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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0107
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I 2 Kirchenordnung von 1543

Zum ersten, das solche unsers leibs schwacheit
uns von Gott dem Herrn umb keiner andern ur-
sachen denn allein umb der sünde willen zuge-
schickt wirt und das die erbsünd, welche wir von
Adam ererbt haben, den tod und alles, was in des
todes reich gehört als gebrechen, krankheit, schrek-
ken, trauern, jamer und not etc., mit sich bringt;
dann, wann wir on sünde weren bliben, so hette auch
der tod, vil weniger anderlei krankheit an uns nichts
mögen schaffen.
Zum andern: Damit wir aber in unsern sünden,
krankheiten und allerlei anfechtung, auch in des
tods angst und not nicht verzweifeln müssen, so
lehret uns das heilig evangelion, das uns Christus,
der einig Gottis Son, mit seinem heiligen leiden und
sterben vergebung der sünden erworben hat und
uns uber das auch der sünden los und selig machen
will, so wir nur seiner verheisung glauben und sein
werk, das er an uns würken wil, geduldiglich leiden.
Und solches geschicht durch zweierlei weise: Erst-
lich, das er uns hie auf erden durchs evangelion und
durch die heiligen sacrament unsere herzen und ge-
wissen reinige, wie Petrus in den Geschichten der
aposteln am 15. [9] bezeugt und spricht: Got reinige
die herzen durch den glauben. Darnach, wann un-
sere herzen und gewissen also von sünden gereinigt
und mit Got dem Vater durch den glauben versönet
sein, so muß auch die sünd aus unser natur und we-
sen ausgefegt und vertilgt und wir endlich von allen
sünden erledigt und in götlicher gerechtigkeit volkom-
men werden, auf das wir mit Got ewig leben mögen.
Zum dritten: Damit nun solches geschehe und in
uns volbracht werde, so schickt uns unser lieber
Herr Gott krankheit und endlich auch den tod zu,
nicht der meinung, das er mit uns zürne und uns
verderben wölle, sonder aus großer gnade, das er
uns in disem leben zu warer buoß und rechtem glau-
ben treib und endlich aus der sünden, darin wir
noch stecken, und aus allem unglück, beide leiblich
und geistlich, frei machen wil, wie das die heilig
schrift reichlich zeuget; dann also sagt der heilig
Paulus 1. Corin. 11 [32]: Wenn wir vom Herren
gerichtet werden, so werden wir gezüchtiget, auf das
wir nicht mit diser welt verdammt werden, des-
gleichen zun Römern am 8. [28, 38f.]: Denen, die
Gott lieben, müssen alle ding zum besten dienen und

kan sie von der liebe Gottis in Christo Jesu nichts
abscheiden, weder trübsal noch angst, weder tod
noch leben, weder gegenwertigs noch künftigs.
Zum vierten: Dieweil nun dem also ist und wir
aus dem heiligen evangelio, das mit dem tod und
auferstehung unsers Herrn Jesu Christi bezeuget
ist worden, des aufs allergewisest und sicherst sein,
das all unsere sünd von uns auf Christum gelegt, ja
nun auch von Christo ganz und gar hinweg geton
und ewig vertilget sein und also vor Gottis ange-
sicht gar kein ursach des zorns und der verdamnus
wider die glaubigen vorhanden ist, sonder eitel gnad,
trost, leben und seligkeit, sintemal unser lieber Herr
Got uns nun in seinen augen hat und sihet uns gene-
diglich an nicht als böse, verdampte sünder, vom
Adam geborn, sonder als ganz gerechte, heilige, liebe
kinder in Christo, in welches gerechtigkeit und leben
wir so gewißlich leben und selig sein sollen durch den
glauben ewiglich, als gewiß und warhaftig er nicht
in seinen eignen sünden (dann er hat kein sünd nie
geton), sonder umb unser sünd willen Gottis zorn
getragen hat und gestorben ist.
So sehet nun und tröstet euch solcher gnaden und
wisset, das die sünd, der zorn Gottis, der tod und
die helle gar nicht mer mit euch zu schaffen haben,
sonder Christus, das einig Gottis lamb, tregt sie,
Joh. 1 [29], der sie auf sich genommen und nicht
allein auf sich genommen, sonder auch durch sich
selb uberwunden und ewiglich vertilget hat. Der-
halben ir euch durch und in demselben unserm
Herrn Jesu Christo aller gnaden, trosts, heils und
seligkeit zu Got dem Vater solt versehen und in
solcher trostlichen zuversicht in seinen gnedigen,
väterlichen willen ergeben und sagen: Der Herr ist
mein licht. Fur wem solt ich mich fürchten [Psalm
27, 1] ? Mein vater im himel, dein will geschehe! In
dein hend befilch ich mein geist [Luk. 23, 46]. Amen.
Und so der kranke noch nicht hat gebeicht, sol er
in darzu vermanen und ungeferlich also sprechen:
Damit ir aber das alles dester baß fassen und
glauben könt, mögt ir euer beicht tun und, was euch
in eurem gewissen am allermeisten beschweret und
anfichtet, mir anzeigen, so wil ich euch christlich
und treulich darin unterrichten, trösten und aus be-
felch Christi die absolution mitteilen.

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