Schwäbisch Hall
Während das allgemeine Kirchengebet mit ausführlichen Erläuterungen versehen ist, wird der Ablauf
der eigentlichen Sakramentsfeier innerhalb der Frühmesse nicht beschrieben, vermutlich deshalb, weil er
der altbekannten römischen Messliturgie folgt. Die Frühmessordnung ist in drei bekannten Exemplaren
überliefert;31 einem von ihnen ist eine Nachrede mit dem Titel „Wofür kirchen ordnung zu halten“ angefügt,
worin die Frühmessordnung als allein ein zucht zeachten und kein not oder zwangknus beurteilt wird. Die
Nachrede erläutert die Notwendigkeit ordnender Maßnahmen in der Kirche durch die Obrigkeit. Brenz
äußert sich darin grundsätzlich über das Wesen reformatorischer Kirchenordnung und spricht sich dafür
aus, dass es dem Rat der Reichsstadt freistehe, sie zu bessern, zu endern, meren oder mindern, allein, das es
gottes wort enlich sey unnd der kirchen zu guttem kem.32
1526 plante Brenz zusammen mit Johann Isenmann (Eisenmenger),33 dem Pfarrer an der Michaelskir-
che, die Messe abzuschaffen und stattdessen die evangelische Abendmahlsfeier einzuführen. Um an Infor-
mationen zu gelangen, wie andernorts in dieser Frage verfahren wurde, reiste Isenmann im November 1526
ins fränkische Crailsheim, um den dortigen Pfarrer und Freund von Brenz, Adam Weiß, in dieser Sache zu
befragen.31 Desweiteren fuhr der Haller Stadtschreiber nach Nürnberg, um Rat einzuholen, wie man bei der
beabsichtigten Abschaffung der Messe vorgehen könne, dieweill geliche zwispeltige Leer und Sisma in ainer
Comun nit zu leiden, dan aus demselbigen Secten, aus welichen dan Neid, Haß und Unaingkhait und dem
gewisliche Uffrur mit der zeit nachvolgen.35 Nürnberg gab den Rat, die Messe kurzerhand abzuschaffen, was
in Schwäbisch Hall nach Herolts Chronik auch umgehend geschah: anno 1527 die kirchen [=St. Michael und
St. Katharina] reformiert, die papistischen mesz abgethon.36 In St. Johann und in der Schuppachkirche wurde
jedoch weiterhin Messe gelesen, bis der Rat die Johanniskirche 1534 schloss.37 Hier wurde erst 1543 wieder
ein Pfarrer angestellt, nämlich Jakob Gräter, ein Neffe von Michael Gräter, Johannes Brenz und Johann
Isenmann.38 An Weihnachten 1526 reichte Brenz das Abendmahl erstmals unter beiderlei Gestalt, wohl im
Anschluss an den Predigtgottesdienst in der Michaelskirche.39
31 Vgl. die Einleitung zu Nr. 2, unten, S. 23 und Brenz,
Frühschriften 1, S. XXX.
32 Vgl. Köhler, Brentiana, S. 81f.
33 Zu Johann Isenmann siehe Haug, Pfarrerschaft,
S. 366f.; Bossert, Isenmann, S. 141ff.; RE 9, S. 443.
34 Kantzenbach, Theologie, S. 20; Bossert, Isenmann,
S. 141ff.; Brief an Adam Weiß vom 25. November 1525,
Pressel, Anecdota, S. 6-8. Zu Adam Weiß siehe RE 21,
S. 73-76; 24, S. 637; Simon, Pfarrerbuch, Nr. 3237;
Sehling, EKO XI, S. 113ff.
35 StadtA Schwäbisch Hall 4/469, fol. 116r, zitiert nach
Maisch, Ordnung, S. 66.
36 Herolt, Chronik, S. 189. Vgl. Maisch, Ordnung,
S. 66.
37 Herolt, Chronik, S. 189: die zu sant Johans haben mesz
gelesen bis in das 34.jar; sein vil von den alten geschlech-
ten, auch sonst etlich von der statt hinaus zu sant Johans
zur kirchen gangen, bis zuletzst ein erbar rath den pfaffen
das handtwerckh verbotten unnd die kirchen zugeschlossen.
