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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0463
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3. Ehegerichtsordnung 1566/1600

ihrer Gestalt und Gelegenheit erwegen und ermessen
werden.
3. Von der Winkhelehe deren Persohnen,
so nichtc unter der Eltern
oder vormunder Gewalt sind
dNachdeme die Winkhelehe wieder die Gebott Got-
tes, burgerliche Zucht und geschriebene Rechten,
also daß vielfaltiger greulicher unrath, als schwere
Mayneid, unehrbarliche Beyschlaffung und sonst
viel andere merckliche Ärgernuß, unrichtigkeiten
und Mängel aus dem heimliehen Eheverloben wach-
sen, solcher so viel möglich abzuhelffen und furzu-
kommen, ist unser ernstlicher Will und Meynung,
Wan Persohnen, so nicht mehr unter väterlicher Ge-
walt oder sonst bevormundet seyn, siche verheura-
then wollten, daß als dan dieselbigen zu solch ihrer
verlobung zum wenigstens zween ihre negste anver-
wandte Blutsfreunde10 oder Schwäger11 oder, so de-

c EheO 1600: nicht mehr in vätterlichem oder Pfleger.
d-d EheO 1600: Ferrners, alß offt andere Persohnen, so frey-
en und nit mehr inn vätterlichem oder Pfleger gewaltt
seindt, haimblich, ohne beysein anderer Persohnen, al-
lain sich gegen ainandern verpflichten oder aber etwan
schwere Mainaydt, Gottslässterung, beschwerung der
gewissen, verhinderung der angesprochnen Persohnen
und sonst merckhlicher nachthail, schaden und unrhatt
darauß erwachsen, so wöllen unnd ordnen wir, zue für-
kommung aines solchen unrhats, das hinfürter solche
Persohnen (wiewol sie nicht mehr in vätterlichem Ge-
walt seyen), wo sie sich ehelich verheurathen wöllen, das
sie darzue zum wenigisten drey redlich, erbar, unver-
dachte Persohnen nemmen sollen, durch welche die ein-
gegangen Eheverpflichtung (wo es von nöthen sein wur-
de) bewisen werden möge, sonsten sollen bemelte haimb-
liche Eheverpflichtung nicht gelten, sondern unbindig,
uncräfftig und von unwürden sein und erkhännt, auch
die übertretter diser ordnung von wegen solcher einge-
gangnen winckhelehe mit gefängnuß und sonst nach ge-
stallt der sachen und begangnen ungehorsamb ernstlich
und gewißlich sampt und sonders durch unß gestrafft
werden.
e Verschrieben: sie.
f-f EheO 1600: unsere Eherichter.
g EheO 1600: Parthey.
h-h EheO 1600: unsern Eherichtern.
i EheO 1600: verdammen lassen.

ren keiner vorhanden, sonst zwey ehrbare, fromme
und redliche Persohnen nehmen, mit denen sie im
fall der Noth solch ihre eheliche Verpflichtung noth-
dürfftiglich und rechtmäßig mögen beweisend.
Würde sich aber zutragen, daß einer oder eine
um die Ehe klagbar, auch vor funserm Richterf
rechtlich gefordert und die vorgegebene heimliche
|7| Eheverpflichtung nicht mit zeugen, so darbey
gewest, oder andern rechtmässig glaubwürdigen ur-
kunden, wie sichs gebühret, könte darthun und be-
weißen, sondern die beklagte Persohng mit Recht
von hunserm Richter vorh ledig erkennt, so wollen
wir dieselbige persohn, so im Rechten fällig wird,
nicht allein in die aufgeloffene gewöhnliche Ge-
richtscosten verdammeni, sondern auch nach gele-
genheit der persohnen und anderer umstände von
wegen der muthwilligen Übertrettung unsrer Ord-
nung jnach straffen laßenj.
kUnd im fall, das neben dem heimlichen verloben
auch die schwächung12, schwängerung oder das blos-

j-j EheO 1600: ernstlich straffen.
k-k EheO 1600: Und im fahl, das solch haimblich Eheverlo-
ben durch die Parthey bekhannt oder sonst zum rechten,
wie sichs gepüerth, erwisen und bey dem selben verrner
dargethon und offenbahr wurde, daß auff solch haimb-
lich versprechen auch das Jungfrawschwächen oder
-schwängern oder zum wenigsten das beyschlaffen er-
volgt und fürgegangen, so sollen sie beede, Mann- und
weibspersohnen, ungeachtet das sie auch von unserm
Ehegericht ainandern ehelich zuerkhennt worden, nicht
allain solches haimblichen Eheversprechens, sondern
auch beyschlaffens, schwängern oder schwächens halber
mit dem Thurn oder in ander weg nach gelegenhait der
Persohnen und verloffnen handlung durch unß ernstlich
gestrafft und gebüesst, auch den frawen kein kränzlin
zum Kirchgang gestattet werden. Aber noch ernstlicher,
je nach gelegenhait der persohnen und anderer umbstän-
den, sollen beede, Mann- und Weibspersohnen, durch
unß gestrafft werden, bey denen das vermainte Ehever-
loben, auch das Jungfrawschwächen oder -schwängern
oder je beyschlaffen, bekhännt und erwisen, und aber
solche angezogne Ehe von Sipp-, Maag- oder Schwager-
schafft oder sonst anderer rechtmässigen ursachen wegen
nicht zuegelassen wurde.

10 Blutsverwandte.
11 Angeheiratete Verwandte.
12 Entehrung.

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