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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0375
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II 19 Presbyterii Ordnung von 1615

hen und fassen können, ob sie nemblich mit ernst,
treu und fleiß studiren, erbaulich predigen und leh-
ren, die heiligen sacrament ausspenden, die jugend
recht fleißig und wol unterrichten, die kranken und
gefangenen besuchen und trösten und der ganzen
gemeind und jugend heil, seligkeit und wolfahrt
suchen. Neben dem sollen sie auch uf der irigen
leben und haushaltung acht haben, daß sie darinnen
niemand ärgernus geben und, wo mängel befunden,
ihnen dieselbe freundlich und christlich untersagen1
und zu verbessern sie vermahnen.
Darnach und zum andern sollen sie achtung geben
uf die ganze gemeind, ob bei derselben verdamm-
liche irrtumb vorlaufen, jemand die wahre christ-
liche religion offentlich lästere oder in schand und
lastern (als geiz und hoffart, neid und haß, fressen
und saufen und dergleichen sünden) heimblich oder
offentlich leben, ob sich die eheleute wol betragen,
ob die eltern ihren kindern, die hausväter und haus-
mütter ihrem gesinde mit gueten exempeln vor-
leuchten, sich fleißig zur kirchen halten und ihre
kinder und gesinde in der furcht Gottes uferziehen.
Ferners und zum dritten sollen sie fleißig nach-
forschen, ob auch in ihrer gemeinde hausarme sein,
welche sich des bettlens schämen und doch not lei-
den, item, ob hie oder dort kranke ligen, so keine
wartung haben.
Im fall nun ein prediger oder ein ander in der ge-
mein were, so ein unchristlich und ärgerlich leben
führte oder mit verdammlichen irrtumben, gottes-
lästerlicher und falscher lehr behaftet, solches aber
nicht der ganzen gemeind oder vielen offenbar, son-
dern entweder einem allein oder wenigen bekannt,
soll derjenige, welchem es wissent, hingehen und sei-
nen bruder zwischen sich und ihme allein strafen.
Höret er ihn, so hat er seinen bruder gewonnen.
Höret er ihn nicht, so nehme er noch einen oder
zween eltisten zu sich. Höret er die auch nicht, so
seind die schuldig, solches uf den gewöhnlichen kon-
vent der eltisten einzubringen.
Wofern aber arme und kranke in der gemeind we-
ren, sollen [die] eltisten sich ihrer notturft annehmen
und erstlich bei den almosenpflegern, darnach aber

1 = mit. ihnen darüber reden (Schmeller 2, 234).

im fall sich diese wegerten, etwas zu steuern, bei
dem versambleten rat der eltisten umb christliche
handreichung anhalten.
III.
Wann und wie oft die eltisten zusammen-
kommen und was alsdann ihre verrich-
tung sein soll.
Es sollen alle verordnete eltisten oder vorsteher
sambt den kirchendienern eines jeden orts wochent-
lich oder nach gelegenheit des orts größe und not-
turft je über zwo oder drei wochen sontags nach der
mittagspredigt oder, wie es sich nach gelegenheit je-
des orts schicken wird, an einem gewissen gelegenen
und darzu bestimbten und verordneten ort zusam-
menkommen, sich miteinander von denen sachen, so
zum bau und besserung der kirchen Christi dessel-
ben orts dienstlich und notwendig, unterreden.
In allen versamblungen soll kirchendiener als prä-
ses das gebet tun und darmit der handlung einen an-
fang machen. Nach dem gebet soll ermeldter kirchen-
diener, was er bei sich bedacht, das zum bau der
gemeind dienstlich sein möge, zu beratschlagen für-
bringen - belangend die predigt des worts Gottes,
die handlung der heiligen sacramenten, die kinder-
lehr, die unterweisung der alten2, die schule, almosen,
besuchung der armen, kranken und gefangenen,
item, was in der gemeind für ärgernus am schwang
gehen, so viel beides die religion und das leben und
wandel betreffen tut, und wie demselben zu begeg-
nen. Uf solches soll er ordenliche umbfrag halten und
eines jeden bedenken insonderheit anhören.
Darnach soll auch der kirchendiener alle verord-
nete eltisten und vorsteher vermahnen, anzuzeigen,
was vor ärgernus ihres wissens in der gemeind vor-
laufen, wie sie meinen, daß demselben zu begegnen,
auch sonsten die gemeind in jetzt ermelten stucken
besser zu erbauen. Darüber soll er aller meinung
und guetdunkung nach der ordnung hören und das
seine auch darzu tun.
Wann nun beides, prediger und miteltisten, die-
jenige angezeigt haben, welche entweder offentliche
2 = das Institutionswerk (siehe oben Nr. II 15).

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