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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0215
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I 20 Generalartikel von 1576

3. Es sollen auch die superintendenten den pfar-
rern, diaconen und kirchendienern uferlegen und
bevelhen, das si diejenigen personen, so sich in ehe-
stand begeben wöllen und durch si umb zesamen-
degebung ersuecht werden (wie si dann ein solches
ze tuen schuldig sein sollen), austrucklich und ernst-
lich examiniren
[1.] erstlich, ob und wie si einander mit sipp-57
oder magschaft58 verwandt,
[2.] zum andern, ob es mit wissen und willen der
eltern und nit heimblicher weise beschehen,
[3.] zum dritten, ob si beede ledig und sonst nie-
mands anderm versprochen seien,
[4.] solchem nach si beede aus dem catechismo,
wie si desselben einen underricht haben, verhören.
Da nun in solchem allen kain mangl befunden,
sollen die neue eheleut ohne alle hindernus vermög
der kirchenordnung eingesegnet werden.
Wann aber in einem oder mehr oberzelten artikeln
was bedenklichs vorfallen wurde, auch der pfarrer
sich nicht darein ze schicken wußte, soll er solches
an seinen superintendenten gelangen lassen, der
ihme vermög seiner habenden instruction und in den
synodis ervolgten resolution genugsamen bericht
geben oder solche an das consistorium weisen solle.
4. Dieweil sich auch oft und vil begibt, daß ehe-
leut, under welchen sich zu mehrmalen widerwillen
und trennung zuetregt, durch die ambtleut uf vor-
geende verhör hwol entscheidenh wider zesamende
geteidingt59 werden und solcher gestalt die canzlei
viler unnotwendiger bemueung, auch die part un-
notwendigs kosten uberhebt sein und bleiben, dem-
nach, wann sich dergleichen irrungen zuegetragen,
sollen die ambtleut die sachen nit alsbald zur canzlei
schicken, sunder sambt dem superintendenten allen
vleiß vorwenden, ob si guetlich zesamengeteidingt
werden möchten.
Wo aber die guetliche underhandlung bei ihnen
nit statt haben, alsdann mit allem bericht zum con-
sistorio gelangen und der enden beschaits sich er-

h-h Der Text ist hier schwerlich in Ordnung, doch steht
er so auch im „Auszug“.
i-i Auszug: diejenigen, so einander die ehe verspro-
chen und einander dieselbige wider
57 = Blutsverwandtschaft.

holen, doch sich allerdings keiner ehescheidung
underwinden.
5. Zu verhuetung vilerlai unrats sollen auch die
zesamenverheurate den kirchgang nach gehaltener
verlöbnus nit lang ufziehen und, da solches geschehe,
durch superintendenten und censores beschickt und
solches ires ufzugs ursachen angehört und darzue
ermanet und, da solches nachmaln nit geschehe, der
öbrigkait angezaigt werden, si darzu anzehalten.
6. Da auch idie junge eheleut einander die ee-
pflichti ufsagen, abkaufen oder sich sonsten ver-
gleichen, sollen dieselbige fur die ambtleut gewisen
und uf iren bericht nachgestalten sachen mit un-
gnaden gestraft werden.
7. Die im schein der ehe lange zeit beieinander
gewonet und von den nachbarn fur ehelich gehalten
oder sonst verschwigen und geduldet werden und
auch nie vor der kirchen solches offentlich bezeuget,
eingeleitet und eingesegnet worden, sollen auch nach
scherpf und ungnaden gestraft werden, wie dann die
superintendenten laut habender instruction in visi-
tationen von unehelicher beiwonung vleißig inqui-
riren60 sollen.
8. Nachdem auch ein allgemeine eheordnung61 be-
griffen und dieselbige alle halbjar offentlich zu ver-
lesen bevolhen, sollen die superintendenten in visi-
tationibus gleichfalls erkundigung gebrauchen, ob
solche eheordnung zu bestimbter zeit verlesen und,
mit was vleiß die gemain darzue komen, und die-
jenige, so sich derselben eußern, ufzeichnen und be-
richten, mit ernstlicher straf und ungnad gegen den-
selben zu verfaren haben.
XXIII.
Von besuechung der kranken.
1. Damit die pfarrer und kirchendiener in besu-
chung der kranken bei nacht und sterbensleuften
alle stund nit also gespannen steen muessen, sonder
derselben, damit si vermittlst der gnaden Gottes
58 = Schwägerschaft.
58 = vertraglich regeln (Schmeller 1, 585).
60 Vgl. die Frage an die Pfarrer in der Visitationsord-
nung von 1560 (S. 138) und in der Superintendenz-
ordnung von 1562 (S. 142!).
61 Siehe unsere Nr. I 22!

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