und verwendet als Eingangskollekte Luthers Morgensegen. Vor die dem Agendbüchlein entsprechend
gebrachte Katechismusverlesung wird auch noch eine Schriftlesung aus dem Alten Testament eingescho-
ben. Sie entstammt der Vesperordnung Veit Dietrichs27 und hat auch in den Pfarrkirchen Nürnbergs
Eingang in den Predigtgottesdienst am Sonntagmorgen gefunden28. Auf diese Weise war - freilich denk-
bar unorganisch und unpädagogisch - eine große Menge Unterrichtsstoff (Biblische Geschichte Alten
und Neuen Testamentes und Katechismus) in den Gottesdienst eingeschoben.
Neben einem Trauformular für bescholtene Brautpaare nehmen die Beerdigungsformulare einen
breiten Raum ein. Unter ihnen ist besonders beachtlich das für die Beerdigung ungetaufter Kinder. Es
soll zugleich die Abschaffung der Nottaufe begründen und erläutern. Auf solche praktischen Anweisungen,
die mit einer beträchtlichen Unselbständigkeit der Pfarrer rechnen, wird offenbar besonderer Wert gelegt.
In auffälligem Gegensatz dazu steht dann das Selbstbewußtsein der Geistlichkeit, mit dem sie sich
auch noch eine eigene Ordinationsordnung29 gab - und zwar nicht nur für das eigene Kirchengebiet,
sondern ausgesprochenermaßen auch für fremde Kandidaten. Das geschah kurz nach dem Abschluß der
,,Vereinigung“ am 9. Nov. 1618.
Das ist um so bemerkenswerter, als unter den Geistlichen, die sich diese Ordnung erstellten, kein
einziger war, der anderes leistete, als was man damals von einem einfachen Landgeistlichen erwartete.
Sie stellten sich aber dadurch einem fürstlichen Konsistorium, einer theologischen Fakultät oder dem
Geistlichen Ministerium einer Reichsstadt wie Regensburg unter einem Superintendenten vom Rang des
Nikolaus Gallus gleich, und sie taten das, obwohl in nächster Nähe - im nürnbergischen Altdorf - ordi-
niert wurde. Man darf annehmen, daß vor allen Dingen daran gedacht war, daß adelige Kirchenherren,
die entweder zu den Ganerben gehörten oder mit Gliedern der Ganerbschaft in enger Verbindung standen,
von dieser Ordinationsmöglichkeit Gebrauch machen würden. Ein Nachweis dafür aber, daß tatsächlich
eine Ordination in Schnaittach vorgenommen wurde, hat sich bisher noch nicht gefunden.
Als Urheber und Hauptverfasser darf wohl der in beiden Ordnungen gleicherweise an erster Stelle
unterzeichnete Pfarrer Johann Schmid von Kirchröttenbach gelten. Er scheint auch die Kirchenordnung
geschrieben zu haben. Leider ist über ihn weiter nichts bekannt, als daß er nach einigen Diakonatsjahren
in Ottensoos dort 1604 wohl entlassen wurde, 1605 nach Kirchröttenbach kam und dort Ende 1620 starb30.
Ist der Ertrag für die innerkirchlichen Verhältnisse im rothenbergischen Kirchenwesen, wie gesagt,
verhältnismäßig dürftig, so erhält die verfassungsrechtliche Seite um so größere Bedeutung. In dieser
Ordnung spricht eigentlich eine Kirche, die staatsfrei handelt. Kein Wort fällt über eine Genehmigung
des Burggrafen zu den Beratungen oder über eine Beteiligung an ihnen. Kein Hinweis wird gebracht,
daß für diese Ordnung die Genehmigung der Herrschaft eingeholt worden sei oder auch nur noch ein-
geholt werden sollte, obwohl doch z. B. in der Ordinationsordnung von Gebühren die Rede ist, bei denen
die weltliche Obrigkeit am ersten eine Mitwirkung hätte beanspruchen können, und obwohl es bei dieser
gewiß im eigenen Interesse der Geistlichen gelegen hätte, wenn sie sich dazu von ihrer Obrigkeit hätten
bevollmächtigen lassen.
27 Sehling 11, 504.
28 Officium sacrum 10. 226.
29 Unsere Nr. V 3.
30 Auch Fabricius. — Schütz, Kirchen 24, 62. —Wachter 11 537 (der ihm dort gegebene Vorname Joseph Kaspar ist
falsch). — Daß er mit dem M. Johann Schmidt aus Neuhaus bei Höchstadt a. d. Aisch, der seit 1587 in Altdorf
studierte und dort 1595 für Rügland (bei Ansbach) ordiniert wurde (Elias von Steinmeyer, Die Matrikel der
Universität Altdorf 2. Würzburg 1912, 295), dort aber 1602 unserem Blick entschwindet, personengleich ist, ist un-
wahrscheinlich, da dieser seinen Magistertitel bei diesen Unterschriften kaum unterdrückt hätte.