Herolt beschließt seinen Bericht mit dem Stoßseufzer;
Also ist die papistische mes zu Hall gantz abgethon, Gott
wölle sein gnad geben, das sie nit wider lebendig werdt unnd
ufferstehe. Auch die Marienkirche in der Schuppach
wurde geschlossen, Widmann, Chronik, S. 369f.: Die
taglich mesz unnd salve in der kirchen Schupach zu Hall
sein durch aines rhatts verordneten daselbst sontag vor
Michaelis [1533] abgestelt und die kirch zugeschlossen wor-
den. Ebenmessig auch umb weyenacht zu sannct Johans
alldo Lutterey angehebt; ausz der Schupach volgend ain
schul gemacht. Herolt, Chronik, S. 189, berichtet von
der Schließung im Jahre 1534. Hier irrt er sich wohl,
denn'das Jahr 1533 ist mit den übrigen Quellen stimmi-
ger, vgl. Widman, Chronik, S. 369 Anm. 11; Vgl.
Maisch, Ordnung, S. 83 Anm. 26.
38 Cramer, Pfarrerbuch II/l, S. 20f.; II/2, Nr. 756; vgl.
Maisch, Ordnung, S. 83 Anm. 27.
39 Brenz, Frühschriften 1, S. 281: Johan Brencius, predi-
ger zu S. Hall, da er mit sampt der gemeind des kirchen-
volcks uff den hailigen Cristag das abentmal des Herrn hal-
ten wolt, hat er uff dise meynung den todt des Herrn zur
dancksagung verkundt. Im jar 1526. Vgl. Brecht,
Anfänge, S. 325. Zur Datierung der ersten evangelischen
Abendmahlsfeier in Schwäbisch Hall siehe Maisch,
Ordnung, S. 83 Anm. 23; Kantzenbach, Theologie,
S. 20; Maurer/Ulshöfer, Brenz, S. 57.
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Während das allgemeine Kirchengebet mit ausführlichen Erläuterungen versehen ist, wird der Ablauf
der eigentlichen Sakramentsfeier innerhalb der Frühmesse nicht beschrieben, vermutlich deshalb, weil er
der altbekannten römischen Messliturgie folgt. Die Frühmessordnung ist in drei bekannten Exemplaren
überliefert;31 einem von ihnen ist eine Nachrede mit dem Titel „Wofür kirchen ordnung zu halten“ angefügt,
worin die Frühmessordnung als allein ein zucht zeachten und kein not oder zwangknus beurteilt wird. Die
Nachrede erläutert die Notwendigkeit ordnender Maßnahmen in der Kirche durch die Obrigkeit. Brenz
äußert sich darin grundsätzlich über das Wesen reformatorischer Kirchenordnung und spricht sich dafür
aus, dass es dem Rat der Reichsstadt freistehe, sie zu bessern, zu endern, meren oder mindern, allein, das es
gottes wort enlich sey unnd der kirchen zu guttem kem.32
1526 plante Brenz zusammen mit Johann Isenmann (Eisenmenger),33 dem Pfarrer an der Michaelskir-
che, die Messe abzuschaffen und stattdessen die evangelische Abendmahlsfeier einzuführen. Um an Infor-
mationen zu gelangen, wie andernorts in dieser Frage verfahren wurde, reiste Isenmann im November 1526
ins fränkische Crailsheim, um den dortigen Pfarrer und Freund von Brenz, Adam Weiß, in dieser Sache zu
befragen.31 Desweiteren fuhr der Haller Stadtschreiber nach Nürnberg, um Rat einzuholen, wie man bei der
beabsichtigten Abschaffung der Messe vorgehen könne, dieweill geliche zwispeltige Leer und Sisma in ainer
Comun nit zu leiden, dan aus demselbigen Secten, aus welichen dan Neid, Haß und Unaingkhait und dem
gewisliche Uffrur mit der zeit nachvolgen.35 Nürnberg gab den Rat, die Messe kurzerhand abzuschaffen, was
in Schwäbisch Hall nach Herolts Chronik auch umgehend geschah: anno 1527 die kirchen [=St. Michael und
St. Katharina] reformiert, die papistischen mesz abgethon.36 In St. Johann und in der Schuppachkirche wurde
jedoch weiterhin Messe gelesen, bis der Rat die Johanniskirche 1534 schloss.37 Hier wurde erst 1543 wieder
ein Pfarrer angestellt, nämlich Jakob Gräter, ein Neffe von Michael Gräter, Johannes Brenz und Johann
Isenmann.38 An Weihnachten 1526 reichte Brenz das Abendmahl erstmals unter beiderlei Gestalt, wohl im
Anschluss an den Predigtgottesdienst in der Michaelskirche.39
31 Vgl. die Einleitung zu Nr. 2, unten, S. 23 und Brenz,
Frühschriften 1, S. XXX.
