Einleitung
Christians Entscheidung, den bischöflichen Anteil am Kornzehnten aufzuheben, führte zu Protesten des
Ripener Archidiakons Matthis Markvardsen bei König Friedrich I. Der König sah sich in diesem Fall zum
Eingreifen genötigt, weil es infolge von Christians Entschluß in zwei Kirchspielen zur Zehntverweigerung
durch die Bauern gekommen war48. Sonst ließ Friedrich I. seinem Sohn in kirchlichen Angelegenheiten aber
weitgehend freie Hand.
Probleme bei der Durchführung der Reformation veranlaßten Christian 1526 zur Berufung zweier aus-
wärtiger Theologen als Berater. Im Februar 1526 kam zunächst Johannes Wenth aus Wittenberg nach
Hadersleben49; ihm folgte im Herbst des gleichen Jahres Eberhard Widensee aus Magdeburg50. Wenth
erhielt das Amt eines Lektors der Theologie am Kollegiatkapitel der Marienkirche. Unter seiner Leitung
wurde die mit dem Kapitel verbundene Schule in eine evangelische Lehranstalt umgewandelt, die sich zur
„Pflanzstätte evangelischer Prediger“51 entwickelte und großen Zulauf erfuhr52. Christian machte Widensee
zum Hofprediger. Darüber hinaus übernahm Widensee das Pfarramt der Marienkirche (Dom) und die
Aufgabe eines Superintendenten für Hadersleben und Törninglehn53.
Ein erstes Ergebnis der Tätigkeit der beiden Theologen war die Einführung eines evangelischen Got-
tesdienstes. Über dessen Form läßt sich wenig sagen, da eine entsprechende Gottesdienstordnung fehlt. Von
der theologischen Herkunft Wenths und Widensees her dürfte er sich aber vermutlich am Vorbild der
Entwürfe Luthers in der „Formula missae“ (1523) und der „Deutschen Messe“ (1526) orientiert haben54.
Um die Verbreitung der Reformation in allen Teilen seines Herrschaftsgebiets sicherzustellen, berief
Christian 1528 alle Pfarrer des Amtes Hadersleben und Törninglehns mit ihren insgesamt 66 Kirchspielen
zu einer Versammlung nach Hadersleben55. Dort wurden die Geistlichen von Wenth und Widensee in der
neuen Lehre unterrichtet und auf die Verkündigung des Wortes Gottes verpflichtet. Im Anschluß an den
Unterricht fand ein Examen statt. Die Teilnehmer legten einen von Widensee verfaßten Eid ab und erhiel-
ten anschließend ihre neue Vokation. Mit dem Eid gelobten sie Christian als Landesherrn Treue, eine
christliche Lebensführung und die Ablehnung der Lehre der Sakramentierer und Täufer56. Mit Ausnahme
von vier Geistlichen aus dem Törninglehn scheinen alle anderen Kirchherren den Eid geleistet zu haben57.
Als eine Art Leitfaden für die Tätigkeit der Geistlichen in ihren Gemeinden waren die „Hadersiebener
Artikel“ gedacht. Als ihr Verfasser gilt landläufig Johannes Wenth58. Überliefert sind die Hadersiebener
Artikel in einer Handschrift des Rigsarkivet Kopenhagen, die den Titel „Artickel vor de kerckheren up den
dorpern“ trägt. Am Rand sind den einzelnen Artikeln lateinische Inhaltsangaben hinzugefügt59.
48 Vgl. Rordam, Om Reformationen i Haderslev Amt,
S. 138; Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 39f.
49 Zu Wenth vgl. die Angaben in Biographisches Lexikon für
Schleswig-Holstein 6, S. 299-301; Ramm, Wegbereiter,
S. 286f.; Holger Frederik Rordam, Mag. Joh. Van-
dal (Wenth eher Slavus), Laesemester ved Praesteskolen i
Haderslev, Superintendent i Ribe, in: Kirke-kalender for
Slesvig Stift 1 (1862), S. 131-180; 2 (1864), S. 121-131.
50 Zu Widensee vgl. das Biogramm in Sehling, EKO
VII,2,2,2, S. 258, Anm. 1 mit der dort angegebenen Lite-
ratur; dazu Biographisches Lexikon für Schleswig-Hol-
stein 5, S. 276f. (s.v. Weidensee).
51 Vgl. Göbell, Einführung, S. 12.
52 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 40f.; Ramm,
Wegbereiter, S. 286f.; Rordam, Om Reformationen i Ha-
derslev Amt, S. 143. Unter den Studenten waren auch
zahlreiche Hörer aus dem Dänischen Reich. Bekannt sind
die beiden aus Malmö stammenden Prediger Claus Mor-
tensen gen. Tondebinder und Hans Olufsen Spandemager.
Art. 16 der Hadersiebener Artikel (Nr. 3, S. 66) sah vor,
daß die jährlich von den Geistlichen zu erhebenden Pro-
kurationen zum Unterhalt dieser theologischen Bildungs-
stätte verwendet werden sollten.
53 Vgl. Arends, Gejstligheden 3, S. 9; Sonderjyllands Hi-
storie 2, S. 325.
54 Vgl. Ramm, Wegbereiter, S. 288.
55 Nach Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 41 hatte
Christian schon im Frühjahr 1526 eine solche Versamm-
lung der Geistlichen in Hadersleben geplant.
56 Der Eid im lateinischen Wortlaut bei Lau, Geschichte,
S. 110, Anm 1. Zum Eid vgl. auch Sonderjyllands Historie
2, S. 331.
57 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 41f.; Ramm,
Wegbereiter, S. 288.
58 Vgl. Michelsen, Kirchenordnung, S. 17; Göbell, Ha-
dersiebener Artikel, S. 12.
59 Eine ausführliche Beschreibung der Handschrift findet
sich in Hübner, Philologische Untersuchung, S. 27ff.
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Christians Entscheidung, den bischöflichen Anteil am Kornzehnten aufzuheben, führte zu Protesten des
Ripener Archidiakons Matthis Markvardsen bei König Friedrich I. Der König sah sich in diesem Fall zum
Eingreifen genötigt, weil es infolge von Christians Entschluß in zwei Kirchspielen zur Zehntverweigerung
durch die Bauern gekommen war48. Sonst ließ Friedrich I. seinem Sohn in kirchlichen Angelegenheiten aber
weitgehend freie Hand.
Probleme bei der Durchführung der Reformation veranlaßten Christian 1526 zur Berufung zweier aus-
wärtiger Theologen als Berater. Im Februar 1526 kam zunächst Johannes Wenth aus Wittenberg nach
Hadersleben49; ihm folgte im Herbst des gleichen Jahres Eberhard Widensee aus Magdeburg50. Wenth
erhielt das Amt eines Lektors der Theologie am Kollegiatkapitel der Marienkirche. Unter seiner Leitung
wurde die mit dem Kapitel verbundene Schule in eine evangelische Lehranstalt umgewandelt, die sich zur
„Pflanzstätte evangelischer Prediger“51 entwickelte und großen Zulauf erfuhr52. Christian machte Widensee
zum Hofprediger. Darüber hinaus übernahm Widensee das Pfarramt der Marienkirche (Dom) und die
Aufgabe eines Superintendenten für Hadersleben und Törninglehn53.
Ein erstes Ergebnis der Tätigkeit der beiden Theologen war die Einführung eines evangelischen Got-
tesdienstes. Über dessen Form läßt sich wenig sagen, da eine entsprechende Gottesdienstordnung fehlt. Von
der theologischen Herkunft Wenths und Widensees her dürfte er sich aber vermutlich am Vorbild der
Entwürfe Luthers in der „Formula missae“ (1523) und der „Deutschen Messe“ (1526) orientiert haben54.
