Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0564
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Konkordienformel, des Jakob Andreä, weggelassen. Man hört auch in den oberpfälzischen Wirren nie
etwas davon, daß gerade die Altarkerzen umkämpft gewesen seien. Was dort im Brennpunkt der Kämpfe
stand - das Brotbrechen -, wird hier nicht genannt. Es liegt auch kein Anzeichen dafür vor, daß der
Burggraf auf Anweisung aus Amberg gehandelt habe. Amberg hatte ja - abgesehen von der Visitation
1557 und 1580 - auch sonst nicht in die innerkirchliche Entwicklung der rothenbergischen Pfarreien
eingegriffen. Von Bedrängnissen, wie sie auch die Adelspfarreien im Hauptteil der Kuroberpfalz ab-
wehren mußten, ist aus diesem Bereich nichts bekannt. Jetzt beschwerten sich Nürnberg und Branden-
burg zwar in Amberg als beim Lehensherrn der Ganerben; aber Amberg leitete die Schreiben lediglich
dem Burggrafen zur Stellungnahme zu, und der wiederum fragte nur, ob er etwa zu seinen Maßnahmen
nicht befugt gewesen sei43.
Bei den Geistlichen, in denen man an sich zunächst die Väter des Gedankens suchen möchte, darf
die Ursache nicht gesucht werden. Sie waren ja die Leidtragenden.
So bleibt die Verantwortung allein beim Burggrafen persönlich. Ihn machte der Ganerbentag dann
für den entstandenen Schaden der Pfarrer haftbar. Ja, in Zusammenhang mit einem weiteren Vor-
kommnis dieser Zeit wurde er sogar deshalb abgesetzt44. Burggraf war damals seit 1618 Hans- Sebastian
von Rotenhan45. Von ihm, dem Sproß eines um die evangelische Kirche in Franken sonst wohl verdienten
Geschlechtes, den die Ritterschaft des Kantons Baunach auch zu ihrem Ritterhauptmann wählte, ist aber
in keiner Weise bekannt, daß er auch auf seinen eigenen Pfarreien46 - Eyrichshof vor allem - ähnliche
Maßnahmen durchführte oder daß er etwa kalvinische Neigungen gehabt habe. Zudem scheint er zur Zeit
dieses Eingriffes noch gar nicht auf dem Rothenberg gewohnt zu haben. Sein Vorgehen bleibt also vorläu-
fig unerklärlich.
Wie lange diese Maßnahmen Bestand hatten, läßt sich nicht sagen. Man möchte annehmen, daß
sie bald wieder rückgängig gemacht wurden. Daß die Auspfarrungen doch erfolgten, ist kein Beweis dagegen.
Bei ihnen mögen auch noch andere Gründe mitgespielt haben. Mag die Maßnahme auch kurz in Geltung
gewesen sein - interessant und beachtlich bleibt sie auf alle Fälle als das Glied einer organischen Ent-
wicklung auf liturgischem (nicht aber auch auf dogmatischem!) Gebiet zur reformierten Form hin.
Aber das ganze evangelische Kirchenwesen der Ganerbschaft bestand nicht mehr lange. 1621 rückte
Maximilian von Baiern in der Oberpfalz ein. Das Ende der dortigen evangelischen Kirche bedeutete
auch das Ende der evangelischen Kirche der Ganerbschaft Rothenberg. 1628/29 wurde die Gegenreforma-
tion durchgeführt. 1631 besetzte Baiern schließlich noch gewaltsam das ganze Gebiet. Nur Ottensoos
entging diesem Schicksal47.
Nach dem Westfälischen Frieden erreichten die Ganerben zwar wieder die Einsetzung in ihre Besitz-
rechte. Die Pfarreien aber wieder evangelisch zu besetzen, wozu ihnen das Normaljahr (1624) das Recht
gab, konnten sie nicht erreichen, obwohl sich die ganze Bevölkerung wieder evangelisch hielt. Das ver-
hinderte eine baierische Besatzung, die auf dem Rothenberg lag. So verkauften die Ganerben schließlich
1661 ihren Besitz an Baiern. Bei dieser Gelegenheit schloß Nürnberg mit Kurbaiern einen Vertrag, der
seinen (evangelischen) Untertanen auf 40 Jahre Duldung gewährte, wobei aber ein frei werdender Hof
immer nur an einen Katholiken gegeben werden durfte48.
Auch diesmal wieder blieb Ottensoos unbehelligt.
43 Schütz, Kirchen 24, 85. 44 Schütz, Kirchen 24, 85f.
45 Geb. 1583, † 1641 (Schütz, Ganerbschaft 101. — Julius Frh. von Rotenhan, Geschichte der Familie Rotenhan.
Würzburg 1865, 277-284).
46 Simon, Atlas 157f. — Isolde Mayerhöfer, Die Rotenhan-Pfarreien in den Haßbergen, in: ZbKG 31 (1962)
179-194. 47 Schütz, Ganerbschaft 17f. 29; Kirchen 24, 81ff.
48 Schütz, Ganerbschaft 21-27. 75f.; Kirchen 24, 90ff. - Karl Schornbaum, Geschichte der Pfarrei Alfeld. Er-
langen 1922 (= QFbKG 7) 75f.

544
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften