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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0217
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I 20 Generalartikel von 1576

10. Nachdem man auch berichtet, daß in dem
bainheuslin63 noch totenbain vorhanden, welches
ursprunglich vom bapstumb herrueret, denen si das
weichwasser gegeben, auch sunst vil zauberei dar-
mit getriben, die toten leichnam aber vermög Got-
tes ordnung nicht uf, sonder under die erden gehörn
und daselbsten bis zur aufersteung erhalten werden,
sollen die ambtleut, hofmarkshern und superinten-
denten an allen orten die verordnung tuen, darmit
solche totenbainer alsbald eingegraben, auch hin-
furo nit gestattet, der totenbainer aines unbegra-
ben ob der erden ligen zu lassen. Der uncost, so daru-
ber geen möchte, soll von jeden orts kirchengefellen
ausgerichtet werden.
XXV.
Von hochzeit- und leichpredigten insun-
derhait.
Die hochzeit, oder leichpredigten, so furfallen,
sollen durch die pfarrer und kirchendiener uf jedes
begern und zeitlichs zuvoranzeigen ungeverlich
lenger nit dann uf ein halbe stund gehalten werden.
2. Da es aber die zeit nit leiden möchte, soll durch
den pfarrer allain die vermanung, welche fur sich
selbst ein herrliche kurze predig vom ehestand ist,
aus der kirchenordnung64 zu underweisung und er-
innerung der neuen eheleut gelesen werden.
3. Wann aber zu sterbenszeiten leichpredigen ze
tuen, der pfarrer oder kirchendiener von jemand ge-
beten, soll er dieselbige, im fall er sonsten nicht
uberlegt und ime möglich, verrichten, wo nit, aus
ermelter kirchenordnung65 furlesen.
4. Und nachdem zu erhaltung der hausarmen und
bresthaften leuten allenthalben ein gotteskasten uf-
zerichten, so sollen demnach die pfarrer oder kir-
chendiener in solchen predigten die leut zu milter
reichung almosens der armen erinnern und christlich
vermanen.
Nachdem dann den pfarren von alters hero des-
wegen etwas gegeben, sollen si hinfurter nichts for-
dern, da aber aus guetwilligkait inen etwas gegeben,
63 Im Untergeschoß einer Friedhofskapelle (Karner =
carnarium) oder in einem An- oder Vorbau der Kir-
che.
64 f. 122v—126. 65 f. 141-147.

mögen si solches nemen und nicht desto weniger sich
vermög ires tragenden ambts der gebur in allweg
verhalten, daß si nichts umb gelts oder verehrung
willen getan oder underlassen, das von ihnen erfor-
dert werden mögen.
XXVI.
Von den pfarrern, kirchen- und schuel-
dienern ingemein.
Damit die schuelen in märkten und dörfern
notturftiglichen versehen und derselben abgewartet
werden möge, so soll hinfuro zu derselben, wie bis
daher geschehen, kein ander ambt als statt- und ge-
richtschreibers-, item zol- und mautambt gezogen
oder zesamendegeschlagen werden, es seie dann die
schuelbesoldung so gering, daß sich kainer darbei
erhalten kunte, welches doch anderer gestalt nit zu-
gelassen werden solle; dann da die anordnung also
geschehen, daß hierdurch in der schuel an der ju-
gend in alweg nichts versaumbt werde, deswegen
dann die superintendenten in volgenden visitationi-
bus ihne vleißige nachfrag haben sollen.
XXVII.
Von geburendem schutz der kirchendie-
ner.
Nachdem Gottes austruklicher bevelch, das die
kirchen- und schueldiener in gebürlichen ehrn ge-
halten und von meniglich unbetruebt bleiben sollen,
so bevelhen wir hiemit ernstlich allen unsern ambt-
leuten, landsessen und andern nachgesetzten ober-
keiten, daß si den pfarrern, kirchen- oder schuel-
dienern für sich selbst weder trauen1, noch si schme-
hen oder bochen, auch es andern ze tuen nit gestat-
ten, sunder uber ihnen treulich und ernstlich halten,
si ehren und an dem, was sunst zu irer gebürlichem
schutz und handhabung dienstlich, nichts erwin-
den2 lassen wöllen; dann, sollte demselben zewider-
1 = drohen.
2 = fehlen, mangeln (Schmeller 2, 497. - Grimm 3,
1066).

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