Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0062
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
A. Die Ordnungen bis zur Teilung der Herzogtümer im Jahr 1544

und gasthuss genutzt werden, bis sie Herzog Adolf von Gottorf in den siebziger Jahren des 16. Jh. für den
Neubau seines Schlosses beanspruchte35. Am 3. Dezember 1528 übersandten die Rechensleute, die Kirch-
geschworenen und die Gemeinde eine neue Gasthausordnung an den König zur Genehmigung36. Nachdem es
in den zurückliegenden Jahren anscheinend immer wieder vorgekommen war, daß Renten und Zinse nicht
mehr an die Marienkirche oder das St. Jürgens-Gasthaus gezahlt wurden, verlangte Friedrich I. in seinem
Schreiben vom 19. September 1530, alle nastendige Rente, tynsse unnd upkumpst [...] to geborlichen, rechten,
gewontlichenn tydenn in de Hände [...] der Karksswaren und der vorstendere der armen im gasthusse zu lie-
fern37. Friedrichs Sohn Christian III. rückte dann aber von den Bestimmungen des Vertrags von 1527 ab,
indem er 1542 auf Anraten von Johannes Bugenhagen festlegte, daß die Erträge aus den sechs noch be-
stehenden Vikarien nach deren Erledigung nicht mehr für die Versorgung der Armen im Gasthaus, sondern
für die Besoldung der Prediger verwendet werden sollten38.
3. Hadersiebener Artikel, [1528] (Text S. 62)
Die unter Nr. 3 und Nr. 4 abgedruckten Texte enthalten Ordnungen, die der spätere Herzog und König
Christian III. für das ihm von seinem Vater Friedrich I. 1525 zum Unterhalt übertragene Amt Hadersleben
mit Törninglehn erlassen hat39. Das Amt erstreckte sich über weite Teile des nördlichen Schleswig von der
Nordsee bis zur Ostsee40. Wie die Bestimmungen der Hadersiebener Artikel (Art. 11 und 18) zeigen, gehörte
es überwiegend zum dänischen Sprachraum. Verwaltet wurde es von Haderslevhus aus, einer im östlichen
Teil der Stadt Hadersleben gelegenen Burg, die erstmals 1326 Erwähnung findet. Die Stadt Hadersleben
selbst bildete das wirtschaftliche Zentrum41 und mit der Marienkirche und dem an ihr beheimateten Kol-
legiatkapitel zugleich auch den geistlichen Mittelpunkt für das nördliche Schleswig42.
Schon bald nach dem Antritt seiner Regierung begann Christian mit der Einführung der Reformation in
dem ihm übertragenen Gebiet. Von ihrem Ablauf her unterscheidet sie sich deutlich von der kirchlichen
Erneuerung in den Städten Flensburg, Husum, Kiel oder Schleswig43. Christian war bestrebt, neben dem
weltlichen Regiment auch die geistliche Herrschaft rasch zu übernehmen und den Einfluß der beiden Bi-
schöfe von Ripen und Odense zurückzudrängen44. Eine seiner ersten Maßnahmen war die Ablösung des
Hadersiebener Dompropstes und Propstes des Barwithsyssels Johann Wulf von seinen kirchenregimentli-
chen Aufgaben45. Anstelle des Propstes nahmen nun für eine Übergangszeit die Vögte der Harden die
Visitation und die Prüfung der Kirchenrechnungen vor. Dies führte nach dem Bericht des späteren Ha-
dersiebener Propstes Jürgen (Georg) Boye zu erheblichen Einbußen bei den Kirchengütern und zu Verlu-
sten von kirchlichen Kleinodien46. Christian behielt sich selbst die Berufung der Pfarrer vor. Am 20. August
1525 erließ er ein erstes Ernennungsschreiben für den Pfarrer von Wonsbek (Vonsbsek) Jens Sorensen47.

35 Vgl. Panten, Reformation, S. 52-54.
36 Möller, Husumer Urkundenbuch, Nr. 275, S. 96-101.
37 Ebd., Nr. 303, S. 111.
38 Ebd., Nr. 384, S. 142-144.
39 Vgl. oben S. 32.
40 Vgl. die Karte in Sonderjyllands Historie 2, nach S. 416
sowie die ausführlichen Beschreibungen in den älteren
Werken von Jensen, Versuch einer kirchlichen Statistik
2, S. 1454-1555; Hanssen, Statistische Forschungen,
Heft 2; Jonge, Kongeriget Danmarks chorographiske
Beskrivelse, S. 827-850.
41 Zusammen mit Flensburg und Schleswig zählte Haders-
leben Anfang des 16. Jh. zu den größten Städten des Her-
zogtums Schleswig.
42 Vgl. Madsen, Junker Christian und Herzog Hans der
Ältere, S. 111; Ramm, Wegbereiter, S. 285. Eine Abb. der

Stadt im 16. Jh. findet sich in Sonderjyllands Historie 2,
Tafel nach S. 336.
43 Die von Christian eingeleitete kirchliche Erneuerung gilt
als Musterbeispiel einer fürstlichen Reformation in Nord-
deutschland, vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2,
S. 39; Ramm, Wegbereiter, S. 285.
44 Vgl. Rathjen, Reformation, S. 186.
45 Vgl. Rordam, Jorgen Boies beretning om Kirkeordnin-
gen, S. 268.
46 Ebd., S. 269 und Sonderjyllands Historie 2, S. 323.
47 Mehrere Ernennungsschreiben Christians finden sich in
Krag, Supplement til Kong Christian den Tredies Hi-
storie, S. 8-11. Zu Sorensen vgl. Arends, Gejstligheden
1, S. 303 und 3, S. 12 (Sorensen war seit 1514 in Wonsbek
als Priester tätig gewesen).

42
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften