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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0204
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190 Die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein und Stift und Stadt Quedlinburg.

38. Form und weise einer visitation fur die graf und herschaft Mansfelt. Durch Erasmum Sarcerium,
superintendenten zu Eisleben, gestellet des jars 1554.
[Nach dem ersten Druck: Eisleben 1554 durch Jacob Berwald.]

Form und weise einer visitation fur
die graf und herrschaft Mansfelt, des
jars 1554.
Erstlich so ist zu visitiren keine bequemre
zeit, als die zeit nechst nach pfingsten, und im
herbest nach der einernung. Denn sonst sein die
dorfleute mit irer haushaltung beschweret, das sie
solchem christlichem, nötigem, und gutem werke
nicht können on schaden auswarten.
Zum andern sollen die visitatores nicht allein
von superintendenten oder geistlichen, sondern
auch von weltlichen personen genommen werden.
Denn in der visitation nicht allein geistliche,
sondern auch weltliche sachen vorfallen, die doch
an den andern hengen. Item, sein viel dinge von
der weltlichen obrigkeit wegen zugebiten, und zu-
verbiten. Item, die laster ruge zuüben. Item, in
etlichen dingen execution zu thuen, one aufzug
und weiter zu rucke bringen.
Zum dritten, ehe man zu visitiren anhebet,
ist von nöten, das man eines jeden ampts pastorn
und seelsorger an einen gewissen ort verschreibe,
einen particular synodum oder versamlunge mit
inen halte, darinnen man sich erstlich erkündige,
wie es eine gestalt habe umb die pastorn, so das
kirchenampt tragen; item, wie es gelegen sei umb
ire lere, leben, haushaltung, kirchenordenungen, wie
sie sich in irem ganzen ampte verhalten, und wie sie
mit den geistlichen und pfargütern umbgehen. Und
solch zeugnis und kundschaft sol erstlich uber
einen jeden pastor und kirchendiener gehen von
seinen nechsten nachbaren, so in gleichem ampte
sein. Weiter so ist in solchem synodo den
pastorn anzuzeigen, das sie sich auf ein examen
schicken wollen in bei sein der visitatoren. Denn
die erfarung ausweiset, welche nicht liegen kan,
das hin und wider sehr ungeschickte leute ein-
geschlichen sein, und auch zum theil aus dem
bapsthumb verblieben, damit die scheflin Christi
sehr ubel versorget (wie ich denn wuste etliche
schreckliche exempel zuerzelen) item auf eine
kurze predigte, damit man wisse ob sie gottes gabe
zu predigen haben, oder nicht, welche gelert
oder ungelert und zuverrichtung irer ampte ge-
schickt oder ungeschickt sein.
Item, sol einem jeden in solcher priesterlichen
versamlung oder synodo befohlen werden, das er
sich in des bedenke und was er vermeinet, das
bei seinen pfarkindern zubessern, das er solchs
auf der visitatorn ankunft wisse zuvermelden.

Und das ein jeder pastor also viel deste besser
ein nachdenken haben möge, sol man als balde
einem jeden ein gedruckt exemplar der visitation
zustellen.
Item, sol man sich als denn auch vergleichen,
welchen tag man an einem jeden orte visitiren
wolle, auch wo vor mittag und wo nach mittag,
wenn die pfarren nicht weit von einander gelegen.
Es sol auch den abend zuvorn an einem
jeden orte, da man folgenden tag visitiren wird,
mit allen glocken geleutet werden, nicht anders
denn auf einen heiligen oder feierabend, damit
die pfarverwandten sich wissen einheimisch zu-
halten. Uber das so sol ein jeder pastor den
sontag zuvorn den bestimmeten tag der visitation
verkündigen, und die pfarkinder, in gemein jung
und alt, man und weib, zur gegenwertigkeit ver-
manen, und mit ernst bei strafe der busse an-
halten.
Zum vierden, wo man nun zu visitiren hin-
kömpt, da sol der pastor fur das erste examinirt
werden, und ein kurze predigte thun uber den
text, der im im synodo auszulegen ist befohlen
worden. Mach solcher predigte sol der super-
intendens aufstehen, oder wo es im zuviel würde,
ein ander prediger, der im mag zuverordenet
werden, der sol nun von der visitation predigen,
diese loben, erheben, und als nötig dargeben, mit
anzeigung, woher sie kome, wer sie eingesetzet,
was die alten zur einsetzunge beweget, und war-
zu sie nütze und gut sei.
Item, was man auch alhie an diesem orte
durch die visitation gedenke auszurichten, und
uber wen sie gehen soll, nicht allein uber die
pastorn, wie sie sich in lere und leben, in irem
kirchen ampte und in irer ganzen haushaltung
halten, sondern auch wie sich die pfarkinder er-
zeigen bei der waren religion, und in einem got-
fürchtigen, züchtigen und erbaren leben. Voraus
aber soll das anderteil der predigte auf die aus-
legung der heiligen zehen gebote gerichtet werden,
und was fur vornemliche offentliche laster (der
man sich denn mit vleis erkündigen sol) an einem
jeden orte im schwang und teglichem gebrauch
gehen, die sol man alda zum heftigsten anziehen
und strafen, desgleichen auch gottes zorn und
strafen, hie zeitlich und dort ewiglich, darüber
vermelden, wo sich die ubertreter und schuldige
personen nicht bessern werden.
Zum fünften, nach gehaltner predigte, sol
man weib und kinder lassen heimgehen, und als
 
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