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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0481
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100. Instruktion für die Visitation. Vom 8. August 1588.

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und conferendi, das ist einen pfarherrn zu wehlen
hat, umb einen pfarrherrn ersuchen, darauf soll
der patron innerhalb vier oder zum lengsten sechs
wochen einen ernennen, und der gemeine daselbst
vorstellen, das sie ihn hören. Wo dan die gemeine,
mangel an seiner gaben, lehren oder sonst einen
unwillen zu ihme hetten, so soll der lehenherr
oder patron einen andern ihn vorschlagen, bis
die gemeine mit einen solchen vorgeschlagenen
zufrieden, und soll alsdann die vorgeschlagene,
uns oder unsern darzu gevolmächtigten commis-
sarien oder bevehlhabern in solchen sachen vor-
gestellet werden, welche ihnen an die folgende
regul und richtschnur der lehre weisen und daraus
examiniren sollen, und wan nun die person tüchtig
befunden, soll der patron denselben zu confirmiren
schuldig sein, darauf also dan die introduction,
oder einweisung geschehen mag, jedoch das unser
amptmann, oder wer sonst die gerichte hat,
dabei sei.
Die pfarleute sollen den berufenen pfarrherrn
fuhre ausrichten, ihne mit den seinen und seinen
gerethe ab und zu sich holen etc. Kein collator
soll die lehen thuen dem, der zum kirchen ampt
untüchtig, oder sonst des ambt nicht könne ver-
walten, oder uns oder unsern ambtleuten aus er-
heblichen ursachen zuwider sei, dan es heist bene-
ficium propter officium, und da schon jemand ein
pfarlehn im besitz hette und die pfarre nicht
selbst verwaltet, das er davon ohne einig reservat
abstehen müsse.
Die collation soll umbsonst und ohne alle
anforderung geschehen, und obschon eingerissen
weren der missbrauch, das die collatores ihnen
etwas von den einkommen der pfarre vorbehalten
mügen, so soll solches, was bei unsern zeiten ge-
schehen, abgeschafft und die pfarren von den un-
rechten beschwerungen ganz und gar befreiet
werden.
Ein custodem aufn dorfe soll der pfarrherr
und die gemeine mit raths und willen des gerichts-
halters annehmen und beurlauben; wo hierüber
uneinigkeit vorfiele, soll es dan vor uns oder
unsern commissarien und räthen gebracht werden.
In stedten soll der rath, so fern sie das jus
conferendi haben und die pfarherrn von den ihren
besolden, einen pfarren vociren, wofern es nicht
anders hergebracht, doch also das er erstlich von
der kirche öffentlich gehöret werde, und etzliche,
als die kirchväter oder sonst verordente aus der
gemeine, sollen ihre stimmen darzu gegeben haben.
Die diaconi in stedten sollen vom pfarherrn
und rath vocirt werden.
Desgleichen wo mehr den ein pfarherr in
einer stadt weren und das der vocation halber in
stetten nicht zweispalt angerichtet werde, in deme
werden die visitatores nach der örter gelegenheit

ordnung zu machen, fleis thun, doch das wir dessen
berichtet werden, und weil es übel stehet und un-
bequem, das die ordinanden in andern frömbden
stiftern oder fürstenthümern sollen ordiniret werden,
so wollen wir sonderliche ordnung machen, wie
und welchergestalt die ordination alhier im stift
zu richten.
Der 2. articul von der lehre.
Die lehre soll geführt und gehalten werden,
allermassen, wie sie zu anfang der reformation in
diesem unsern stift wohlhergebracht und bis an-
hero bestätiget worden, nemblich das die heilige
göttliche schrift und gottes offenbartes und un-
wandelbares wort, wie es in den propheten und
apostolischen schriften, nemblich in der heiligen
bibel begriffen, getreulich getrieben und zu erklä-
rung der texte im lehren gegen einander gehalten,
und also durch sich selbst bestetigt werde, darauf
auch der grund der ewigen unfehlbaren warheit
wie auch der seligkeit beruhet,
So sollen auch die drei haubt symbola,
apostolicum, Nicaenum und Atanasium als bewehrte
und aus gottes wort bestetigte bekäntnüssen und
glauben wider allerhand ketzereien bestendig ver-
fasset und von anfang der christlichen kirchen in
übung geblieben den leuten bekand gemacht, ein-
gebildet und im öffentlichen gebrauch stets ge-
blieben.
Desgleichen seind wir gemeinet unsere unter-
thanen dieses stifts reformirten religion beider
bekantnüss der einmal beliebten und angenommenen
augspurgischen confession und derselben apologien
vermittels gotlichen hülf zu schützen und zu hand-
haben.
Und die weil unser nehister vorfahre, erz-
bischof Sigismund, hochlöblichster gedechtnüs, in
der jüngst gehaltener visitation eine gewisse und
bisher gebruchliche kirchen agenda und cere-
monien samt dem angehengten lehrbüchlein, ruig-
lich bleiben lassen,
uber das und zu mehrer erklerung und guter
richtigkeit, wollen wir auch den kirchen die
schmalkaldische articul und catechismos Lutheri
bestetiget und bevohlen haben, wie dan solche
lehrschriften auch dem corpore doctrinae, so unser
gnädiger und vielgeliebter herr vater in den braun-
schweigischen kirchen löblich verordnet, einver-
leibet und in demselben begriffen sein, welch
corpus wie anderer vornehmen und erleuchten
theuren theologen schrifte in widerlegung allerlei
schwebenden irrthumb und religionsstreiten die
pfarherrn nach gottes wort nützlich gebrauchen
sollen, können und mögen und sich hiermit treu-
lich und fleissig erzeigen, nach dem spruch Pauli
attende lectioni, exhortationi et doctrinae, das
sie ihrer selen huet und wache und das ampt, so
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