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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0268
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Straßburg

alt, untz31 hiehär also ungetaufft het gelassen, der
sol die selben in Monats frist, von heut anzurech-
nen, tauffen lassen. Dann wölcher Burger, Hinder-
saß oder inwoner diser statt sollichs nit thete und
seine kinder also ungetaufft lassen wurde unnd es
einem Rath fürkompt, iSo will ein Ersamer Rath
gegen den ungehorsamen mit gebürender straffi, als
verweisung des burgrechten oder sunst, je nach ge-
legenheit der sachen, volnfaren32. Des wiß sich me-
niglich zurichten33.
Zum Funfften, Dieweil wir allein durch den warenn
|B 1r| glauben in Christum Jesum verzeihung der
sünde und das ewig leben erlangen unnd dann der-
selb auß dem gehördt Göttlichs worts kompt34, So
lassen unser Herren, Meister unnd Rath, obgemeldt
euch als ire lieben angehörigen und mitburger ge-
trewlich, vätterlich und zum früntlichsten ermanen
und bitten, das ewer jeder für sich selbs die gemei-
nen offenlichen Predigen und besonder an dem hey-
ligen Sontag vleissiglich besuchen, auch sein weib,
kindt und gesindt, die sonst one erkantnuß Gottes
leben und verwilden35, dasselbig zuthun underwei-
sen und anhalten, Auch seine kinder zu den gewon-
lichen kinder berichten36 füren und schicken und an-
heimsch37 zu Christlicher leer und zucht uffziehen,
wöllent inen auch nit gestatten, under der zeit der
Predig also auff der gassen und plätzen zu spielen
und andern mutwillen zutreiben38.
Und dieweil die widerwertigen unnd verfürer ge-
meinlich daruff handlen, wie sie mit unerfindtlichen,

i-i B: So soll und will ein Ersamer Rath verordnen, das sol-
lich kinder getaufft werden, unnd gegen den ungehorsa-
men mit gebürender straff.
j B: oder.
31 Bis.
32 Die Anweisung, die Taufe innerhalb der ersten sechs Wo-
chen nach Geburt der Kinder durchzuführen, und die
Androhung etwaiger Sanktionen bei deren Mißachtung
findet sich bereits in der Kirchenordnung von 1534 im
Abschnitt „Von den h. Sacramenten“ (Nr. 17, S. 237).
Vgl. dazu auch die nach der Disziplinarordnung veröf-
fentlichten Beschlüsse zur Taufe vom 8. bzw. 9. Februar
(Nr. 19b) und vom 10. März 1535 in QGT Elsaß 2,
Nr. 638, 639 und 645, S. 431f. und 437f.
33 Der Abschnitt Zum vierten, wiewol dise erscheint fast

schmälichen nachreden die verkünder Götlichs
worts bey dem gemeinen Mann in verkleinung39
bringen, damit sie die leut von gemeynen Predigen
ab- und zu iren Secten ziehen mögen, Unnd dann je
solich unnfreüntlich unnd unwarhafftig nach- unnd
ubelredenn wider Gott, brüderlich lieb, burgerliche
pflicht unnd hievor außgangne Mandatenn und nit
zu kleiner verachtung Götlichs worts und gemeyner
statt Straßburg dienet, So lassen euch abermals un-
ser herrn ernstlich ermanen unnd wöllen, das alle ire
burger und innwoner diser statt Straßburg sollichs
lestern unnd schelten, es sey heimlich [oder]j offen-
lich, ab- und rüwig standen. Sonder weißt jemants
solichen vhel oder mangel an der Prediger leben oder
leer, der mag sollichs den geordneten Kirspelpfle-
gern oder einem jeden Regierenden Ammeister an-
|B 1v| zeigen, solichs fürter unnsern Herren anzu-
bringenn, damit ein billichs einsehen beschehe.
Dann wölcher solchs nit thäte und darüber solich
Schelt- oder Lästerwort hie oder anderstwa uß-
schlagen40, denn würt ein Rath jederzeit nach gele-
genheit der sachen der gebür nach straffen.
Zum Sechsten, Dweil solichs alles fürnemlich dar-
umb angesehen, das man den sünden und lastern
abstünde und sich inn besserung des lebens begebe,
damit dann die offenbaren laster nit also im
schwanck41 zu ergernus des nechsten giengen, So ha-
ben unser Herren vorgangner jare ein Constitution
des Gotslesterens, schwerens, spielens, zutrinckens,
Eebrechens unnd anderer laster halben mit bewilli-

wörtlich im Mandat für die Straßburger Landgemeinden
(Nr. 21, S.259).
34 Vgl. Röm 10,17.
35 Außer Zucht und Ordnung geraten. Zu verwilden, der bis
Ende des 16. Jh. gebräuchlichen Form für verwildern,
vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2267 und 2269.
36 Zu den Kinderberichten vgl. die Einleitung zu Nr. 8.
37 Daheim.
38 Vgl. hierzu das Mandat zum Besuch der Gottesdienste
durch die Jugend und das Gesinde (in diesem Band
Nr. 15).
39 Geringschätzung, Herabsetzung.
40 Unter die Leute bringen, ausplaudern würde, s. FWb 2,
Sp.1312:
41 Hier wohl: im Handumdrehen.

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