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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0719
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64. Mandat zur Beseitigung von Mißbräuchen beim Gottesdienstbesuch

64. Mandat zur Beseitigung von Mißbräuchen beim Gottesdienstbesucha
19. Juni 1616
1616, 19. Junii. Mandat vom gesang in der kirchen

Unsere herrn räht undt XXI haben erkant, weil daß
gemein gesang undt gebett so wol an den Sonn- undt
feyr- alß wercktagen in krafften dieser statt wolver-
fasten christlichen kirchenordnung1 vor undt nach
den predigten nit ettwan ungefehrlich2 undt nur auß
eiteler bloßer gewonheyt vergebens angestellt undt
gehalten wird, sonder zue Gottes ehr undtb frommer
christen andacht gewidmet ist, daß demnach den-
selben jederman, gleich wie wir, den predigten selbst
abwarten3 undt das unnütze geschwätz und große
gedöß4 , sonderlich aber des ergerlichen auß- undt
ablauffens undt spatzierens in der kirchen (welches
fürnamblich bißher im Münster under den Sontag
abendpredigten5 bey verrichtung des gesangs undt
gebets, auch verlesung des texts gespürt werden) alß
ein ungezweyffelte offentliche verachtung des worts

a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 81, Nr. 18.
b Gestr.: glory.

1 Die Gebete, der Gesang und das Orgelspiel im Gottes-
dienst werden im zweiten Teil der Kirchenordnung von
1598 in den Kapiteln II und III behandelt, Nr. 61,
S. 593- 603.
2 Ohne Absicht, ohne Grund, s. Grimm, DWb 24,
Sp. 661f.
3 Beiwohnen.
4 Getöse, s. Grimm, DWb 4, Sp. 2033.
5 Zu den Abendpredigten im Münster am Sonntag vgl.
Nr. 61, S. 590. Der Gottesdienst war für die Gläubigen

Gotts und hönung6 aller zuhörer, bey straff 20 lb. pf.
für jede person, sich müßigen undt ihn selbsten für
schaden, weiterungen7 undt ungelegenheit sein sol-
len.
Es gebieten auch unsere herren allen rathsbotten,
münster- undt allmosenknechten, thurnhüetern und
dienern8 bey ihren ayden undt pflichten hiemit
ernstlich, auf die uberfahrende9 ein fleißige achtung
zugeben, solche dem jederzeit regierenden h[errn]
ammaister ohnverzuglich anzezeigen, damit dieser
unfug mit schuldigem ernst undt ayfer abgewehret
undt der ungehorsamb gebührlich gestrafft werde.
Decretum Mitwoch, den 19. Junii 1616.

aller sieben Straßburger Kirchengemeinden gemeinsam
bestimmt.
6 Schmähung, s. Lexer 1, Sp. 1333; Grimm, DWb 10,
Sp.1730.
7 Schwierigkeiten, Verwicklungen, s. Grimm, DWb 28,
Sp. 1291f.
8 Zu den verschiedenen städtischen Boten, Knechten und
Wächtern vgl. die Übersicht in Crämer, Verfassung,
S. 54-58. Diese nahmen quasi-polizeiliche Funktionen
wahr und waren aufgrund ihres Eides verpflichtet, Ver-
gehen zur Anzeige zu bringen.
9 Übertreter der Bestimmungen.

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