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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0090
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Grafschaft Hanau-Lichtenberg

Wann sie nun in die Kirchen kommen, sollen sie in
den fördern Stülen stil bleiben stehen, biß die Schul
oder Kirch den Psalmen: Wol dem, der in Gottes
forcht steht etc.179, oder einen andern hat gesungen.
Darnach sollen sie zum Altar vor dem Pfarherr tre-
ten, da alß dann der Pfarherr inen von dem Eheli-
chen stand nachvolgender weiß sol verlesen:
Es seind newe Eheleut herein kommen mit na-
men N. und N. und wöllen in Gottes Namen ihr
Eheliche pflicht vor der Christlichen Kirchen be-
stetigen lassen und den Segen Göttlichs Worts emp-
fahen. Hierauff, daß sie den heiligen Standt nicht
mit unverstand Göttlichs Worts wie die Ungleubi-
gen anfahen, so sollen sie zum ersten auß der heili-
|53| gen Schrifft vernemen, wie der Ehelich stand von
Gott eingesetzt ist180:
Gott, der Herr, sprach: Es ist nicht gut, daß der
Mensch allein sey. Ich wil im ein gehülffen machen,
die umb in sei. Da lies Gott, der Herr, einen tieffen
schlaff fallen auff den Menschen, und er entschlieff.
Und nam seiner Rippen eine und schloß die stet zu
mit Fleisch. Und Gott, der Herr, erschuff ein Weib
auß der Rippen, die er von dem Menschen nam, und
bracht sie zu ime. Da sprach der Mensch: Das ist
doch Bein von meinen Beinen und Fleisch von mei-
nem Fleisch. Man wird sie nach dem Manne heissen,
darumb daß sie vom Man genommen ist. Darumb
wird ein Man sein Vater und Mutter verlassen und
an seinem Weib hangen und werden sein zwey ein
Leib181.
Zum andern sollen sie auch hören das heilig Evan-
gelium, wie sie einander verpflicht und verbunden
sein sollen, Matt. am 19 [3-9]:
Die Phariseer traten zum Herrn Jhesu, versuch-
ten in und sprachen zu ihm: Ists auch recht, daß
sich ein Man scheide von seinem Weib umb irgent
einer ursachen willen? Er antwortet und sprach:
Habt ir nicht gelesen, daß der im anfang den Men-
schen geschaffen hat, der macht, das ein Man und
179 Von Martin Luther, s. Wackernagel 3, Nr. 8, S. 8f.;
AWA 4, Nr. 7, S. 171-174.
180 Zu den folgenden Lesungen vgl. auch das „Traubüch-
lein“, BSLK, S. 532-534.
181 1Mos 2,18.21-24.

Weib sein solt182, und sprach: Darumb wird ein
Mensch Vater und Mütter lassen |54| und an seinem
Weibe hangen und werden die zwei ein Leib183. Was
nun Gott zusammen gefüget hat, das sol der Mensch
nicht scheiden. Da sprachen sie: Warumb hat denn
Moses geboten zugeben einen Scheidbrieff und sich
von ir zuscheiden?184 Er sprach zu inen: Moses hat
euch erleubt zu scheiden von eweren Weibern von
ewers hertzen hertigkeit wegen. Von anbegin aber ist
es nicht also gewesen. Ich sag euch aber: Wer sich
von seinem Weib scheidet, es sey dann umb des Ehe-
bruchs willen, und nimpt ein andere, der bricht die
Ehe. Und wer die abgescheidne nimpt, bricht auch
die Ehe.
Zum dritten so sollen sie auch das Gebot Gottes
hören, wie sie sich gegen einander halten sollen. Also
schreibt S. Paulus:
Ir Menner, liebet ewere Weiber, wie Christus ge-
liebt hat die Gemeine und hat sich selbs für sie ge-
geben, auff das er sie heiliget, und hat sie gereiniget
durch das Wasserbad im Wort, auff das er ihm selbs
darstellet eine Gemeine, die herrlich sei, die nicht
habe einen flecken oder runtzel oder des etwas, son-
dern daß sie heilig sey und unstrefflich. Also sollen
auch die Menner ire Weiber lieben alß ihre eigne
Leibe. Wer sein Weib liebet, der liebet sich selbs.
Dann niemand hat jemals sein eigen Fleisch gehas-
set, sondern neeret es |55| und pfleget sein, gleich wie
auch der Herr sein Gemeine.
Die Weiber seien unterthan iren Mennern alß
dem Herren, dann der Man ist des Weibs haupt,
gleich wie auch Christus das Heupt ist der Gemeine,
und er ist seines leibes Heiland. Aber wie nun die
Gemeine Christo ist unterthan, also auch die Weiber
iren Mennern in allen dingen185.
Zum vierdten sollen sie hören den Segen, damit un-
ser Herrgot den Ehelichen stand gesegnet hat. Dann
also stehet geschrieben:
182 1Mos 1,27.
183 1Mos 2,24.
184 Vgl 5Mos 24,1.
185 Eph 5,25-29.22-24.

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