32 Vgl. Köhler, Brentiana, S. 81f.
33 Zu Johann Isenmann siehe Haug, Pfarrerschaft,
S. 366f.; Bossert, Isenmann, S. 141ff.; RE 9, S. 443.
34 Kantzenbach, Theologie, S. 20; Bossert, Isenmann,
S. 141ff.; Brief an Adam Weiß vom 25. November 1525,
Pressel, Anecdota, S. 6-8. Zu Adam Weiß siehe RE 21,
S. 73-76; 24, S. 637; Simon, Pfarrerbuch, Nr. 3237;
Sehling, EKO XI, S. 113ff.
35 StadtA Schwäbisch Hall 4/469, fol. 116r, zitiert nach
Maisch, Ordnung, S. 66.
36 Herolt, Chronik, S. 189. Vgl. Maisch, Ordnung,
S. 66.
37 Herolt, Chronik, S. 189: die zu sant Johans haben mesz
gelesen bis in das 34.jar; sein vil von den alten geschlech-
ten, auch sonst etlich von der statt hinaus zu sant Johans
zur kirchen gangen, bis zuletzst ein erbar rath den pfaffen
das handtwerckh verbotten unnd die kirchen zugeschlossen.
Herolt beschließt seinen Bericht mit dem Stoßseufzer;
Also ist die papistische mes zu Hall gantz abgethon, Gott
wölle sein gnad geben, das sie nit wider lebendig werdt unnd
ufferstehe. Auch die Marienkirche in der Schuppach
wurde geschlossen, Widmann, Chronik, S. 369f.: Die
taglich mesz unnd salve in der kirchen Schupach zu Hall
sein durch aines rhatts verordneten daselbst sontag vor
Michaelis [1533] abgestelt und die kirch zugeschlossen wor-
den. Ebenmessig auch umb weyenacht zu sannct Johans
alldo Lutterey angehebt; ausz der Schupach volgend ain
schul gemacht. Herolt, Chronik, S. 189, berichtet von
der Schließung im Jahre 1534. Hier irrt er sich wohl,
denn'das Jahr 1533 ist mit den übrigen Quellen stimmi-
ger, vgl. Widman, Chronik, S. 369 Anm. 11; Vgl.
Maisch, Ordnung, S. 83 Anm. 26.
38 Cramer, Pfarrerbuch II/l, S. 20f.; II/2, Nr. 756; vgl.
Maisch, Ordnung, S. 83 Anm. 27.
39 Brenz, Frühschriften 1, S. 281: Johan Brencius, predi-
ger zu S. Hall, da er mit sampt der gemeind des kirchen-
volcks uff den hailigen Cristag das abentmal des Herrn hal-
ten wolt, hat er uff dise meynung den todt des Herrn zur
dancksagung verkundt. Im jar 1526. Vgl. Brecht,
Anfänge, S. 325. Zur Datierung der ersten evangelischen
Abendmahlsfeier in Schwäbisch Hall siehe Maisch,
Ordnung, S. 83 Anm. 23; Kantzenbach, Theologie,
S. 20; Maurer/Ulshöfer, Brenz, S. 57.
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