi, werden von
vilen unrecht verstanden und ausgelegt.22 Einer
sagt, es sei nicht der leib, sonder des leibs zeichen.
Der ander sagt, es bedeute den leib. Der drit sagt,
der leib sei dem brot gleich. Der viert sagt, der leib
Christi sei für uns geben und das brot soll man zum
gedechtnus desselben essen. Der fünft sagt, es sei
der leib Christi, wann es ein glaubiger esse; wann es
aber ein falscher christ esse, so sei es nicht der leib
Christi. Und sein der irrtumb und falschen aus-
legung mer worden dann der wort sein.
Wider solche irrtumb sollen sie fleißig handeln in
den predigen und die leut dahin weisen, das sie dem
wort Gottis glauben, wann es gleich wider die ver-
nunft ist. Dann das ist doch der höchst und nötigst
streit und kampf aller christen, das wir mit den
geistlichen waffen unserer ritterschaft, sonderlich
mit dem schwert des geists, welchs ist das wort
Gottis, die vernunft gefangen nemen unter den ge-
horsam Christi, wie Paulus lehrt, 2. Corinth. am 10
[5].
Dieweil dann Christus spricht, es sei das brot sein
leib und der wein sein bluot, so sollen wir im die ehre
tun und seinen worten glauben, dann sie sein all-
mechtig und er ruefet dem, das nicht ist, das es sei,
zun Römern am 3. [4, 17].
Darumb irren auch die, so da sagen, es sei den
unglaubigen nicht der leib Christi, sondern allein
den glaubigen. Dann wenn das war were, so müst
das wort Christi falsch oder war sein, nachdem wir
glaubten oder nicht glaubten. Das wurde dann ein
seltzam spil sein, wie Paulus sagt zun Römern am 3.

22 Seit 1524 wurde innerhalb der reformatorischen Be-
wegung der heiße Kampf urn das rechte Verständnis
des Abendmahls geführt (Walter Köhler, Zwingli
und Luther. 1 (Gütersloh 1924); 2 (Gütersloh 1953)
(= Quellen und Forschungen zur Reformations-
geschichte 6. 7). — Wenn diese Auseinandersetzungen
auch vorwiegend innerhalb der theologisch oder
philosophisch gebildeten Kreise erfolgte, so war in
der in den unteren Schichten des Volkes tätigen Wie-

[3]: Solt ir unglaube Gottis glauben aufheben ? Das
sei ferne.
Es hilft sie auch nicht, das sie sagen, er habe es
allein den jungern geben und zu geben vermeint;
darumb, wer kein warer junger sei, der empfahe es
nicht. Dann Judas ist auch unglaubig und gotlos ge-
west. Dannoch nennet in die schrift ein junger. Dar-
nmb müssen wir auch noch auf disen tag seinsglei-
chen lassen junger sein und bekennen, das sie mit
uns empfahen eben das, das wir empfahen.
Doch ist das wol war, das sie den leib und das
bluot Christi nicht essen und trinken auf die geist-
lichen weis, wie Johannis am sechsten [53-56. 63]
darvon geredt wird, da essen und trinken lernen und
glauben heißt. Die essen und trinken aber dannoch
den leib und das bluot Christi warhaftig, wie chri-
stus im abendmal darvon redet, da essen und trin-
ken nicht heißt glauben, sonder durch den mund in
den leib empfahen.
Etlich aber verstehn die wort Christi recht, folgen
in aber nicht als die, so da einerlei gestalt empfan-
gen. Nun hat ja Christus mit ausgedruckten worten
in darreichung des kelchs geredt: Trinkt alle daraus!
Und hat dazumal nicht allein mit den aposteln, son-
der mit all seinen jungern geredt, das sein alle Chri-
sten.23 24Also haben es der heilig Paulus zun Corin-
thiern gedeut [1. Kor. 11, 23 f.] und gelert, auch alle
andere heilige aposteln und die heiligen alten väter
in der ganzen gemeinen christenheit in allen natio-
nen vor alters verstanden und gebraucht. Und der
christlich glaub ist auch mit solchem gebrauch
zweierlei gestalt in disen teuschen landen anfenglich
angenommen und lang geblieben.
Da auch etliche furwitzige leut haben in disem
heiligen sacrament endrung wöllen furnemen und
sonderlich das trinken des bluots des Herrn nach-
der täufer bewegang die Ablehnung des katholischen
und lutherischen Abendmahlsverständnisses nicht
weniger radikal (vgl. etwa die sämtlichen Täuferbe-
kenntnisse bei Schornbaum, Quellen zur Ge-
schichte der Wiedertäufer. 2.: Markgrafentum Bran-
denburg [ = Quellen und Forschungen zur Reforma-
tionsgeschichte 16]. Leipzig 1934).
23 Siehe Anm. 8!
24-29 Aus 1540 (Sehling 3, 65).

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