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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0153
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I 15 Visitationsordnung von 1560/1566

ministration der sacramenten gebüerende gleichait
gehalten werde in dem verstand, wie in unserer kir-
chenordnung25 nach der lenge ausgefürt ist.
Nachdem es sich aber zutragen mag, das etliche
kirchendiener auf den dorfern, so mer als ein kirch
zu versehen haben, sich beclagen werden, es wöll
inen das gesang und anders zu lang sein, so sollen
die verordneten visitatores allwegen nach gelegen-
hait des orts bevelch geben in ansehung, das solche
specialfell, die sich hie und wider nach gelegenhait
endern, in der gemainen kirchenordnung nit haben
mögen begriffen werden26.
e
[13.] Verner und zum dreizehenden bringt unser
kirchenordnung an seinem ort27 mit sich, das man
die spital auch fleißig visitirn und auf derselben güe-
ter, gefell, einkomen und haushaltung achtung ha-
ben soll.
Derwegen, so ist unser bevelch, das oftermelte
visitatores in diesen puncten treulich bevolhen sein
lassen; dann mermals clag zur canzlei komen, das in
denselben nit gar wol hausgehalten werde,
item, das kain zucht in gemelten spitälern gehand-
habt werde,
item, das spitalmaister und etliche andere mer

e 1566 +:
Dieweil auch oftmals clagen fürbracht werden,
das unsere kirchen auf dem Norgkaw mit seel-
sorgern nicht nach notturft sollen versehen, be-
sonders oft funf oder sechs pfarrn zusamenge-
schlagen sein26, also das in etlichen kirchendor-
fern nur in der funften oder sechsten wochen ein
predig geschicht, daraus dann erfolgt, das das
volk merglich an Gottes wort versaumbt und die
jugend im catechismo nit underwisen wird, der-
halben unser bevelch ist, das unsere visitatores
sich hirüber bei unsern ambtleuten, den pfarrern,
censorn und andern wissenhaften personen aller
gelegenhait und notturft sich erkundigen, die-
selbige ir erfarung auch und, was ir bedenken und
gutachten darüber, das unsern undertanen zu
guten ze tun und zu verordnen sein möcht, aigent-
lich verzaichnen und in ir relation bringen, damit
fürter notwendige anstellung und fürsehung, der
ende es vonnöten, geschehen mög.
25 f. 71. 72v. 97v.
26 Dabei handelt es sich nicht um eine Zusammen-
legung in Zusammenhang mit der Reformation, son-
dern um ein Erbe der mittelalterlichen Gepflogen-

personen eins leichtfertigen wesens und wandels sein.
Dis alles und was dergleichen meer ist, soll wol er-
kündiget und darauf die gebür ernstlich fürgenomen
werden.
[14.] Zum viertzehenden: So seind uns vielfeltige
clagen hin und wider zuekomen, wie die pfarrn und
kirchenheuser, auch die ligende güeter, so zue den
pfarrn und kirchen gehörig, in ainen merklichen ab-
gang, verwüstung und unpau geraten.
Wiewol nu diser punct, one das in der kirchenord-
nung28 begriffen, so ist doch unser bevelch, uf disen
punct ernstliche execution etiam in futurum zue
tun und, das man demselbigen insonderhait vleißig
nachgedenk, was furter für ordnung darunder zu
geben und zu halten, das auch denen pfarrern und
kirchendienern, so deswegen specialiter uf die visi-
tation vertröst worden, fürderlich nach billichait
geholfen werde.
[15.] Zum fünfzehenden: So spüren und befinden
wir im werk, sonderlich alhie zu Neuburg, auch fast
durchaus unsers furstentumbs, das das gemaine volk
seer unfleißig in die kirche gehet, das auch an etli-
chen orten under der mittagspredig nit allain er-
laubte kurzweil als schießen mit armbrost und puch-
sen, sonder auch rassel28*, tenz und spiel gehalten
heit, die Errichtung neuer Stellen ganz der Opfer-
willigkeit der Beteiligten oder ihrer Grundherren zu
überlassen und sie gleichzeitig durch die Rücksicht
auf das Einkommen der bisher zuständigen Pfarrer
zu erschweren. Unter pfarrn sind hier deshalb auch
nicht früher selbständige Pfarreien zu verstehen,
sondern einfach Tochterkirchen. So hatte z.B. die
Pfarrei Kallmünz deren nicht weniger als 6: Dietl-
dorf, Duggendorf, Eich, Emhof, Pottenstetten und
Rohrbach. Davon blieb schließlich nur Eich bei
Kallmünz. Dietldorf (mit Emhof und Rohrbach) und
Duggendorf wurden 1581 selbständig. Pottenstetten
kam zu dem günstiger gelegenen Burglengenfeld
(vgl. Simon, Atlas).
27 f. 67v. 28 f. 153-156.
28* = lärmende Spiele. - Das Hauptwort ist in einem
hier passenden Sinn den Wörterbüchern unbekannt.
Der Sinn ergibt sich aber aus dem Zeitwort rasseln
= klappern, lärmen, spielen, verbotene Spiele trei-
ben (Fischer 5, 147f.), bes. würfeln (Campe Joach.
Heinr., Wörterbuch der deutschen Sprache [Braun-
schweig 1809] 3, 749) oder noch wahrscheinlicher =
lärmend spielen (vgl.: Rasselbande) und dem davon
abgeleiteten Wort Raßler = Spieler (Schmeller 3,
137).

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