Um die Verbreitung der Reformation in allen Teilen seines Herrschaftsgebiets sicherzustellen, berief
Christian 1528 alle Pfarrer des Amtes Hadersleben und Törninglehns mit ihren insgesamt 66 Kirchspielen
zu einer Versammlung nach Hadersleben55. Dort wurden die Geistlichen von Wenth und Widensee in der
neuen Lehre unterrichtet und auf die Verkündigung des Wortes Gottes verpflichtet. Im Anschluß an den
Unterricht fand ein Examen statt. Die Teilnehmer legten einen von Widensee verfaßten Eid ab und erhiel-
ten anschließend ihre neue Vokation. Mit dem Eid gelobten sie Christian als Landesherrn Treue, eine
christliche Lebensführung und die Ablehnung der Lehre der Sakramentierer und Täufer56. Mit Ausnahme
von vier Geistlichen aus dem Törninglehn scheinen alle anderen Kirchherren den Eid geleistet zu haben57.
Als eine Art Leitfaden für die Tätigkeit der Geistlichen in ihren Gemeinden waren die „Hadersiebener
Artikel“ gedacht. Als ihr Verfasser gilt landläufig Johannes Wenth58. Überliefert sind die Hadersiebener
Artikel in einer Handschrift des Rigsarkivet Kopenhagen, die den Titel „Artickel vor de kerckheren up den
dorpern“ trägt. Am Rand sind den einzelnen Artikeln lateinische Inhaltsangaben hinzugefügt59.
48 Vgl. Rordam, Om Reformationen i Haderslev Amt,
S. 138; Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 39f.
49 Zu Wenth vgl. die Angaben in Biographisches Lexikon für
Schleswig-Holstein 6, S. 299-301; Ramm, Wegbereiter,
S. 286f.; Holger Frederik Rordam, Mag. Joh. Van-
dal (Wenth eher Slavus), Laesemester ved Praesteskolen i
Haderslev, Superintendent i Ribe, in: Kirke-kalender for
Slesvig Stift 1 (1862), S. 131-180; 2 (1864), S. 121-131.
50 Zu Widensee vgl. das Biogramm in Sehling, EKO
VII,2,2,2, S. 258, Anm. 1 mit der dort angegebenen Lite-
ratur; dazu Biographisches Lexikon für Schleswig-Hol-
stein 5, S. 276f. (s.v. Weidensee).
51 Vgl. Göbell, Einführung, S. 12.
52 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 40f.; Ramm,
Wegbereiter, S. 286f.; Rordam, Om Reformationen i Ha-
derslev Amt, S. 143. Unter den Studenten waren auch
zahlreiche Hörer aus dem Dänischen Reich. Bekannt sind
die beiden aus Malmö stammenden Prediger Claus Mor-
tensen gen. Tondebinder und Hans Olufsen Spandemager.
Art. 16 der Hadersiebener Artikel (Nr. 3, S. 66) sah vor,
daß die jährlich von den Geistlichen zu erhebenden Pro-
kurationen zum Unterhalt dieser theologischen Bildungs-
stätte verwendet werden sollten.
53 Vgl. Arends, Gejstligheden 3, S. 9; Sonderjyllands Hi-
storie 2, S. 325.
54 Vgl. Ramm, Wegbereiter, S. 288.
55 Nach Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 41 hatte
Christian schon im Frühjahr 1526 eine solche Versamm-
lung der Geistlichen in Hadersleben geplant.
56 Der Eid im lateinischen Wortlaut bei Lau, Geschichte,
S. 110, Anm 1. Zum Eid vgl. auch Sonderjyllands Historie
2, S. 331.
57 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 41f.; Ramm,
Wegbereiter, S. 288.
58 Vgl. Michelsen, Kirchenordnung, S. 17; Göbell, Ha-
dersiebener Artikel, S. 12.
59 Eine ausführliche Beschreibung der Handschrift findet
sich in Hübner, Philologische Untersuchung, S. 27ff.
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