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gebrachte Katechismusverlesung wird auch noch eine Schriftlesung aus dem Alten Testament eingescho-
ben. Sie entstammt der Vesperordnung Veit Dietrichs27 und hat auch in den Pfarrkirchen Nürnbergs
Eingang in den Predigtgottesdienst am Sonntagmorgen gefunden28. Auf diese Weise war - freilich denk-
bar unorganisch und unpädagogisch - eine große Menge Unterrichtsstoff (Biblische Geschichte Alten
und Neuen Testamentes und Katechismus) in den Gottesdienst eingeschoben.
Neben einem Trauformular für bescholtene Brautpaare nehmen die Beerdigungsformulare einen
breiten Raum ein. Unter ihnen ist besonders beachtlich das für die Beerdigung ungetaufter Kinder. Es
soll zugleich die Abschaffung der Nottaufe begründen und erläutern. Auf solche praktischen Anweisungen,
die mit einer beträchtlichen Unselbständigkeit der Pfarrer rechnen, wird offenbar besonderer Wert gelegt.
In auffälligem Gegensatz dazu steht dann das Selbstbewußtsein der Geistlichkeit, mit dem sie sich
auch noch eine eigene Ordinationsordnung29 gab - und zwar nicht nur für das eigene Kirchengebiet,
sondern ausgesprochenermaßen auch für fremde Kandidaten. Das geschah kurz nach dem Abschluß der
,,Vereinigung“ am 9. Nov. 1618.
Das ist um so bemerkenswerter, als unter den Geistlichen, die sich diese Ordnung erstellten, kein
einziger war, der anderes leistete, als was man damals von einem einfachen Landgeistlichen erwartete.
Sie stellten sich aber dadurch einem fürstlichen Konsistorium, einer theologischen Fakultät oder dem
Geistlichen Ministerium einer Reichsstadt wie Regensburg unter einem Superintendenten vom Rang des
Nikolaus Gallus gleich, und sie taten das, obwohl in nächster Nähe - im nürnbergischen Altdorf - ordi-
niert wurde. Man darf annehmen, daß vor allen Dingen daran gedacht war, daß adelige Kirchenherren,
die entweder zu den Ganerben gehörten oder mit Gliedern der Ganerbschaft in enger Verbindung standen,
von dieser Ordinationsmöglichkeit Gebrauch machen würden. Ein Nachweis dafür aber, daß tatsächlich
eine Ordination in Schnaittach vorgenommen wurde, hat sich bisher noch nicht gefunden.
Als Urheber und Hauptverfasser darf wohl der in beiden Ordnungen gleicherweise an erster Stelle
unterzeichnete Pfarrer Johann Schmid von Kirchröttenbach gelten. Er scheint auch die Kirchenordnung
geschrieben zu haben. Leider ist über ihn weiter nichts bekannt, als daß er nach einigen Diakonatsjahren
in Ottensoos dort 1604 wohl entlassen wurde, 1605 nach Kirchröttenbach kam und dort Ende 1620 starb30.
Ist der Ertrag für die innerkirchlichen Verhältnisse im rothenbergischen Kirchenwesen, wie gesagt,
verhältnismäßig dürftig, so erhält die verfassungsrechtliche Seite um so größere Bedeutung. In dieser
Ordnung spricht eigentlich eine Kirche, die staatsfrei handelt. Kein Wort fällt über eine Genehmigung
des Burggrafen zu den Beratungen oder über eine Beteiligung an ihnen. Kein Hinweis wird gebracht,
daß für diese Ordnung die Genehmigung der Herrschaft eingeholt worden sei oder auch nur noch ein-
geholt werden sollte, obwohl doch z. B. in der Ordinationsordnung von Gebühren die Rede ist, bei denen
die weltliche Obrigkeit am ersten eine Mitwirkung hätte beanspruchen können, und obwohl es bei dieser
gewiß im eigenen Interesse der Geistlichen gelegen hätte, wenn sie sich dazu von ihrer Obrigkeit hätten
bevollmächtigen lassen.
27 Sehling 11, 504.
28 Officium sacrum 10. 226.
29 Unsere Nr. V 3.
30 Auch Fabricius. — Schütz, Kirchen 24, 62. —Wachter 11 537 (der ihm dort gegebene Vorname Joseph Kaspar ist
falsch). — Daß er mit dem M. Johann Schmidt aus Neuhaus bei Höchstadt a. d. Aisch, der seit 1587 in Altdorf
studierte und dort 1595 für Rügland (bei Ansbach) ordiniert wurde (Elias von Steinmeyer, Die Matrikel der
Universität Altdorf 2. Würzburg 1912, 295), dort aber 1602 unserem Blick entschwindet, personengleich ist, ist un-
wahrscheinlich, da dieser seinen Magistertitel bei diesen Unterschriften kaum unterdrückt hätte.
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