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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0142
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

uns solches durch Jesum Christum, seinen sone, un-
sern herrn, nachdem wir uns zu dem bevelch seins
göttlichen munds und worts von hertzen bekhennt
und ergeben, nit zornigklich zugemessen, sonder
genedigklich verzigen. Wir sagen auch seiner gött-
lichen maiestat umb disen gnedigen trib und zie-
hung, welche den menschen on all ir verdienst, wie
aus dem exempel Pauli erscheint [vgl. 1.Tim. 1,
12 ff.], aus gnaden widerfert, ewigen immerwerenden
danck. Und mögen mit warem gutem gewissen wol
bezeugen und sagen, das wir nit aus fürwitz oder be-
girde zeitlicher eere und nutz, auch (nach sittlichem
verstand ze reden) niemandt zu verachtung noch
zuwider, sonder allain Gott, dem allmechtigen, zu
eern und unser selbs, auch unserer underthonen
seelenhail zu befürdern, uns der vor etlich hundert
jarn in der kirchen eingerissnen mißbreuch und fal-
schen gottesdienst entschlagen und nach richtigkeit
reiner, uralter apostolischer kirchenleer vleissigklich
getracht haben. Deß werden uns auch (verhoffen-
lich) nit allein vil under den lebendigen, sonder
auch unser darob erstandne widerwertigkeiten gute
zeugknuß geben. Und wiewol wir uns zu erinnern
wissen, was allen waren bekhennern Christi zu ge-
warten und der junger über den meister nit sein
wirdt [Matth. 10, 24], so haben wir uns doch vor vil
jarns aus gutem christlichem eifer unterfangen, in
unserm fürstenthumb Neuburg, Gott, dem allmech-
tigen, zu lob und eern, in der leere und ceremonien
besserung fürzenemen2 und nit anzusehen, was uns
darob begegnen möcht. Deßhalb wirh auch damals
ein kirchenordnung3 im truck außgeen lassen,

mayestat selbs zu verantworten getrauet, wenn
er uns alle für seinen richterstul an jenem tage er-
fordern und als der gerechte richter einem jeden,
nachdem er gutes oder höses gethan hat, vergel-
ten wirdt. So wöllen wir auch jederzeit bey euers
ambts getreuer und schuldiger verrichtung euch
allen gebürlichen schutz und hilfliche obhand
gnedigst darreichen und bieten und solches alles
in gnaden gegen euch erkennen.
Datum Heydelberg, den 20. Augusti anno
M.D.LXXVII.
s H und BG: Jarn; GMMH: jarn.
51 H und BG: wir; GMMH: Wir.
i H und BG: unns; GMMH: Uns.
k H und BG: Götlichen; GMMH: Göttlichen.
1 H und BG: und; GMMH: unnd.

gleichwol nit der meinung, beharrlich und endtlich
darbeyzebleiben, sonder, ob Gott gnad verlihen
hett, das durch ein gemein christlich concilium oder
nationalversamlung nach des herrn wort in der kir-
chen was bestendigs beschlossen und angeordnet
worden, wie dann vilfeltige vertröstung beschehen,
aber die hoffnung one das werck bloß gestanden,
das wir uns willig und gern mit und neben andern
wolten eingelassen und verglichen haben.
Dieweil unsi aber nit allein solche hoffnung, wie
aus der widerwertigen wort, werck und anschlegen
ervolgt, under den henden (als gesagt wirdt) ver-
schwindt und vorgedachte unser kirchenordnung
allein zum anfang christlicher besserung bedacht,
auch hernach für etwas schwach und gering in der
kirchen angesehen ist, so haben wir, als uns der all-
mechtig Gott nach vil erstandner trübsal und ver-
lassenheit widerumb in unser fürstenthumb Neu-
burg zu land und leuten gnedigklich geholfen, zu
haufung seiner götlichenk maiestat, eere und1 preis
die religionssach zum andern mal für die hand ge-
nommen und nach ergründung mehrerley verfasster
christlicher kirchenordnung auf ratsam bedencken
gottseliger, gelerter menner des hochgebornenm
fürsten, unsers freuntlichen lieben vettern und bru-
ders, hertzog Christoffen von Wirtenberg und Tegk,
graven zu Mümpelgart, im druck außgangne ord-
nung4 wol gefallen und derselben ungeverlich gemeß
ain form christlicher leere und kirchengebreuch5
zusammenziehen lassen, auch dieselb bißher in allen
unsern kirchen zu halten bevolhen, wie dann (Gott
lob) nit one sondere frucht beschehen. Und ob uns
m H und BG: hochgebornen; GMMH: Hochgebor-
nen.

2 Das Neuburger Reformationsmandat vom 22.
Juni 1542, dessen Text als Vorrede in die Neu-
hurger Kirchenordnung von 1543 aufgenommen
wurde, Auszug bei Hauss-Zier, 116.
3 Die Neuburger Kirchenordnung von 1543, vgl.
oben S. 14.
4 Die Württembergische Kirchenordnung von 1553,
vgl. oben S. 23.
5 Die Neuburger Kirchenordnung von 1554, die im
agendarischen Teil durchgängig von der Würt-
tembergischen von 1553 abhängig ist, vgl. oben
S. 23-24.

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