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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0323
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II 6. Amberger Mandat vom 20. Jan. 1567.
Was der durchleuchtigist pfalzgraf Fridrich, churfürst etc.,unser gnedigister herr,
fur ergerliche ceremonien ab- und hergegen für verpesserung bei der kirchen und
derselben dienern alhir angestellt haben will.

A
Erstlich wellen sein churfürstlichen gn[aden] den
chorrock1 nicht lenger gepraucht haben.
Zum andern, das das tuchlein, so man den comuni-
canten underhelt2, abgeschafft werde.
Zum dritten, das die wort des nachtmals des
Herrn nicht mer gesungen oder zum prot geredt,
sonder zuvor dem volk verstendigelich verlesen oder
gesprochen werden.
Zum vierten, das bei der tauf der exorcismus3
nicht mer gepraucht.
Zum fünften, das di zehen gepot Gottes ganz, wie
si in der bibel Exodi 20 [2-17], Deut[eronomii] 4.
und 10. capitl4 der gemein und jugent fürgetragen
werden.
Zum sechsten sollen si sich des lateinischen ge-
sangs, item Ave Maria5, angst Christi6 und Tene-
braeleutens7 endhalten.
Druckvorlage: Zwei Überlieferungen, die unge-
schieden in einer Abschrift zusammengeschrieben über-
liefert sind. (Papier, Folio, 3 Blätter [2v und 3 leer]. —
Amberg StA ORuR 840f. 116-118 [Produkt 18]).
Siehe oben S. 260!
1 Siehe oben S. 77 Anm. 34!
2 Es sollte verhüten, daß Hostienteile oder Weintrop-
fen zur Erde oder auf Kleider fielen. Es wurde von
zwei beiderseits der Kommunikanten stehenden
Geistlichen, Lehrern, Mesnern oder Bürgern diesen
untergehalten (Paul Graff, Geschichte der Auf-
lösung der alten gottesdienstlichen Formen in der
evangelischen Kirche Deutschlands. 12 [Göttingen
1937] 196. - Sehling 11, 622 Anm. 27; 12, 313).
3 Siehe oben S. 100 und 293 Anm. 36!
4 Richtig 5.Mos. 5, 6-18. - Zur verschiedenen Zählung
der Zehngebote vgl. Sehling 12, 67! Der Streit ging
um die Beibehaltung des Bilderverbotes (2.Mos. 20,
4ff.).
5 Ave Maria = der Gruß des Engels Gabriel (Luk. 1,
21) und der Gruß der Elisabeth (Luk. 1, 42) an
Maria. Die heute allgemein übliche Anrufung Marias
am Schluß war in der Reformationszeit noch nicht
überall üblich (LThK 13, 1141). So konnte der Gruß
auch in evangelischen Kreisen weiter verwendet wer-

Letzlichen soll ein rat alhie aus den kirchen alles
götzenwerk, bilder, crucifix und anders, was der-
gleichen mer ist, vermög irer furstlichen gnaden ge-
meinen bevölchs8 hinwegschaffen.
Diser puncten haben sich die predicanten mit
nichten zu verweigern, weil si an inen selbst christ-
lich und in Gottes wort austrucklich gegrundet und
in merersteils der augspurgischen confession ver-
wanten kirchen gebreuchlich und irer furstlichen
gnaden auch einem rat die anstellung der ceremo-
nien vermög der predicanten gelobten bestallungen9
austrucklich vorbehalten.
B
Die chorröck abzutun, die tuchle nicht mer vorzu-
halten, die pildnus zu verfolgen oder abzutun, das
in der tauf nit gepraucht werde: Fahr aus, du unrei-
ner Geist10.
den, wie er z.B. auch in Nürnberg im Gottesdienst
bis in die Zeit des Schmalkaldischen Krieges (10.
März 1547) dem Vaterunser auch in seinem gottes-
dienstlichen Gebrauch angehängt blieb (Klaus,
Dietrich 251. 259).
6 Die auch als Gedenken des Blutigen Schweißes Jesu
bezeichnete Andacht am Donnerstag (vgl. oben
S. 289!).
7 Läßt sich schon nicht entscheiden, ob das Wort Läu-
ten nur zu Tenebrae oder auch schon zu Ave Maria
und Angst Christi gehört, so läßt sich wieder nicht
sagen, ob damit nur das Läuten oder auch die bei der
Angst Christi und dem Tenebrae möglicherweise
dazu gehörige Andacht gemeint ist (zu diesen vgl.
oben S. 289 und S. 292!). Wahrscheinlich ist nur
das Läuten gemeint, wobei dann an das tägliche
Gebetsläuten zu Morgen, Mittag und Abend zu den-
ken ist. Dabei fällt freilich auf, daß das Tenebrae-
läuten, das sich als Mittagsläuten verstehen ließe,
vor dem als Abendläuten zu verstehenden Angst-
läuten genannt wird (LThK 12, 559; 542 f.; 1,1141).
8 Ein besonderer für die Oberpfalz bestimmter Befehl
von damals ist nicht bekannt. Es ist also nur dieser
Befehl hier gemeint.
9 Eine solche durch den Rat ist bis jetzt noch unbe-
kannt. 10 Der Exorzismus.

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