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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0426
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Konstanz

zaichens under der predig und biß die uß ist, in si-
nem hus plibenn. Wer aber uff der gassen oder in
andern hüsern ettwas ze schaffen hat, der mag das
selbig ußrichten.
Damit ouch menigklich wüsse, wann die predi-
gen uß syenn und sich im hus enthalten möge, so
wurd man allweg nach vollendung der predig und
anderm gepett, das uff die predig beschicht, ain
glocken lüten, damit, welche schon nit an der predig
sind, dannocht ir gepett zu gott ouch thüenn.
Item, diewil der jugent halb ain grossen mangell
sin wil, so hat ain ersamer rat für not geachtet, die
elteren zeermanen, das sy uff ire khinder vlyß und
sorg haben, ouch sy in zucht erziehen wellent. Unnd
namlich, so ist ouch ains ersamen rats mainung, das
die jungen knaben gar kain spil, weder umb gelt
noch gelts wert, thüenn, Doch umb nuß hüff-
len115 soll inen nit verpotten sin. Ouch andere züch-
tige kurtzwylen, welche kain gelt noch ettwas, das
gelts wert ist, costen, mögent sy wol thun. Item, sy
sollent kain luts geschray uff den plätzen noch uff
den gassen habenn, ouch sunst sich unzüchtiger sit-
ten enthaltenn. So ouch ain lerman116 würt, söllent
die khinder, ouch die wyber, in den hüsern pliben
und uff die gassen nit gon, anderst dann die von
husvättern, zum fhür wasser zu zutragen, geschickt
werdenn.
Item, die größeren und klaineren schützenkna-
ben söllent an fyrtagen, |146g | wann man das ander
[Glockenzeichen] zu der abent predig lütet, uffhören
schiessenn und one sundere erloubung lenger nit
schiessen, sunder haim in ire hüser oder an die pre-
dig gon. Item, es soll kain knab an fyrtagen vor dem
imbis zu kainem thor ußgon, man würt ouch kainen
hinus lassen, er gange dann mit seinen elteren oder
er habe von seinen elteren ain bevlech, vorussenn
ettwas ußzerichtenn. Item, es söllennt ouch die el-
tern den knaben nit gestatten, das sy weder fyrtag
noch wercktag mit stecken und stangen und bögck-
en und anderen khindtlichen kriegsrüstung, als ob
sy kriegslüt syen, umbziehint.

115 Nusshäuflein, Nüsse.
116 Lärmen.

Item, so bedunckt ouch ain ersamen rat, was großer
unzuchten im see baden verhandelt würt und hat
derhalben verordnet, das fürohin kain frow noch
tochter, weder fyrtag noch wercktag, inderthalb der
statt im see baden sölle, weder tags noch by der
nacht.
So sollent ouch die man und jungen gsellenn und
knaben in der statt vor den sechßen gegen abent im
see nit badenn, darzu, so sy nach den sechßen ba-
dent, sich züchtigklich und beschaidenlichen halten
und den ordnungen, deß seebadens halb ge-
macht117, gelebenn.
Unnd über das hat ain ersamer rat nit klains
misfallen ab dem spatzieren, das die frowen und
tochteren in kurzen jaren in bruch gebracht habent;
unnd ist derhalben ains ersamen rats mainung, das
sy söllichs müßigs spatzieren und unnotturftigen
herumb gon underlassen söllen; doch die frowen mit
iren manenn und die töchteren mit iren elteren ett-
wan umbzogen, soll nit verpotten sein. |146h | Sy sol-
lent auch des rayen springens und ringschlachenns,
das sy uff den gassen thund, abston unnd sich in
züchten unnd stille dermaßenn halten, das menigk-
lich ain gfallenn ob irem wandel habenn mög.
Diser jetzerzelter und jegklicher anderer ord-
nungen, in der zucht- unnd andern der statt satzun-
genn begriffen, soll sich alle mengklich, jung und
alt, wib und man, bevlyßenn und die haltenn, nit
nur von wegen der straff, die man darüber, vermug
der ordnungen, ouch sunst nach gestalt der sachen
und jetziger zyt und leuffenn, fürnemen und jedem
übertretter anthun würt, sunder vyl mer gott zum
Eeren und wollgfallenn.
Ob disen articklen zehalten, ist den zuchtherren
vom täglichen rat bevolhen. |146i |

117 Vgl. Seebadeordnung von 1530/37, StadtA Konstanz
A III, Bd. 8, fol. 436r. Abdruck bei Feger, Statuten-
sammlung Nr. 273.

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