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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0460
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Reichsstadt Regensburg

bestanden ist, auch andere vermonet hat, bei den-
selben als der gewisen warheit götlichs worts zu blei-
ben.
Und dieweil gleichwol auch nit allein in zeit doc-
tor Luthers leben etliche falsche lere als der bilde-
sterner3, widertaufer4 und zwinglischer5 entstan-
den, welche er doch mit grund heiliger, göttlicher
schrift bestendiglich widertriben und umbgestoßen,
sonder auch nach seinem absterben andere mehr
irtumb als des interims, der adiaphoristeri6, Majo-
ris7, Osianders8, Schwenckfelds9 und dergleichen
herfurgebracht worden, welche hin und wider vil
christlicher kirchen betrubt und irr gemacht, auch
zum tail gar verderbt haben und noch nit allerding
aufhören, schaden zu tuen, so solle der pfarrer sambt
den andern predigern solche irtumben bede, alt und
neu, jezuweilen nach gelegenhait einen nach dem an-
dern von der canzl strafen und mit guetem, ver-
stendigen grund heiliger göttlicher schrift one son-
derbare unnötige antastung widerlegen, auf daß die
christlich gemein also underrichtet und verwarnt
nit allein sich selb fur denselben irtumben zu hueten
wisse, sondern auch, was mainung der lerer und
prediger darinne sind, vernemen möge.
So sich aber begebe, das under den kirchendienern
einer oder mehr in ainichen artikeln unserer heiligen

3 = Bilderstürmer.
4 Siehe oben S. 394 Anm. 1! — Seit Durchführung der
Reformation ist in Regensburg von ihnen nicht mehr
die Rede. Als ihre wesentliche Irrlehre galt in Re-
gensburg wohl ihre der zwinglischen ähnliche Abend-
mahlslehre.
5 Nachdem man der Ansicht sein kann, daß Zwinglis
Abendmahlslehre durch den Züricher Konsens von
1549 sogar in der deutschsprachigen Schweiz zu-
gunsten der kalvinischen zurückgedrängt wurde
(RE 21, 734), ist jetzt weniger an Zwingli selbst als
an die Kalvinisten und an die von Gallus und Flacius
mit ihnen zusammengeworfenen Anhänger Melanch-
thons (die Philippisten [RE 15, 322-331]) gedacht
(Dollinger, Beiträge 141 ff.).
6 Adiaphora, Mitteldinge, sind Handlungen, deren
Begehung bzw. Unterlassung sittlich gleichgültig er-
scheint. Als solche verstand man in der Reforma-
tionszeit weithin Äußerlichkeiten, Zeremonien usw.
des kirchlichen Brauchtums. Während des Interims
betonte Flacius, daß es in statu confessionis keine
Adiaphora gebe. Seine Widersacher bezeichnete er
als Adiaphoristen (RE 1, 171ff. - Dollinger, Bei-
träge 133-139). Die Konkordienformel eignete sich

christlichen religion einer sonderbaren gespalten
mainung were oder sein wolte, solche ein sinderbare
mainung soll er kains wegs, weder auf die canzl
bringen und offentlich predigen noch auch sunsten
in ander wege ausbraiten, sonder dieselben zuvor
mit dem ehesten, dem herrn pfarrer, und andern die-
nern der kirchen in schriften oder muntlich in der
stille anzaigen und sich deshalb mit ihnen zu freunt-
licher, christlicher vergleichung der warheit ver-
treulich unterreden. Im fall aber, do solche ver-
gleichung also zwischen ihnen, den kirchendienern,
wie itzgemelt, in der stille je nit gescheen möchte
und jemants auf einer sonderbarn opinion oder mai-
nung, die er fur sich selb mit lauterm grund heiliger
göttlicher schrift nit beweisen könte, halsstarrig be-
steen und bleiben wolte, alsdann sollen der pfarrer
und die andern diener den handel unverzuglich an
einen erbarn rate gelangen lassen, auf daß deshalb
doselbst nach Gottes wort einsehens geschee, damit,
soviel imer muglich, die kirch wider muetwillige
zerruttung bei rainer lere der warhait fridlich ge-
halten werde.
Gleichwol so solle nichzit desto weniger auch die
sache einem erbarn rate angezaigt werden, wenn sie
gleich in einem furgefallen stritt (der offenlich von
der canzl oder sunsten in ander wege hat ausgebrai-
tet wöllen werden) der pfarrer und die kirchendiener
in Artikel 5 (Bekenntnisschriften 1055—1063. —
Frank 4, 1—88) weithin die Stellung des Flacius
an.
7 Georg Major in Eisleben und Justus Menius in Gotha
seit 1554 (RE 12, 85-91. - Dollinger, Evangelium
315 f.; Beiträge 139ff.).Von der Konkordienformel in
Art. 4 abgelehnt (Frank 2, 149—175. — Bekennt-
nisschriften 939f.).
8 Anhänger des Andreas Osiander (siehe oben S. 20),
damals Universitätsprofessor in Königsberg in Preu-
ßen, der Gottes Rechtfertigung des Gläubigen auf
die Einwohnung der göttlichen Natur Christi in die-
sem gründete (Dollinger, Beiträge 144f.). Von der
Konkordienformel in Art. 3 abgelehnt (Bekennt-
nisschriften 932-936).
9 Anhänger des schlesischen Spiritualisten Kaspar
Schwenkfeld († 1561) (RE 18, 72-81. - Schotten-
loher 19575-19720. - Frank 2, 87; 4, 353-380. -
Bekenntnisschriften 962. 1096f. - Theobald
2, 209). - Er ist hier vor allem wegen seiner Abend-
mahlslehre, die sehr eng mit der Calvins verwandt
ist, genannt (R. Dollinger, Schwenkfelder in Re-
gensburg und Pfalz-Neuburg, in: ZbKG 30 (1961)
190 ff.).

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