II 9. Einschärfung verschiedener Mandate gegen Laster und
kirchliche Mißstände vom 2. Juni 1584.
Joachim, der eltern grafen graf zu Ortenburg / etc., avormunda und der curfürstli-
chen pfalz administrators vicedom, auch bcanzler, und andere verordnete räte zu
Ambergb.
Unsern gruß und freundliche dienst zuvor! Ehr-
sam und weis, liebe, besondere und gute freund!
Ir werdet euch zweifelsfrei ohne weitleuftige er-
innerung genugsam zu berichten wissen, was vor
etlichen jaren von curfürstlicher pfalz wegen viler
beschwerlichen, nachgesatzten puncten für treu-
herzige, väterliche, wolgemeinte mandata und ord-
nung usgangen und zur notturft zu publicieren be-
volhen worden.
1. Als nemlich betreffend die ubermeßige vor-
gehende unzucht sowol bei den alten im ehestand
lebeten als ledigen personen, daraus erfolgende
schwängerung, die gar zu frü zusammenbettung,
verheiratung der verwittibten personen vor der zeit,
die leichtfertige und geringschätzige eheverlöbnus
des jungen volks, indem daß es nicht allein mit der-
selbigen ohne vorwissen ihrer eltern, vormund, ver-
wandten und andern ehrliebenden leuten miteinan-
der ungehorsamblichen und sträflich sich einlassen,
sondern, do auch zu zeiten mit bewilligung, gut-
achten und beisein obbemelter personen die ver-
sprechung beschehen, hierauf die sponsalia, hand-
vest1, auch gewönliche proclamation vor der ge-
meinde Gottes offentlichen erfolget, sie dannoch
hernacher ganz halstarrig und unchristlich darauf zu
verharren2 oder genzlichen davon zu resiliren und
abzuspringen, sich unterwinden.
Druckvorlage: Originaldruck (von Mühlmarckart
in Amberg, Papier, Quart, 6 Blätter [letztes Blatt leer].
- Amberg StadtA Administrativakt 801). - Siehe oben
S. 271!
a-a Hier fehlt zunächst der Name des Landesherrn,
etwa „pfalzgrafen Johann Oasimirs etc.“ Dann
sollte es außerdem „vormunds“ heißen (vgl. die
Überschrift in unserer Nr. II 10, S. 325).
b-b Diese Wörter stehen in der Vorlage erst ganz am
Schluß. Offenbar war zuerst die Verordnung ohne
den Kopf gedruckt und dieser dann erst nachträg-
2. Das so gemein in schwang gehende gotteslestern.
3. Verachtung Gottes worts, versäumung der
predigt unter der kirchzeit, do solche mit spilen,
zechen und sonsten in andere strafwürdige weg zu-
gebracht, wie nichtswenigers die undertanen euers
anbevolhenen ambts eben um solche weil tänz,
kugel- und spilplätz anrichten.
4. Item von den weibern gebachen, gewaschen,
darneben büer ufgeladen, in die mül aus- und ein-
gefahren.
5. Darzu die gemelte undertane zum jagen gezo-
gen werden.
6. Ferners die so hochverbotene zauberei, segen-
sprechen, warsagen und diejenigen person, welche
solchen leuten nachlaufen, ihres rats gebrauchen
und unterschlupf geben.
7. Mehr den gar großen uberfluß, der mit essen und
trinken in und nach den kindmalen3 gehalten, an-
stellung der hochzeiten und, daß dieselben so spat in
die kirchen kommen.
8. Das abgöttisch wetterleuten und unzüchtige
rockenstuben.
9. Den korrock.
10. Das lang sitzen und, rumorisch wesen in die
nacht.
11. Den exceß mit ufwendung des uncostens, der
in abhörung der gottshäuserrechung vorgenomen.
lich darübergedruckt worden, wobei, zumal er in
größerer Schrift gesetzt wurde, der Raum nicht
ausreichte.
1 Die vest = Bekräftigung; handvest = Bekräftigung
des Verlöbnisses durch Handschlag (und das dabei ge-
haltene Mahl) (Schmeller 1, 775).
2 = es dabei bleiben lassen, ohne zur vollen Eheschlie-
ßung zu schreiten.
3 = Mahl nach der Geburt für Paten, Hebamme usw.
am Tauftag oder zu anderer Zeit (Schmeller 1,
1582).
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kirchliche Mißstände vom 2. Juni 1584.
Joachim, der eltern grafen graf zu Ortenburg / etc., avormunda und der curfürstli-
chen pfalz administrators vicedom, auch bcanzler, und andere verordnete räte zu
Ambergb.
Unsern gruß und freundliche dienst zuvor! Ehr-
sam und weis, liebe, besondere und gute freund!
Ir werdet euch zweifelsfrei ohne weitleuftige er-
innerung genugsam zu berichten wissen, was vor
etlichen jaren von curfürstlicher pfalz wegen viler
beschwerlichen, nachgesatzten puncten für treu-
herzige, väterliche, wolgemeinte mandata und ord-
nung usgangen und zur notturft zu publicieren be-
volhen worden.
1. Als nemlich betreffend die ubermeßige vor-
gehende unzucht sowol bei den alten im ehestand
lebeten als ledigen personen, daraus erfolgende
schwängerung, die gar zu frü zusammenbettung,
verheiratung der verwittibten personen vor der zeit,
die leichtfertige und geringschätzige eheverlöbnus
des jungen volks, indem daß es nicht allein mit der-
selbigen ohne vorwissen ihrer eltern, vormund, ver-
wandten und andern ehrliebenden leuten miteinan-
der ungehorsamblichen und sträflich sich einlassen,
sondern, do auch zu zeiten mit bewilligung, gut-
achten und beisein obbemelter personen die ver-
sprechung beschehen, hierauf die sponsalia, hand-
vest1, auch gewönliche proclamation vor der ge-
meinde Gottes offentlichen erfolget, sie dannoch
hernacher ganz halstarrig und unchristlich darauf zu
verharren2 oder genzlichen davon zu resiliren und
abzuspringen, sich unterwinden.
Druckvorlage: Originaldruck (von Mühlmarckart
in Amberg, Papier, Quart, 6 Blätter [letztes Blatt leer].
- Amberg StadtA Administrativakt 801). - Siehe oben
S. 271!
a-a Hier fehlt zunächst der Name des Landesherrn,
etwa „pfalzgrafen Johann Oasimirs etc.“ Dann
sollte es außerdem „vormunds“ heißen (vgl. die
Überschrift in unserer Nr. II 10, S. 325).
b-b Diese Wörter stehen in der Vorlage erst ganz am
Schluß. Offenbar war zuerst die Verordnung ohne
den Kopf gedruckt und dieser dann erst nachträg-
2. Das so gemein in schwang gehende gotteslestern.
3. Verachtung Gottes worts, versäumung der
predigt unter der kirchzeit, do solche mit spilen,
zechen und sonsten in andere strafwürdige weg zu-
gebracht, wie nichtswenigers die undertanen euers
anbevolhenen ambts eben um solche weil tänz,
kugel- und spilplätz anrichten.
4. Item von den weibern gebachen, gewaschen,
darneben büer ufgeladen, in die mül aus- und ein-
gefahren.
5. Darzu die gemelte undertane zum jagen gezo-
gen werden.
6. Ferners die so hochverbotene zauberei, segen-
sprechen, warsagen und diejenigen person, welche
solchen leuten nachlaufen, ihres rats gebrauchen
und unterschlupf geben.
7. Mehr den gar großen uberfluß, der mit essen und
trinken in und nach den kindmalen3 gehalten, an-
stellung der hochzeiten und, daß dieselben so spat in
die kirchen kommen.
8. Das abgöttisch wetterleuten und unzüchtige
rockenstuben.
9. Den korrock.
10. Das lang sitzen und, rumorisch wesen in die
nacht.
11. Den exceß mit ufwendung des uncostens, der
in abhörung der gottshäuserrechung vorgenomen.
lich darübergedruckt worden, wobei, zumal er in
größerer Schrift gesetzt wurde, der Raum nicht
ausreichte.
1 Die vest = Bekräftigung; handvest = Bekräftigung
des Verlöbnisses durch Handschlag (und das dabei ge-
haltene Mahl) (Schmeller 1, 775).
2 = es dabei bleiben lassen, ohne zur vollen Eheschlie-
ßung zu schreiten.
3 = Mahl nach der Geburt für Paten, Hebamme usw.
am Tauftag oder zu anderer Zeit (Schmeller 1,
1582).
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