Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0173
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I 18 Kirchenordnung von 1570

der waren und reinen lehr die zeit ires lebens ge-
halten, wie sie dieselbige gemeint, ldar und aus-
trücklich bekant, und das irer väterlichen gnaden
letztem und allerliebsten befelch ein genügen ge-
schehe, wie wir uns dann als gehorsame söne darzu
pflichtig und schuldig erkennen und für uns selbs
ganz begierig und geneigt sind. Wollen auch in kei-
nen zweifel setzen, ir als christenliche seelsorger,
kirchen- und schuldiener werdet eines solchen nicht
wenig erfreuet sein und euch dasselbige zu einer
christlichen, gottseligen nachfolg bei euch selbs und
euern zuhörern als ein christlich, treffenlich exempel
und fürbild zu seiner zeit nutz und werd machen,
inmaßen wir auch allen unsern landsessen, unter-
tanen und angehörigen, was stands, wirden oder
wesens die seind, das sie solches alles mit sonderer
begierd und neigung vernemen werden, gnediglich
und genzlich antrauen.
Und lautet oftermelte christenliche confession,
wie solche obgedachtem testament an seinem ort
einverleibt und in dreien unterschiedlichen, gleich-
lautenden exemplaren auf pergamen geschrieben
(damit wir nichts darzu oder darvon tun), wie von
wort zu wort im buchstaben hernach folgt.
[Auszug aus dem Testament
des Pfalzgrafen Wolfgang9:]
Anfenglich, so tun wir uns bedechtiglich erinnern,
aus was christenlichen und vernünftigen ursachen
solche ordnungen und erklerungen eines jeden
christglaubigen menschen letzten willens, so man
testament nennet, vor uralten zeiten hergeflossen,
auch mit was großem bedacht, anmutung und nach-
denken die heiligen erzväter und patriarchen, auch
könig und andere gottselige leut, so in der heiligen
schrift und der kirchen historien celebrirt und ge-
rühmet sind, vor irem letzten ende dahin gesehen,
das sie iren kindern und nachkommen ein gewiß,
bestendig, ausgedruckt und unverdunkelt zeugnus
irer lehr und warhaftig bekantnus als die einige
höchste, heilsamste, tröstlichste und beste erb-

9 Für die Stilisierung des religiösen und kirchlichen
Teils des Testaments darf wohl der Hofprediger
Codonius verantwortlich gemacht werden. — In der
Kirchenordnung ohne Kennzeichnung übergangene

schaft, die inen auf disem erdboden begegnen mag,
hinderlassen möchten, daraus gemeldte nachkom-
men sich bestendiglich und mit augenscheinlichem
und nach Gottes wort reguliertem grund zu berich-
ten hetten, was irer lieben und treuherzigen vor-
eltern religion und glauben, welchen sie aus Gottes
wort und desselbigen hellen, öffentlichen zeugnussen
gelernet und empfangen, gewesen were, und also dem-
selben in richtigem, unverendertem fußstapfen desto
treulicher nachsetzen und nit allein die weltliche (so
das gesetz und die natur geordnet), sonder auch die
geistliche erbschaft (so uns Gottes Son von himel
herab aus des Vaters schoß geoffenbaret, welche der
andern weit fürzusetzen) empfahen, ererben, an-
nemen und durch die kraft des Allmechtigen be-
halten möchten, wie solches die treffenliche, herr-
liche exempel des alten testaments, fürnemlich des
patriarchen Jacobs10 und könig Davids11, als er (wie
seine wort selbs lauten) den weg aller welt geht, und
auch im neuen testament unsers einigen mitlers und
Heilands Jesu Christi selbs klärlich beweisen und
dargeben und one das die wichtigkeit solcher hand-
lung an ir selbs mitbringt, das dasjenig, so christen-
liche, gottselige eltern vor irem letzten abschied,
one weitere enderung gottseliglich und wol be-
schlossen, bei iren kindern und nachkommen desto
mehr autoritet und ansehens hat, auch lenger in ge-
dechtnus bleibt, wie dann bei einem jeden gehor-
samen kind und andern, die solcher letzter will be-
rüren mag, dergleichen erklerung, auch anders, so
dermaßen testamentsweis verordnet, billich in
hoher betrachtung, lieb, angenem und werd gehal-
ten werden sol.
Dieweil wir dann als ein christenlicher, gottlieben-
der fürst, der in der warhaftigen, alleinseligmachen-
den lehr erborn und erzogen, bis auf diese stunde mit
hilf des Allmechtigen darinnen verharret und ver-
mittels desselben bis zu unserm seligen abschied
darbei bestendiglich zu verharren gedenken, wel-
chem das ewig und unzergenglich billich viel mehr
dann das zeitlich und zergenglich angelegen sein soll,
Teile des Testamentes sind in dieser Ausgabe durch
[.] kenntlich gemacht.
10 1.Mose 49.
11 1.Kön. 2.

153
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften