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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0476
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462

Das Erzbisthum Magdeburg.

ziehen und keines weges gestatten, das sie andere
leute in der hoffart sterken oder andern erger-
lichem leben mehr ursach geben, das heilige
predigt ampt zu lestern, zu schenden und zu
schmehen, und den stand der prediger vorachtet
und vorhast zu machen, darkegen aber sich be-
neben der ernstlichen drauung Christi, wehe deme,
der ergernüss gibet, auch St. Peters vormahnung
erinnern, was derselbige in gemein aller christen
weiber vorgeschrieben, das ihr schmuck nicht soll
auswendig sein, sondern der verborgene mensch
des herzens unvorruckt mit sanftem und stillem
geiste, das köstlich vor dem herren ist, darinnen
sie vornehmlich, nach der lehre Pauli unstreflich,
und ein fürbilde in allen tugenden der herde sein
sollen.

Hierüber sollen sie sich auch aller unehrlichen
hantierungen, wein-bierschenkens, kaufmanschaft,
vorkaufs auf wucher und dergleichen händel
genzlichen enthalten, ex affectu auf der canzel
die leute nicht schmehen, sondern die biblia, die
bücher Lutheri, locos theologicos Philippi, die
augsburgische confession, ihnen und ihren pfar-
kindern zum besten, oft und vleissig lesen, und
alle ihre predigten auf dieselbige confessiones und
declarationes gründen und richten, damit einerlei
form und eintrechtigkeit in der lehr erhalten, die
zuhörer ihnen so viel desto eher einbilden, und
auf ihre nachkommen könne gepflanzet werden.
Wofern sich nun einer anderst, den wir hier-
vor gemellet, vorhalten würde, soll er seines ambts
entsetzt werden.

Stassfurt.
Hilfsmittel und Archive vgl. unter Erzbisthum Magdeburg.
Für Stassfurt erliessen die Visitatoren Freitags nach Martini (17. November) 1564 eine
Ordnung (vgl. oben S. 402). Sie ist aus dem Magdeburger Staatsarchiv von Danneil, a. a. O.
S. 14—15 abgedruckt, und darnach hier. (Nr. 99.)

99. Ordnung der
Artikel zu Stasfurt beigelegt und vortragen
freitags nach Martini anno 1564 durch m. Sebastia-
num Boetium, superintendenten zu Halle, Moritzen
von Arnym, Melchiorn von Wellen, ambtman zu
Calbe und Bartolomeen Uden.
1. Die eingerissene verbitterung und beschwer-
licher misverstand zwuschen dem pfarhern und
rathe ist genzlich ufgehoben, beigelegt und vor-
tragen, und sol desselbigen von keinem teil ferner
in ungutem gedacht werden, wie sich dann itzo
alsbald miteinander versunet.
2. Wann dem pfarhern etwas strafliche fur-
kumpt, sol ers nit alsbalt glauben und uf die
canzel bringen, sondern von erst bericht nehmen
und den rath freuntlich und gutlich darumb an-
reden, alsdan sich auch der rath ires ambts er-
innern und allem straflichem wesen mit geburenden
ernst steuren und wehren sol.
3. Der pfarher mag seinem ambte nach die
sünden in genere und spetie strafen und in deme
niemand schonen, doch das er nit ad individua
gehe, auch ahne vorgehenden process und gebur-
lich erkentnus, welchs der obrickeit zustehet, nie-
mants in bann declarirn noch erkleren.
4. Der pfarher sol auch die kranken, wan er
von inen zum trost erfordert, mit unnotigen be-
schwerlichen fragen vorschonen, wie er dann
dessen, so ime derwegen hat wollen zugemessen
werden, nit gestanden.
5. Die kirchenrechnung sol jarlich uf einem

Visitatoren. 1564.
namhaftigen tak vorm rathe in beisein des hern
pfarhern gehalten und ordentlich darmit umbgangen
werden.
6. Der kirchgang uf den hochzeiten sol nit
des sontags ufen abend, sondern des montags frue
umb zehen uhr gescheeen und alsdan das trauen
und segnen braut und brautgams zugleich gehalten
werden, und ist vor gut angesehen, das die braut-
predig hinfurder nach bleibe ; wil jemants alsdan
neben dem breutgam und der braut opfern, sol
frei stehen, und was also gefelt, sollen der pfarher
und caplan zugleich mit einander teilen.
7. Der soelguter halben, so zur kirchen und
den geistlichen lehnen geboren, sol sich der rath
nochmals erkundigen und dem secretario Bartolo-
meo Uden zuschreiben, wer die itzigen possessores
seint, und ist von den erzbischoflichen commissarien
bedacht, weil solche soelguter vor ein gar geringe
gelt von der kirchen wegen verlassen, das uf jede
pfanne sole nach 5 fl. jarlich zinses mit 100 fl.
haubtsumme abzulosen und also uf ein ganz koth
10 fl. zins solten geschlagen und darjegen die
possessores bei den gutern hinfurder geruiglich
gelassen werden. Der rath hat uf jedes koth
erstlich 100 fl. letzlich an 150 fl. und also uf
7 ½ fl. zins uf 2 pfannen zu legen vorgeschlagen,
hiervon sol unserm gnedigsten hern bericht ge-
scheen und s. f. g. declaration und beschied ge-
beten und erwartet werden.
 
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