Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0377
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
II 19 Presbyterii Ordnung von 1615

sollen eltisten solchen ärgerlichen menschen vermög
des worts Gottes5 und unserer publizierten kirchen-
ordnung6 das heilige abentmal zu gebrauchen und
zu gevatterschaft zu stehen, freundlich und mit
christlicher bescheidenheit in der still, bis sie recht
ernstliche bueß erzeigen, abmahnen, damit die ent-
heiligung der sacramenten so viel möglich verhütet
und das ärgernus in der gemeinde nicht größer
werde.
Alles nun, was in solcher versamblung der eltisten
beschlossen oder gehandelt wird, soll in ein aigen
buch, so darzu verordnet, eingeschrieben und in
folgender versamblung, was beschlossen und was
einem jeden bevohlen, wieder verlesen und, wie die
sache verrichtet, angehöret werden, und wird sol-
ches buch der präses selbst verwahren und ver-
schlossen halten, damit, was gehandelt, verschwie-
gen bleibe7.
Was dann verrichtet, darzu soll er ein zaichen, wel-
ches bedeutet, daß es verrichtet sei, uf den rand
setzen. Die andern punkten, darbei solches zaichen
nicht stehet, sollen so lang und viel wider gelesen
und getrieben werden, bis sie auch verrichtet, und
alsdann - und nicht ehe! - solches zeichen hinzu-
setzen.
Letzlich soll präses, ehe dann er die ganze action
mit dem gebet beschließen würdet, noch einmal
umbfrag halten, ob einer oder der ander aus den
eltisten etwas zu erindern wisse, das zum kirchenbau
diene und dardurch den ärgernussen möge gesteuert
werden, damit uf nechstfolgender session diejenigen
personen, so solches betrift, fürgefordert werden
mögen.
IV.
Wann und wie sich die eltisten selbst un-
tereinander censuriren.
Dieweil auch das wort Gottes (wie oben gemeldet)
bevilcht, daß die eltisten zuvorderst uf sich selbst

5 etwa 1.Kor. 6, 9f.; 11, 27ff.
6 Sehling 14 Nr. 81. - Richter 2, 264.
7 Erhalten scheint sich ein solches Protokollbuch aus
der Oberpfalz nicht zu haben.

und ihre hausgenossen guet acht haben sollen, damit
sie nicht etwa derer dinge, darumb sie andere in der
gemeind strafen müssen, selbst schuldig erfunden
werden, so wollen und ordnen wir, daß jedes orts elti-
sten alle vierteljahr sich selbsten untereinander cen-
suriren sollen dergestalt und also, das pfarrer an-
fangs umbfrag halte, ob auch diese unsere publi-
cirte eltistenordnung in allen und jeden puncten
richtig gehalten werde, sie also ihr ampt miteinander
gebührlich verrichtet haben, daß die kirche durch
solchen ihren dienst erbauet und gebessert werde,
oder nicht.
Darnach trete für ein erstes ab der pfarrer selbst
und werde durch den, der alsdann die erste stelle in
ihren consessu hat, umbgefragt, ob sie an des pfar-
rers ampt wie auch an seinem und der seinen leben
und wandel einigen mangel wissen. Wann nun der,
so umbgefragt', auch das seine darzu gesagt und, was
pfarrern anzuzeigen und welcher gestalt geschlossen,
soll er, nachdem pfarrherr sich wider zu ihnen nider-
gesetzt, ihme ein solches in aller namen ohne alle
rachgirigkeit, verbitterung, heimblichen neid und
haß freundlich und guetlich anmelden, welches auch
von pfarrern anderst nicht als wolgemeint soll ver-
standen und mit dankbarem gemüt ufgenommen
werden.
Endlich treten die andern auch alle ordentlich
nacheinander ab und verrichte der pfarrer wie son-
sten also auch alsdann mit der umbfrag und anderm
das ampt eines präsidis - doch, daß er bei seinen
miteltisten auch ohne affecten und anders nit als
freundlich, bescheiden und vorsichtig handele.
V.
Von handhab dieser unserer ordnung.
Schlüßlich, weil uns ein jeder unser kirchen-
diener, wann er angenommen wird, an aids statt
versprüchnus tut1, seinesteils nach seinem besten
vermögen daranzusein, daß diese unser in Gottes
wort gegründte eltistenordnung steif gehalten und
1 Im kurpfälzischen Druck von 1609 noch nicht
(Sehling 14 Nr. 99!).

357
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften