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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0634
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Regierungszeit Friedrichs IV. 1592-1610

weibspersonen, tentiren, ob die angestelte wochent-
liche unterweisung auch frucht schaffe oder nicht,
und fleissig mercken, wie beydes, die jugent und die
alten, bestehen, ob sie nicht allein die wort der
hauptstück und fragen gefasset und erzehlen kön-
nen, sonder ob sie den rechten verstandt derselben
und den rechten weg zur seligkeit18 recht wissen,
daß sie sich dessen trösten und darnach das leben
anstellen können, damit man solches hernach dem
pfarrer in censura anzudeuten, seinen fleiß entweder
zu loben oder, wo daran mangel, ihn zu mehrem und
grösserem fleiß zu vermahnen.
[Erinnerung nach dem tentamine.]
Wann solches verrichtet, soll ein jeder ex fratri-
bus, die das tentamen haben helfen verrichten, in-
spectori anzeigen, wie er diejenige, so er verhört, be-
funden, inspector widerumb für den tisch treten
und, wenn die leuth under alten und jungen wol be-
standen, sie loben und also fortzufahren vermahnen,
wo nicht, zur besserung anweisen mit vermelden,
wie notwendig solche underweisung seye und daß sie
ihnen zur befürderung ihrer seelen heil und seligkeit
diene, darumben sie dann Gott und der christlichen
obrigkeit darfür fleissig zu dancken und sich desto
williger darzu zu finden und gern underrichten zu
lassen schuldig weree.
Und dieweil sie nechstverschienen Sontag dieser
gegenwertigen versamlung von der cantzel erinnert,
sich inzwischen zu bedencken, ob sie an ihrer kir-
chen- und schuldiener ambt und wandel mangel
hetten oder sonst etwas anzuzeigen wüsten, das ihres
erachtens zur auferbauung der christlichen gemeine
und schulen bey ihnen ersprießlich, so solten schult-
heisf, eltesten und almosenpfleger jetzo bey der
handt bleiben, damit sie deßwegen könten gehört
werden, wolten auch vermahnt und gebeten seyn,
dißfals die warheit anzuzeigen und nicht zu ver-
schweigen, weil hiedurch nichts anders gesucht

e Amberg 1615: weren.
f Amberg 1615: jedes orts obrigkeit oder ampts-
verweser.
g Amberg 1615: so es in stätten, der rath, do es aber
in dörfern, die zehet- oder kirchenbröbst, haubt-
leut, fürer.
h-h Amberg 1615: der inspector, auf den fall aber der
convent bey demselben gehalten wurde, soll das

werde als die befürderung der ehren Gottes seines
reichs und ihrer seelen heil und seligkeit. Das ubrige
volck, alt und jung, laß inspector mit dem gewön-
lichen segen zuhauß gehen.
[Consessus der samptlichen conventualen.]
Wann nun die gemein voneinander gelassen, soll
inspector sampt den fratribus conventualibus in das
pfarrhauß gehen und dahin gden schultheisseng,
eltesten und almosenpfleger folgen heissen und
sollen sich daselbst die conventuales alle mitein-
ander niedersetzen.
In solchen ihrem consessu aber müssen sie not-
wendig einen praesidem haben, der das directorium
führe, darnach einen schreiber, der protocollire, und
endlich ein eigen buch oder protocoll.
[Praeses conventus und sein verrichtung.]
Praeses und director des convents soll allweg sein
hderjenige, bey welchem der nechstvorgehende con-
ventus ist gehalten worden.
Das ambt aber und verrichtung eines praesidis in
solcher versamlung soll sein, daß er das gantze werck
dirigire, was zu verhandlen, ordenlich proponire,
suffragia colligire, was von mehren geschlossen,
protocolliren lasse, einem jeden fratri nomine totius
conventus anzeigei, was demselben zu sagen vor gut
angesehen worden ist. Und soll alle und jede hand-
lung also dirigiren, das alle ding nach maßgebung
dieser unser ordnung verrichtet werden. Darumb
dann ein jeder praeses obangedeute ordnung jedes-
mahls vor dem convent zum fleissigsten von neuem
zu durchsehen und in conventu bey der hand zu
haben schuldig sein solle.
[Scriba und sein verrichtung.]
In jeder class sollen die fratres classici auß ihrem
mittel einen, der darzu qualificirt ist, zum schreiber
erwehlen, welcher, was gehandelt wird und zu ver-
zeichnen vonnöten ist, in jedem convent fleissig uf-
schreibe und das protocoll fein richtig halte, soll aber
directorium dem eltisten oder nechstvolgenden
fratre anbevohlen werden.
i Amberg 1615: anzeigen.
18 Wohl die für das Institutionswerk bestimmte
Kurzform des Heidelberger Katechismus, oben
S. 561-563.

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