Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0506
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gengenbach

uns gern underwerffen unnd ains bessern mit dem
wort gottes berichten lassen. Bitten auch, ein ersa-
mer Rhat welle unnser protestation behalten, ob es
sich (das gott wend) begeb, das wir uber kurtz oder
lang von unnserm zusagen und bezeugen abfielen,
das ein ersamer Rhat uns als abtrünnig zu straffen,
rechtmessige ursach haben.
Dieweyl aber, lieben Herren, der glaub nit ye-
dermans ding ist12, ja, alle menschen von Jugend
auff bößes dichtent13, auch nit yederman gleych zu
der erberkayt des lebens zuberuffen, also das etlich
von liebe wegen der frommkayt14, die anndern aber
auß forcht der straff zum gutten bewegt werden, so
hatt unnser güttiger gott dise bayde mittel, auff das
niemant verloren sonder selig werde, geordnett, dise
ordnung des Herren die prediger mit dem wort unnd
weltliche oberkayt mit irem gewalt (zur besserung
des nechsten) zu vollziehen schuldig sind.
Nun ist bißher (als wir hoffen) mit predigen und
mit gepieten von uns |14r | oder euch nichts under-
lassen, aber layder wenig erschossen15. So erfordert
die notturfft, so auß ewer gelündigkait erwachsen,
das wir zu bayden seitten das aller letst mittel, die
ausserlich zucht unnd straff der laster, an die hand
nemen.
Auff solchs haben wir e. w. underthenigklich an-
gelangt, umb ewer hilff unnd beystand (on welchen
wir zu diser aller letsten gevarlichen Zeytt nit vil
schaffen) gepetten unnd haben (got hab lob) unn-
serer Hoffnung nach von e. w. ein gnedigen bschayd
unnd gotsforchtige antwort außbracht unnd er-
langt, dabey all gottseligen und fromen ewer sorg, so
ir fur die ewern haben, wol speuren mogen.
Unnd bitten abermals und widerumb umb der
barmhertzigkait gottes unnd erschinung des Herren
(in welcher wir all fur den richtstul Christi gestelt
werden, zu empfahen boßes oder guts, darnach wir
im fleysch gehandelt haben)16 willen, Ir wöllen die
hend nit fallen lassen von ewerm hayligen furnemen.
Unnd, wie wir euch auß krafft gottlichs worts ge-

12 2Thess 3,2.
13 Gen 6,5.
14 Vgl. 1Tim 2,10; 1Joh 4,18.
15 Ersprossen, gediehen, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 961.

petten unnd vermant, ewere kirchen reformieren,
das uns auff dise weyß bedunckt, glucklich gefur-
dert werden mogen.
Zum ersten, das ir, unsere Herren, euch verai-
nigen in die ghorsam des Evangelium und einhel-
ligklich daruber erkennen, unnd ob yemand fel an
dem Evangelio oder uns hett, dem erbietten wir, uns
alzeyt unnsers lebens unnd leer rechnung zuthun.
Zum andern, das ir euch vor ewerm volck des ange-
nomen wort gottes bezeugen mit vermainung an
sye.
Zum dryten, das ein erber leben angefangen werd,
der gotseligkait gleych.
Item, das ewer volck zu bestimpten predig tagen das
wort gottes nach gelegenhayt nit versume zu hören.
Auch zu den Sacramenten und kinderbericht17 sich
furdern und schicken. |14v |
Darnach, ob den straffen und penen (uber die laster
Ebruch, Hurrerey, Sauffen, fressen, gotslesterung
und andre unordnung), von einem ersamen Rhat
unlangst erkhant, gehalten werde, unnachlesslich.
Dis sind, lieben Herren, die schweresten punc-
ten, die wir an euch mutten, die ir auch selbs ange-
nomen haben, andre begern wir nit.
Auff das aber solch furnemen zukrefften komen
mögen, so wurt vor allen dingen von noten sein, wie
auch in andern kirchen, das ir ettlich auß dem Rhat
(wie vil und welche ir wellen, dann bey uns ist un-
serer lieben Herren kain underschayd zu diaconen)
sampt ainem oder zwayen bewertten mennern auß
der gmaind außschiessen und erwellen, die volmech-
tigen befelch und gewalt ains Rhats haben und vor
meniglichs Intrag darby geschutzt werden, dise fur-
genomen kirchenordnung18 anzurichten, die Irren-
den zu straffen, vermanen und bessern und ander
unordnung, so sich zutragen mochten, alles nach In-
halt des Worts, zu handeln, Doch allweg auff ains
ersamen Rhats verbesserung gestelt, on welcher au-
toritet wir nichts handlen wöllen.

16 2Kor 5,10.
17 Katechismusunterricht.
18 Vgl. unten, S. 491, Nr. 3c.

486
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften